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Sonstige

Droht eine neue Großpleite am Grauen Kapitalmarkt ?

19.07.2000

Die Verbraucherzentrale Bremen e.V. teilt mit:

Ermittlungen gegen Verantwortliche der "Göttinger Gruppe" / Anleger sollten Ausstiegschancen prüfen


Zahlreiche Anleger haben sich in der Vergangenheit an dubiosen Firmen des Grauen Kapitalmarktes beteiligt und dabei oftmals viel Geld verloren. Weitere Pleiten sind nicht ausgeschlossen. Ins Gerede gekommen ist jüngst vor allem die Göttinger Gruppe, ein Firmengeflecht, dessen Namen vielen aus der Werbung in der Fußballbundesliga bekannt ist: als Sponsor des VfB Stuttgart sowie von Tennis Borussia Berlin, dem mangels ausreichender wirtschaftlicher Sicherheiten inzwischen der Zwangsabstieg aus der 2. Liga droht.


Die Göttinger Gruppe mit ihrer Kerngesellschaft Securenta AG vertreibt seit Jahren als Hauptprodukt langfristig angelegte Beteiligungssparpläne, die unter der Bezeichnung "Pensionsparplan", "PSP" oder "SecuRente" angeboten werden. Versprochen wird eine "private Altersvorsorge nach Maß", zu der insbesondere steuerliche Vorteile des Anlagekonzeptes beitragen sollen. Was nach einer privaten Rentenversicherung und einer sicheren Kapitalanlage klingt, ist in Wirklichkeit jedoch keine. Tatsächlich handelt es sich um ein Produkt des staatlich nicht beaufsichtigten ("Grauen") Kapitalmarktes und zwar um eine soge-nannte atypische stille Beteiligung, bei der es den Managern der Gesellschaft überlassen bleibt, die eingesammelten Gelder nach eigenem Gutdünken zu investieren. Wohin, bleibt dann oftmals und gerade auch im Fall der Göttinger Gruppe im Dunkeln. Auf die Frage, wieviel der eingezahlten Anlegergelder konkret in welcher Form angelegt worden sind, konnte die Gesellschaft nie eine befriedigende Antwort geben.


Verbraucherschützer, seriöse Finanzvermittler und auf Probleme des Grauen Kapitalmarktes spezialisierte Rechtsanwälte haben deshalb schon frühzeitig vor den Produkten der Göttinger Gruppe gewarnt und auf das Risiko eines Totalverlustes der Einlagen hingewiesen. Vor dem Oberlandesgericht Köln ist bereits seit längerem ein Verfahren anhängig, in dem geklärt werden soll, ob es sich bei der Göttinger Gruppe im Kern um ein so genanntes "Schneeballsystem" handelt: ein System, bei dem die versprochenen Gewinne der alten Anleger aus den Einzahlungen der neuen gezahlt werden, und das folglich nur so lange funktionieren kann, wie ausreichend neue Gelder in das Unternehmen fließen. - In jüngster Zeit haben sich die Besorgnisse um die Anlegergelder weiter verstärkt:


  • Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen hat der Gruppe Ende letzten Jahres untersagt, das Guthaben aus abgelaufenen Pensionssparpläne in ratenweiser Form auszuzahlen, weil dies mit nicht erlaubten Bankgeschäften verbunden wäre.


  • Nach einer Anzeige des Aufsichtsamtes ermittelt inzwischen zudem die Staatsanwaltschaft in Braunschweig gegen die Verantwortlichen der Gruppe wegen des Verdachts auf Untreue und Kapitalanlagebetrug.


  • Ein weiteres Alarmzeichen lieferte kürzlich die ARD-Sendung "PlusMinus". Demnach soll eine Untersuchung des Prüfungsverbandes Deutscher Banken ergeben haben, das bis Ende 1998 von 1,8 Mrd. DM Anlegergelder nur etwas mehr als 500 Mio. DM investiert worden seien.


Die Verbraucher-Zentrale Bremen rät vor diesem Hintergrund dringend von dem Abschluss neuer Beteiligungsverträge der Göttinger Gruppe ab. Anleger, die bereits über Verträge verfügen, sollten die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausstieges prüfen. Ansatzpunkt hierfür könnte insbesondere die Verfügung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen sein, durch die der Gruppe die ratierliche Auszahlung von Beteiligungssparplänen untersagt worden ist. Dadurch könnte die gesamte Geschäftsgrundlage vieler Verträge entfallen sein. Daneben kommen aber noch weitere rechtliche Aspekte in Betracht. Die Verbraucher-Zentrale Bremen bietet dazu am Dienstag, dem 25. Juli, um 18:30 Uhr im Altenweg 4, 28195 Bremen, eine Informationsveranstaltung mit Rechtsanwalt Peter Hahn an, einem ausgewiesenen Experten im Bereich Kapitalanlagerecht. Eine vorherige Anmeldung ist unter der Rufnummer 0421-160 77 92 erforderlich.