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Sonstige

Kongress für Palliativmedizin /Schmerzen werden gelindert

16.03.2001

Hoffnung für unheilbar Erkrankte auf ein würdiges Leben mit der Krankheit / Zentralkrankenhaus Links der Weser plant Ausbildungszentrum


Heilung und Linderung, also kurative und palliative Medizin sind die Grundlagen eines Gesamtbetreuungskonzeptes für Erkrankte. Ist Heilung nicht, oder nicht mehr möglich, muss das Hauptaugenmerk auf die Linderung von Leiden gerichtet sein. Das ist Aufgabe der Palliativmedizin. Den 2. regionalen Kongress für Palliativmedizin am 16. und 17. März in der Bremer Glocke richtet wieder die Abteilung für Schmerzdiagnostik, Schmerztherapie und Palliativmedizin des Zentralkrankenhauses Links der Weser aus.


Vor zehn Jahren noch war der Begriff der Palliativmedizin in der Medizinwelt Deutschlands weitgehend unbekannt. Die ausschließliche Symptomlinderung bei unheilbaren Krankheiten war immer untergeordnetes Ziel, da die Hochleistungsmedi-zin ausschließlich auf Heilung ausgerichtet war. Im benachbarten England zum Beispiel gibt es schon lange annähernd 300 Palliativstationen, wird das Fach Palliativmedizin in jedes Medizinstudium einbezogen, gibt es längst Fachärzte für Palliativmedizin. Auch andere europäische Staaten sind in diesem Bereich weitaus fort-schrittlicher als Deutschland.


Inzwischen hat sich das Bild in Deutschland allerdings gewandelt. 1990 waren es nur drei Palliativstationen im Krankenhausbereich, inzwischen sind es über 70. Hinzu kommen palliativmedizinische Konsiliarteams im Krankenhaus sowie angegliederte ambulante Konsiliardienste. Daneben gibt es inzwischen über 200 Hospizestationäre, ambulante und Tageshospize. Im letzten Jahr wurde an der Universität Bonn der erste offizielle Lehrstuhl an Professor Dr. med. Eberhard Klaschik vergeben, der als Motor der Palliativmedizin in Deutschland gilt.


Am Anfang dieser Entwicklung standen ausschließlich tumorerkrankte Menschen im Mittelpunkt der palliativmedizinischen Betrachtungsweise. Der Bremer Kongress will deutlich machen, dass die drei Säulen der Palliativmedizin - medizinische Versor-gung, Pflege und soziale Betreuung - in der gesamten Medizin gelten müssen. "Schon längst sind die lange Zeit als unüberbrückbar geltenden Gegensätze einander so nahe gekommen, dass der kurze Brückenschlag zur Neurologie, Pädiatrie, inneren Medizin und Geriatrie möglich ist", formuliert Dr. med. Hans-Joachim Wil-lenbrink. Deshalb steht der 2. Bremer Kongress unter dem Motto "brücken verbinden".


Der Chef der Abteilung für Schmerzdiagnostik, Schmerztherapie und Palliativmedizin im Zentrum für Anästhesiologie des Zentralkrankenhauses Links der Weser ist Initiator und Organisator des Bremer Kongresses. Es ist der bisher einzige regionale Kongress neben den Kongressen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin auf nationaler Ebene und den internationalen Kongressen der European Association for Palliative Care (EAPC).


In Bremen ist die Palliativmedizin inzwischen auch ein anerkanntes Angebot. 1998 beschloss das Bremer Gesundheitsressort gemeinsam mit den führenden Krankenkassen die Errichtung einer Palliativstation am ZKH LdW und die Etablierung eines stationären Hospizes. Beide Einrichtungen werden noch in diesem Jahr eröffnet, das Hospiz mit zehn Betten am Waller Park und die Station mit acht Betten. Beide Einrichtungen werden medizinisch und pflegerisch eng zusammenarbeiten.


Dr. Willenbrink: "In der künftigen Palliativstation werden Menschen mit einer Tumorerkrankung, neurologischen oder andersartigen Erkrankungen behandelt, bei denen eine Heilung nicht mehr möglich ist, die jedoch in der ihnen verbleibenden Zeit besondere medizinische, psychosoziale und pflegerische Zuwendung benötigen." Das Besondere ist dabei, dass in der Palliativmedizin nicht die Medizin bestimmt, was getan werden muss, sondern der betroffene Patient. Eine weitere Besonderheit ist das Angebot an Hausärzte, bei den Therapierichtlinien mitzuentscheiden. Die Einbeziehung von Hausärzten in Visiten innerhalb der Palliativstation ermöglicht außerdem den niedergelassenen Ärzten, palliativmedizinisches Denken in die ambulante Versorgung zu integrieren und Krankenhauseinweisungen zu minimieren.


Die Einführung neuer Abrechnungssysteme in den Krankenhäusern erschwert die palliativmedizinische Arbeit. Bezahlt wird die Handlung, nicht die Zuwendung als Behandlung. Entlastung soll in diesem Zusammenhang ein vor drei Jahren gegrün-deter Förderverein "Palliativstation" schaffen. Die neue Station wird eng mit Hausärzten, ambulanten Hospizdiensten, Pflegeverbänden und anderen Krankenhäusern zusammenarbeiten. Darüber hinaus wird am Zentralkrankenhaus Links der Weser ein Ausbildungszentrum für Palliativmedizin entstehen, das allen Ärzten und Pflegekräften sowie anderen betroffenen Berufsgruppen offen steht. Solche Ausbildungszentren gibt es in Hannover, Köln, Bonn und München.


    Zahlen und Fakten:


  • 4,5 Millionen Menschen sterben weltweit pro Jahr an den Folgen ihrer Tumorerkrankung

  • 220 000 Menschen sterben allein in Deutschland jährlich an Krebs

  • 300 000 Neuerkrankungen an Krebs werden jährlich in Deutschland registriert

  • 130 000 Menschen können vorübergehend geheilt werden,

  • 170 000 sind nicht mehr therapierbar


  • 1967 wird in England von Cicely Saunders das erste stationäre Hospiz gegründet

  • 1983 wird in Norwegen der erste Lehrstuhl für Palliativmedizin eingerichtet

  • 1983 wird in Köln die erste deutsche Palliativstation eröffnet

  • 1990 wird in Schweden die erste Palliativstation begründet

  • 1994 wird in Norwegen die erste Palliativstation eröffnet

  • 2000 wird in Bonn der erste Lehrstuhl für Palliativmedizin eingerichtet