Sie sind hier:

Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Senator Kastendiek: „Wir müssen das fischverarbeitende Gewerbe stärken“

01.03.2007

Norddeutsche Länder verabschieden 9-Punkte-Programm zur Fischereipolitik

Auf einer Tagung der norddeutschen Bundesländer hat sich Bremens Wirtschafts- und Häfensenator Jörg Kastendiek für die fischverarbeitende Industrie stark gemacht. „Gerade für den Fischereihafen und Bremerhaven insgesamt mit seinen rund 5000 Arbeitsplätzen in der fischverarbeitenden Industrie ist die Branche von hoher Bedeutung“, sagte Senator Kastendiek heute (1.3.2006) auf der Veranstaltung in Berlin. „Wir müssen deshalb die Rahmenbedingungen für das fischverarbeitende Gewerbe dringend stärken. Das heute verabschiedete Programm ist ein Beitrag hierzu.“

In einem 9-Punkte-Programm der Minister von Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein wird von der EU-Kommission unter anderem ein Abbau von weiteren Importzöllen auf Fischprodukte verlangt. Kastendiek erklärte in der Hauptstadt: „Angesichts von bundesweit 10.000 Arbeitsplätzen in der fischverarbeitenden Industrie ist dies dringend erforderlich. Importzölle gegen Rohware aus Drittländern sind nicht sinnvoll, solange unsere eigenen Fischer durch die geringen Fischbestände und die entsprechend niedrigen Fangquoten lediglich 20 Prozent des in Deutschland konsumierten Fisches liefern können. Das sichert die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Verarbeitungs- und Vermarktungsindustrie und gleichzeitig wertvolle Arbeitsplätze in den strukturschwachen Küstenregionen."

Während der gemeinsamen Veranstaltung in der Landesvertretung Hamburgs beim Bund forderten die zuständigen Minister Dr. Till Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern), Dr. Christian von Boetticher (Schleswig-Holstein), Hans-Heinrich Ehlen (Niedersachsen) sowie Senator Jörg Kastendiek (Bremen) und Staatsrat Gunther Bonz (Hamburg) eine Neuausrichtung der Fischereipolitik im Nord- und Ostseeraum. Sie streben bessere Zukunftsaussichten für die Fischer, mehr und sichere Arbeitsplätze im Fischereisektor sowie die dauerhafte Versorgung der Bevölkerung mit dem gesunden Nahrungsmittel Fisch an.

Um diese Ziele zu erreichen, fordern die fünf Bundesländer unter anderem eine nachhaltige Nutzung der Fischbestände, effektivere Fischereikontrollen, eine intensivierte Fischereiforschung, die Stärkung der Aquakultur, weniger und transparentere Regelungen auf Ebene der EU sowie die Berücksichtigung des Klimawandels auch in der Fischereipolitik. Kritik äußern sie insbesondere an der EU-Fischereipolitik: So seien inzwischen viele Bestände überfischt und in kritischem Zustand, die Durchsetzung der Kontrollen sei mangelhaft, während die Zahl der Vorschriften ständig umfangreicher werde.

Schleswig-Holsteins Minister Dr. Christian von Boetticher unterstrich, dass die norddeutschen Bundesländer sich als Einheit artikulieren müssten, um ihre gemeinsamen Zielsetzungen zu erreichen. Die Küstenländer wollten als kritische Partner der Bundesregierung zu einer Weiterentwicklung der Fischereipolitik auf europäischer Ebene beitragen. Der Minister unterstrich dabei die Bedeutung einer langfristigen Strategie, um die Fischerei dauerhaft zu sichern. Von Boetticher sagte: „Eine Politik kann nur dann als verantwortungsbewusst gelten, wenn sie sich dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt. Für mich ist ganz klar, dass folgende Zustände, die wir heute beobachten, nicht nachhaltig sein können: Überfischung, Existenznot von Fischern und Arbeitsplatzverluste in der Fischverarbeitung. Verantwortungsbewusste Fischereipolitik hält die ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte der Fischerei gleichermaßen im Blick.“ Der Minister forderte in diesem Sinne ein optimiertes Fischereimanagement für die Nord- und Ostsee. Fischerei und Fischwirtschaft seien von einem intakten Meeresökosystem abhängig. Und umgekehrt sei dieses Ökosystem kein Selbstzweck, sondern es lade quasi zur Nutzung ein.

Christian von Boetticher ging außerdem auf den Klimawandel ein, der auch auf die Fischerei „zukünftig immer stärkeren Einfluss haben wird, zum Beispiel auf die Artenzusammensetzung und Verteilung in den Gewässern. Neue Arten wandern in Nord- und Ostsee ein, andere Arten gehen zurück. Auf diesen Wandel muss sich die Fischerei aber auch das Bestandsmanagement einstellen. Dafür werden dringend verlässliche Informationen benötigt. Die norddeutschen Länder halten daher eine verstärkte Forschung in diesem Bereich für notwendig und fordern die EU auf, den Klimawandel entsprechend zu berücksichtigen“, so der Kieler Minister.

Für Mecklenburg-Vorpommern unterstrich Minister Dr. Till Backhaus: „Zum Erhalt einer wettbewerbsfähigen Fischereiflotte ist eine regelmäßige Erneuerung unerlässlich. Nur dadurch können die enormen Potentiale des technologischen Fortschritts auch im Hinblick auf die Energieeffizienz, den Umweltschutz und die Arbeitssicherheit genutzt werden. Aus eigener Kraft sind viele Fischer und vor allem Existenzgründer angesichts der hohen Investitionskosten dazu jedoch nicht in der Lage." Weiter sagte Backhaus: „Die Norddeutschen Länder sind der Auffassung, dass gezielter Besatz mit in Aquakultur erzeugten Fischen eine wichtige Maßnahme im künftigen Bestandsmanagement sein kann.“ In diesem Zusammenhang wies der Minister auf ein interessantes Projekt in Mecklenburg-Vorpommern hin. Da die bisher getroffenen Maßnahmen der Europäischen Union zu keiner Verbesserung der Dorschbestände der Ostsee geführt haben, wurde dort ein Projekt zur Entwicklung einer aquakulturgestützten Dorschfischerei erarbeitet. „Dieses Projekt wurde bereits anlässlich des letzten Deutschen Fischereitages in Schwerin in seinen Grundzügen der Öffentlichkeit vorgestellt. Es soll die Anstrengungen der Europäischen Union unterstützen, die Dorschbestände in der westlichen Ostsee durch gezielten Besatz mit künstlich aufgezogenen Jungfischen wieder in einen besseren Zustand zu bringen. Ziel ist, die Entwicklung einer aquakulturgestützten Dorschfischerei, die den Anforderungen nach Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit, Erhaltung der Artenvielfalt, Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit in besonderem Maße gerecht wird“, so Till Backhaus. Dadurch soll die wirtschaftliche Situation der kleinen Küstenfischerei nachhaltig verbessert werden. Das Projekt ist in seinen Grundzügen weitgehend vorbereitet. Vorgesehen sind auch eine Reihe wissenschaftlicher Begleitprogramme.

Alle fünf norddeutschen Länder betonen in ihrem Positionspapier die Bedeutung der Fischerei als Teil der Identität im Norden und ihre Bedeutung für die regionale Wirtschaft und den Tourismus. Sie erklärten, ihre fischereipolitischen Aktivitäten in Zukunft stärker im Sinne der genannten Zielsetzungen ausrichten und untereinander koordinieren zu wollen.

Das Positionspapier im Download