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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Neues Verfahren zur Sicherung von verschluckten Beweismitteln bei Drogendealern tritt in Kraft

16.03.2005

Ab sofort müssen Drogendealer, die sich der Strafverfolgung dadurch zu entziehen versuchen, dass sie die im Mund versteckten pillengroßen Päckchen hinunterschlucken, mit einer Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt rechnen. Dort sollen sie so lange festgehalten werden, bis sie die Beweismittel auf natürlichem Wege ausgeschieden haben.


Nachdem der Senat Anfang des Jahres die zwangsweise Verabreichung eines Brechmittels bis auf weiteres gestoppt hatte, wurde in einer Arbeitsgruppe unter Federführung von Justiz und Inneres das künftige Verfahren entwickelt. An den Beratungen waren Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwaltschaft, Polizei, Justizvollzugsanstalt, Gesundheitsressort und der Bereitschaftsdienst für Ärztliche Beweissicherung Bremen beteiligt. Die Einzelheiten sind in einem von Justizstaatsrat Ulrich Mäurer und Innenstaatsrat Thomas vom Bruch am 1. März 2005 unterzeichneten gemeinsamen Erlass geregelt.

Danach sieht das künftige Verfahren wie folgt aus: Nach Belehrung durch die Polizei und erfolgter medizinischer Untersuchung wird dem Tatverdächtigen im Polizeigewahrsam das Brechmittel Ipecacuanha zur freiwilligen Einnahme unter ärztlicher Aufsicht angeboten. Die Beschleunigung der Exkorporation mit Hilfe eines freiwillig eingenommenen Abführmittels findet statt, wenn anzunehmen ist, dass sich die Gegenstände bereits im Darm befinden, was etwa zwei Stunden nach dem Verschlucken der Fall ist.


Lehnt der Tatverdächtige die freiwillige Einnahme des Brechmittels-Sirup Ipecacuanha bzw. des Abführmittels ab, führt die Staatsanwaltschaft eine richterliche Entscheidung über die Inhaftierung des Tatverdächtigen bis zum Ausscheiden der Beweismittel herbei. Als Rechtsgrundlage kommt entweder die Anordnung des Festhaltens zum Zwecke einer körperlichen Untersuchung (§ 81a der Strafprozessordnung) oder ein Haftbefehl wegen Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 der Strafprozessordnung) in Betracht.


Der Tatverdächtige wird in einer eigens für diese Zwecke hergerichteten Zelle in der Abteilung für erkrankte Gefangene der JVA Bremen festgehalten. Dort wurde eine spezielle Toilette ohne Wasserspülung installiert, damit die Tatverdächtigen keinen Zugriff auf die ausgeschiedenen Beweismittel nehmen können. Die ausgeschiedenen Drogen werden beim Landeskriminalamt untersucht.


Während des gesamten Aufenthalts in der Justizvollzugsanstalt wird der Tatverdächtige durch einen Rettungsassistenten medizinisch überwacht. Das ist erforderlich, weil sich die verschluckten Drogenpäckchen im Darm auflösen könnten – mit möglicherweise fatalen Folgen. Im Extremfall könnte innerhalb weniger Minuten der Tod eintreten, wenn die angezeigten Rettungsmaßnahmen nicht unverzüglich ergriffen würden. Selbstverständlich wird der Tatverdächtige über dieses Risiko ausführlich belehrt. Ihm wird angeboten, seine Vitalfunktionen zusätzlich durch medizinisches Gerät überwachen zu lassen.


Übereinstimmend zufrieden äußerten sich die zuständigen Staatsräte Mäurer und vom Bruch über das erzielte Ergebnis. Das Ziel, auch ohne zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln Beweismittel durch Exkorporation sicherzustellen, werde so erreicht. Nun gelte es, Erfahrungen zu sammeln und dem Senat in etwa einem halben Jahr darüber zu berichten.