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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Justizsenator legt neues Konzept für den Jugendvollzug vor


06.06.2002

Justizstaatsrat Ulrich Mäurer wird dem Rechtsausschuss heute (6.6.2002) das neue Konzept für den Jugendvollzug in Bremen vorstellen. Das Konzept steht unter dem Motto: „Fordern und Fördern“.


Jugendvollzug ist „echter“ Strafvollzug, der erzieherisch auszugestalten ist. Die Erziehung im Jugendstrafvollzug setzt dort an, wo die Jugendlichen bisher versagt haben. Faktoren und Bedingungen, die zu sozial abweichendem Verhalten und schließlich zur Straffälligkeit geführt haben, sollen mit dem Gefangenen erkannt, bearbeitet und kontrolliert werden. Die Unterbringung erfolgt in überschaubaren Wohneinheiten mit zugeordnetem Personal. Die Grundlagen der Erziehung zu einem künftig geordneten, rechtschaffenen und verantwortungsbewussten Leben sind


· Auseinandersetzung mit der Tat und Opferausgleich

· Bildung und Arbeit

· Soziales Training

· Sauberkeit und Ordnung

· Sport und strukturierte Freizeitgestaltung

· gründliche Entlassungsvorbereitung.


Die erzieherischen Maßnahmen sind an den Verhältnissen in der Freiheit orientiert. Sie verlangen Einsicht und Mitarbeit auf Seiten der Gefangenen. Das Anhalten zur Ordnung und ein fest strukturierter Tagesablauf sollen dem jungen Gefangenen den Wert einer geregelten Lebensführung vermitteln. Die soziale Kompetenz der Gefangenen soll gestärkt werden. Auf die Aus- und Fortbildung der jungen Gefangenen und die Hinführung zu geregelter Arbeit wird besonderer Wert gelegt.


Hierfür hält der Jugendvollzug in Bremen eine breite Angebotspalette vor:


So werden zwei Hauptschulklassen pro Jahr mit jeweils 12 Teilnehmerplätzen angeboten sowie eine Elementarklasse für 8 Teilnehmer als Vorbereitungskurs für die Aufnahme in die Hauptschulklasse.


In den Bereichen Maler/Lackierer, Maurer/Hochbaufacharbeiter, Landschaftsgärtner und Konstruktionsmechaniker/Ausrüstungstechnik können die jugendlichen Gefangenen eine klassische Lehre machen. Der begleitende Berufsschulunterricht erfolgt ebenfalls durch die Pädagogen des Jugendvollzuges.


Den Ausbildungsmöglichkeiten im Jugendvollzug sind jedoch enge Grenzen gesetzt, da längere Ausbildungsgänge häufig aufgrund der relativ kurzen Verweildauer der jungen Gefangenen im Vollzug ausgeschlossen sind. Dazu kommen die vielfach erschreckenden bildungsmäßigen Defizite der Gefangenen.

Der Jugendvollzug bietet deshalb ergänzend eine Reihe von anerkannten Grundlehrgängen an, z.B. in den Bereichen Pneumatik, Metall, Drehen/Fräsen, Maschinelle Metallbearbeitung, einfache Schweißarbeiten u.a.


Vielen der jungen Gefangenen fehlt es an für eine Ausbildung notwendigen Fertigkeiten und Begabungen, aber auch an der erforderlichen Lern- und Anstrengungsbereitschaft. Die diesen jungen Gefangenen zugewiesene Beschäftigung ist deshalb im Rahmen der Möglichkeiten arbeitspädagogisch ausgestaltet. Dabei greift der Vollzug auf das Projekt „Chance“ zurück. Dieses Projekt ist gemeinsam mit dem Senator für Arbeit und Soziales, den Arbeitsämtern und Freien Trägern der Straffälligenhilfe initiiert worden. Die Mittel werden aus dem europäischen Sozialfond und Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit bereitgestellt. Das Projekt läuft zunächst bis Ende 2004 und wird wissenschaftlich begleitet. Zu den Angeboten im Rahmen dieses Projektes gehören zum Beispiel das Arbeitsförderungstraining, berufsvorbereitende Maßnahmen, Ergotherapie, soziales Training und die Bildhauerwerkstatt.


Großer Wert wird auch auf die Ergänzung der Bildungsangebote durch computergestütztes und vernetztes Lernen gelegt. In dem vernetzten Lernsystem werden verschiedene Lernmodule und Datenbanken zur Wissensvermittlung eingesetzt. Die Schulung kann unmittelbar am betrieblichen Arbeits- und/oder Ausbildungsplatz stattfinden. Das Lernen mit dem Computer wird von den Gefangenen sehr gut angenommen.


Auch Lockerungen des Vollzuges sind wichtige Behandlungsmaßnahmen im Vollzug. Durch Ausgang und Urlaub sollen insbesondere die sozialen Kontakte der Gefangenen gefördert und die Entlassung vorbereitet werden. Tragfähige Bindungen des jungen Gefangenen insbesondere zu seiner Familie, sollen erhalten oder wiederhergestellt werden.


Aber die Gewährung von Lockerungen des Vollzugs und von Urlaub ist an Bedingungen geknüpft: Die Gefahr der Flucht, der Begehung neuer Straftaten oder eines sonstigen Missbrauchs muss mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Außerdem sollen nur solche Gefangene in den Genuss dieser Maßnahmen kommen, die durch ihr Verhalten im Vollzug die Bereitschaft gezeigt haben, an der Erreichung des Vollzugszieles mitzuwirken.