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Der Senator für Inneres und Sport

Die Bremen Marketing GmbH teilt mit:
Reichskanzler ab 31. März im blauen Gewand

29.03.2000

Kunstaktion am einzigen Bismarck-Reiterstandbild in Deutschland

Seit Montag ist das monumentale Bismarck-Denkmal in Bremen verhüllt. Hinter der Verhüllung tut sich sonderbares, denn das Denkmal aus dem Jahre 1910 wird weder restauriert noch poliert. Der Bismarck und sein Ross erhalten ein neues kunstvoll gestaltetes Gewand. Eigenhändig wird der Bremer Bismarck derzeit von der Textilkünstlerin Wiebke Schmidt hinter zugezogenen Vorhängen neu eingekleidet.

"Mit der Kunst-Aktion", so Dr. Klaus Sondergeld von der Bremen Marketing GmbH, "wollen wir die Besonderheit dieses Reiterstandbildes wieder ins Bewusstsein rücken. Tag für Tag geht man am Denkmal vorbei und guckt leicht `überhin`. Wenn der Bismarck nun ausgerechnet ein blaues Gewand erhält, dann ist das die bremisch unkonventionelle Art, gleichzeitig augenzwinkernd auf eine großartige Ausstellung in Bremen hinzuweisen." Anlässlich der großen Ausstellung Der Blaue Reiter mit Werken von Kandinsky, Marc und Macke, die bis zum 12. Juni in der Kunsthalle Bremen zu sehen ist, haben Geschäftsleute und Stadtväter Vorschläge entwickelt, in der Stadt spielerisch mit dem Kunstthema umzugehen und so auf das Ereignis aufmerksam zu machen, aber auch kleine und große Events zu schaffen. Der Bismarck im neuen Gewand ist dabei nur eine von vielen Aktionen, die in den nächsten Wochen die Bremer Innenstadt beleben werden.

Nach anfänglichem Zögern akzeptierte auch der sonst so gestrenge Landesdenkmalpfleger die Kunst-Aktion, denn das Bremer Bismarck-Denkmal ist ein ganz besonderes. "Doch kaum ein Bremer weiß dies," so Sondergeld. "Unter den Hunderten von Denkmälern, die zu Ehren des großen Kanzlers um die Jahrhundertwende in Deutschland aufgestellt wurden, ist es das Einzige, das den Kanzler hoch zu Ross zeigt." Dieser Denkmaltypus war damals eigentlich nur Fürsten oder allenfalls adeligen Feldherren vorbehalten und war für Bismarck bis dato noch nie gewählt worden. Die beste Gelegenheit also, das bürgerliche Selbstverständnis der Bremer gegen die monarchische Tradition zu setzen. "Um so besser! Wir sind ja nicht in Preußen", soll Bürgermeister Gustav Pauli den Vorschlag des Künstlers Adolf von Hildebrand kommentiert haben. "Und so reichstreu Bremen auch weiß Gott sich rühmen mag, so republikanisch, frei und hansestädtisch darf es sich gleichfalls fühlen, dass es sich über den Horizont eines preußischen Hofmarschalls und Zeremonienmeisters emporschwingen kann, wenn es sich darum handelt, dem größten deutschen Manne, den wir gesehen haben, die höchste Ehre zu erzeigen, die zu erzeigen in unserer Macht liegt." äußerte sich selbst Athur Fitger zustimmend. Und so ließen die Stadtväter dem Künstler völlig freie Hand.

1910 wurde das Denkmal feierlich enthüllt. 1942 wurde es wegen seiner hohen künstlerischen Qualität und ideologischen Bedeutung zum Schutz vor Kriegsschäden in die Nordseite des Domes eingemauert. Bürgermeister Kaisen setzte sich schließlich 1952 gegen den Willen seiner eigenen Leute in der SPD, die in der Bürgerschaft heftig protestierten und Bismarck als Antidemokraten und Verkünder der Sozialistengesetze bezeichneten, durch und ließ den Bremer Bismarck hoch zu Ross wieder an seinen alten Standort setzen.