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Der Senator für Finanzen

"Den Kurs halten – das Erreichte nicht zerreden – unsere Kraft auf die dynamische Fortentwicklung unseres Landes konzentrieren"

22.03.2000

Rede von Bürgermeister und Finanzsenator Hartmut Perschau zur Einbringung
der Haushaltsgesetze und Haushaltspläne für 2000 und 2001

Vor der Bremischen Bürgerschaft – Landtag – führte der Senator für Finanzen, Bürgermeister Hartmut Perschau, heute (22.3.2000) unter anderem aus:

"Für die Regierungspartner der Großen Koalition hat die Fortführung der erfolgreich begonnenen Sanierung der Freien Hansestadt Bremen nach wie vor oberste Priorität. Das Wahlergebnis vom Juni vergangenen Jahres ist der eindeutige Auftrag der Wählerinnen und Wähler an SPD und CDU, die Politik der Sanierung in gemeinsamer Regierungsverantwortung unbeirrt fortzusetzen. Nur so können wir die in Jahrhunderten gewachsene Selbständigkeit unseres Landes erhalten und zukunftsfähig machen.

Wir befinden uns derzeit in einer Phase, in der wir beweisen müssen, dass es uns Ernst ist mit der Verantwortung für unser Bundesland. Deshalb wird die Große Koalition den Kurs des Sparens und Investierens konsequent fortsetzen.

Vor diesem Hintergrund legt Ihnen der Senat heute den Entwurf des Doppelhaushalts 2000/2001 zur Beratung vor. Dieser erste Haushaltsentwurf der neuen Legislaturperiode steht ganz im Zeichen der zweiten Sanierungsphase, in die unser Bundesland im vergangenen Jahr eingetreten ist.

Dem Doppelhaushalt 2000/2001 kommt eine zentrale Bedeutung zu: wir stellen damit die Weichen für die Zeit bis zum Ende des Jahres 2004. Wir müssen unser Bundesland aus der extremen Haushaltsnotlage führen und damit aus dem strukturellen Defizit.

Die Bedingungen, die wir vorfinden, sind schwierig. Denn die Zukunft ist, vor allem was unsere Einnahmesituation angeht, schwer zu prognostizieren. Dies hängt nicht so sehr mit unserer eigenen Leistung zusammen als vielmehr mit dem finanz- und steuerpolitischen Reformbedarf in unserem föderalen Bundesstaat.

Da ist einerseits die Notwendigkeit, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich fristgemäß umzusetzen. Aufgrund der engen Terminvorgabe wird an dem sogenannten Maßstäbegesetz, dem dann ein neues Finanzausgleichsgesetz folgen wird, auf Bundes- und Länderebene bereits mit Hochdruck gearbeitet. Dabei sind mit der Überprüfung der Einwohnerwertung, der Hafenlasten und der Kosten der politischen Führung vitale Interessen Bremens berührt, denn ohne Einwohnerwertung beispielsweise wäre unserem Stadtstaat die finanzielle Grundlage entzogen. Wir werden deshalb diesen Angriff auf die Selbständigkeit der Freien Hansestadt Bremen mit allem Nachdruck abwehren müssen.

Die zweite unaufschiebbare Aufgabe ist die Steuerreform. Die Bundesrepublik Deutschland kann sich im Zuge des immer schärfer werdenden internationalen Wettbewerbs einer umfassenden Reform der Einkommenbesteuerung nicht länger entziehen. Die rot-grüne Bundesregierung hat inzwischen einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der derzeit in Bundestag und Bundesrat beraten wird. Die Gegenvorschläge der Union liegen auf dem Tisch. Beide Konzepte haben eines gemeinsam: sie sind zunächst mit erheblichen Steuerausfällen für Bund, Länder und Gemeinden verbunden, d.h. der Konsolidierungsdruck auf die bremischen Haushalte wird sich zwangsläufig erhöhen.

Wir müssen bis zum Auslaufen der Sanierungszahlungen Ende 2004 in der Lage sein, aus eigener Kraft einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen. Und das bei jährlich sinkenden Sanierungsbeiträgen des Bundes.

Um den Anspruch der Verfassungsmäßigkeit zu erfüllen, müssen wir bei den laufenden konsumtiven Ausgaben ein Defizit von knapp 800 Millionen Mark - das sogenannte strukturelle Defizit - abbauen. Anders ausgedrückt: ab dem Jahr 2005 dürfen Kredite nur noch für Investitionen aufgenommen werden. Spätestens dann müssen wir die konsumtiven Ausgaben aus laufenden Einnahmen decken. Diese Verschuldungsgrenze ist in Bremen in § 18 der Landeshaushaltsordnung geregelt. Sie entspricht dem Artikel 115 Grundgesetz und damit der für alle öffentlichen Haushalte verbindlichen Begrenzung der Schuldenaufnahme.

Was bedeuten diese sehr technischen Umschreibungen nun im Klartext? Dahinter verbirgt sich die folgende schlichte Botschaft: Wir leben in Bremen nach wie vor in Höhe von etwa 800 Millionen Mark über unsere Verhältnisse. Der Staat finanziert in dieser Größenordnung mehr Leistungen als er an eigenen Einnahmen zu verzeichnen hat. Ein solcher Zustand fortgeschrieben mündet in eine Schuldenspirale und geht damit zwangsläufig zu Lasten zukünftiger Generationen.

Wenn wir nicht hart sparen, verschieben wir das Problem auf unsere Kinder, was unverantwortlich wäre. Dennoch, das Sparen ist die schmerzhafte Seite der Sanierung und mutet den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes Veränderungen zu. Das Zukunftsweisende und damit das Herz der Sanierungsstrategie ist jedoch die Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkraft unseres Landes durch infrastrukturverbessernde Maßnahmen. Wir müssen ab dem Jahr 2005 die wirtschaftlichen Grundlagen unseres Stadtstaates derart ausgebaut und gesichert haben, dass wir aus eigener Kraft unsere Aufgaben erfüllen können.

Das Investitionssonderprogramm wurde genau zu diesem Zweck aufgelegt. Wir verbessern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, bauen die öffentliche Infrastruktur aus, damit private Unternehmen in unserem Zwei-Städte-Staat investieren und die Menschen von außerhalb in unsere Städte kommen und hier übernachten, einkaufen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen. Nur mit dieser klaren Wachstumsstrategie, die zu einem überdurchschnittlichen Wachstum führt und – bei entsprechender Flächenbereitstellung - mehr Arbeitsplätze und Einwohner bedeutet, können entsprechende Einnahmezuwächse realisiert werden, die wir für die dauerhafte Sicherung der finanziellen Grundlagen unseres Landes brauchen. Vom Kaputtsparen kann deshalb keine Rede sein. Vielmehr investieren wir in die Zukunft unseres Landes. Das braucht einen langen Atem. Die positiven Effekte stellen sich nicht über Nacht ein.

Für die Freie Hansestadt bedeutet die Überwindung ihrer Haushaltsnotlage einen ungeheuren Kraftakt. In dieser Ausnahmesituation haben sich die Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft zu einer außergewöhnlichen Vorgehensweise entschlossen. Für die Zeit der zweiten Sanierungsphase haben sie in einem Sanierungssicherstellungsgesetz Maßgaben für die Haushaltsaufstellung gesetzlich fixiert, um zu gewährleisten, dass das Ziel des verfassungskonformen Haushaltes bis zum Jahr 2005 erreicht wird. In der Präambel heißt es, dass "der Senat und die Bremische Bürgerschaft die Haushalte 2000 bis 2004 unter dem vorrangigen Gebot der Rückführung des Defizits der laufenden Rechnung gestalten."

Wir brauchen den breiten Konsens in der Politik genauso wie wir die breite Unterstützung in der Bevölkerung benötigen. Sonst ist die Kraftanstrengung der Überwindung unserer extremen Haushaltsnotlage und Verschuldung nicht zu schaffen.

In diesem – ich nenne es jetzt einmal – "Maßstäbegesetz für die Sanierung" sind 12 Grundsätze formuliert, die dem Sanierungsziel Rechnung tragen. Dazu gehört die Einführung eines Produktgruppenhaushalts, den wir Ihnen mit dem Doppelhaushalt 2000/2001 erstmals vorlegen. Von zentraler Bedeutung ist auch der Grundsatz, neue Aufgaben nur dann zu finanzieren, wenn sie durch Einsparungen oder Mehreinnahmen an anderer Stelle gedeckt werden können. Dabei handelt es sich vielleicht um eine schlichte, aber in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzende Vorgabe. Es ist der einzige Weg, eine Haushaltsausweitung zu verhindern, ohne uns neu zu verschulden.

Der Ihnen vorliegende Haushaltsentwurf des Senats ist entsprechend den im Sanierungssicherstellungsgesetz formulierten Maßgaben aufgestellt. Zunächst einmal zu den grundlegenden Zahlen: Der Entwurf sieht für das Jahr 2000 eine Reduzierung der Ausgaben gegenüber dem Vorjahr von 0,1 Prozent und für das Jahr 2001 sogar ein Minus von 0,9 Prozent vor, das heißt, das Haushaltsvolumen wird sich von knapp 7,7 Milliarden Mark auf 7,6 Milliarden Mark verringern.

Hinter den Zahlen verbirgt sich ein enormer Kurswechsel. Wir vollziehen auch in den Jahren 2000 und 2001 die Umstrukturierung der Ausgabenseite weg von den konsumtiven hin zu den investiven Ausgaben. Während die konsumtiven Ausgaben in den beiden kommenden Jahren jeweils um rund 2 Prozent reduziert werden, stocken wir das Investitionssonderprogramm erheblich auf. Unsere Investitionsquote verbessert sich damit um rund 2 Punkte auf knapp 16 Prozent. Damit liegen wir mittlerweile über dem Durchschnitt der alten Flächenländer.

Wir müssen die Investitionen weiter so hoch fahren, weil wir in der Vergangenheit zu wenig investiert haben und weil wir den Strukturwandel weiter vorantreiben müssen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, insbesondere im Dienstleistungs- und Kommunikationsbereich. Dabei sind wir auf einem guten Weg:
So zum Beispiel in der Flächenpolitik. Wir können mittlerweile ein überregional konkurrenzfähiges Angebot an Gewerbeflächen vorweisen. Ich nenne nur den Gewerbepark Hansalinie, den Bremer Industriepark, das Logistikzentrum Niedervieland/GVZ, den Büropark Oberneuland und die Airport-City. Wir stellen demnächst attraktive Flächen für den Wohnungsbau, wie in der Osterholzer Feldmark und Borgfeld-West, zur Verfügung, damit es zum Beispiel gerade wieder für junge Familien attraktiv ist in Bremen statt im Umland zu wohnen. Das Ziel ist mehr Arbeitsplätze und Einwohner in den Grenzen Bremens zu erreichen.

Wir investieren kräftig in unsere Verkehrsinfrastruktur, denn wirtschaftliche Entwicklung zieht Verkehre nach sich, beziehungsweise Verkehrsinfrastruktur ist eine Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung:
Wir bauen den Flughafen Bremen zu einem hochleistungsfähigen Dienstleistungs- und Logistikzentrum für den norddeutschen Raum aus. Wir stärken den Öffentlichen Personennahverkehr und den Straßenbau zugleich.

Wir bauen den Hafen aus. Durch die Fusion von BLG und Eurokai ist in Bremerhaven das größte deutsche Hafenunternehmen entstanden. Der Containerumschlag in Bremerhaven ist auf einem massiven Wachstumskurs. Deshalb ist die Erweiterung der Containerumschlagskapazitäten dringend geboten. Wir arbeiten mit Hochdruck am CT IIIa. CT IV soll bis zum Frühjahr 2001 ins Planfeststellungsverfahren gegeben werden. Die Hafen- und Logistikwirtschaft sowie der Außenhandel sind die Wachstumsmotoren der bremischen Wirtschaft. Mit dem massiven Ausbau der Hafeninfrastruktur kommt das Land insbesondere seiner Verpflichtung nach, die Seestadt Bremerhaven in ihren strukturpolitischen Anstrengungen zu unterstützen.

Wir stärken Bremens überregionale Metropolfunktion, indem wir in die Innenstadt investieren und damit den Einzelhandel stärken. Wir fördern die touristischen Attraktivitäten der Stadt, um mehr Besucher anzulocken.

Mit der Kombination aus Congress-Zentrum, Messehalle und Stadthalle haben wir eine leistungsfähige Veranstaltungsinfrastruktur geschaffen, die verkehrstechnisch durch ihre Nähe zum Hauptbahnhof bundesweit konkurrenzlos ist.

Und die Zahlen geben uns Recht. Im vergangenen Jahr haben wir bei den Übernachtungen die Millionengrenze überschritten. Im Vergleich der deutschen Großstädte hinken wir damit zwar immer noch hinterher. Das heißt jedoch nur, dass wir unsere Anstrengungen intensivieren müssen. Es ist die richtige Richtung, in die wir marschieren. Indem wir die Aufenthaltsqualität unserer beiden Städte verbessern, ziehen wir Kaufkraft in unser Land, schaffen damit Arbeitsplätze und erhöhen unsere Steuereinnahmen. Dies gilt auch gleichermaßen für Bremerhaven, wo der Ausbau der Innenstadt, der Umbau des Theaters, die Modernisierung des Zoo am Meer und das hoffentlich realisierbare Projekt Ocean-Park Kaufkraft binden und Arbeitsplätze schaffen sollen.

Die bisher erfolgten Investitionen sind Ergebnis einer gemeinsamen Kraftanstrengung dieser Koalition und der Bevölkerung unseres Landes, auf die wir stolz sein können. Was uns nicht daran hindert, mit größter Energie weiter zu machen. Denn natürlich haben wir erst einen Teil der Wegstrecke zurückgelegt. Untersuchungen, wie die des ‚Bremer Ausschusses für Wirtschaftsforschung‘ (BAW) zum Dienstleistungssektor, belegen dies.

Doch dass wir unser Ziel noch nicht erreicht haben, kann nicht zur Folge haben, dass wir die Richtigkeit unseres Tuns in Zweifel ziehen. Es muss uns eher darin bestärken, mit voller Kraft weiter zu machen. Wer dies nicht tut, hat es wohl mit der Sanierung nicht so ernst gemeint.

Ich sage dies ganz bewusst, denn ich registriere sehr wohl, dass in den vergangenen Wochen die Stimmen der Gegner des Sanierungskurses wieder lauter geworden sind. Da heißt es, ein bisschen weniger Investitionen würden es auch tun. Der Nutzen dieser Wirtschaftsstrukturpolitik wäre für den Bürger so wenig spürbar, dafür die Einschnitte bei den staatlichen Leistungen umso mehr. Im übrigen würden keine erkennbaren Wachstums- und Arbeitsmarkteffekte erzielt, die Abwanderung ins Umland würde nicht aufgehalten werden.

Ich behaupte, wer so argumentiert, hat nicht verstanden oder will nicht verstehen, worum es geht. Wer so argumentiert handelt grob fahrlässig und verantwortungslos, denn er gefährdet die Zukunft dieses Landes.

Wenn zu konstatieren ist, dass die Zielvorgaben an Arbeitsplätzen und Einwohnerzuwächsen nicht in dem erwarteten Umfang erreicht wurden, dann ist doch die entscheidende Frage, was wäre gewesen, wenn wir diese Anstrengungen nicht unternommen hätten? Wie hätten wir zum Beispiel den Vulkan-Konkurs verkraftet? Wie hoch wäre die Arbeitslosigkeit heute in Bremen, wenn wir nicht den Strukturwandel vorangetrieben hätten? Die Antwort ist klar: Wir hätten heute deutlich mehr Arbeitslose.

Von den Kritikern wird das vermeintlich schwache Wirtschaftswachstum Bremens in 1999 angeführt. Die leichte Unterschreitung der bundesdurchschnittlichen Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts im Vorjahr darf allerdings keinesfalls als Indiz für eine drohende Gefährdung des eingeleiteten und notwendigen ökonomischen Aufholprozesses unseres Landes fehlinterpretiert werden. Für mich besteht überhaupt kein Zweifel, dass es sich hierbei um eine vorübergehende Wachstumsdelle handelt, die sich durch sektorale Besonderheiten und insbesondere durch die überdurchschnittliche Exportabhängigkeit der bremischen Wirtschaft erklärt. Selbstverständlich ist unser außenhandels-orientiertes Bundesland von Einbrüchen der Auslandsnachfrage, wie sie im ersten Halbjahr 1999 aufgrund internationaler Krisenentwicklungen bundesweit zu verzeichnen waren, in besonderem Maße betroffen. Hinzu kommt, dass sich die bremische BIP-Zuwachsrate 1999 auf die Basiswerte des hohen, überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums der Vorjahre bezieht.

Faktum ist, dass für die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Bremen noch im Verlaufe des Jahres 1999 wieder eine deutliche Beschleunigung feststellbar ist, die berechtigten Anlass zu der Hoffnung gibt, dass wir kurzfristig zur dynamischen Wirtschafts- und Finanzkraftentwicklung der Vorjahre zurückkehren werden. Vor allem die deutlich positiveren Tendenzen auf dem bremischen Arbeitsmarkt sind dabei in besonderem Maße ermutigend.

Ich warne deshalb davor, von dem eingeschlagenen Kurs der Sanierung, der Grundphilosophie des Sparens und Investierens, abzuweichen. Dazu gehören auch die von verschiedenen Seiten immer wieder erhobenen Forderungen, das Investitionssonderprogramm zu kürzen und die so frei werdenden Mittel konsumtiv auszugeben.

Das hört sich alles gut an. Es ist jedoch nicht seriös, da eine solche Interpretation des Investitionsbegriffs herzlich wenig mit der verfassungs- und haushaltsrechtlichen Realität zu tun hat. Aufgrund der zwingenden Vorgaben im Grundgesetz und im Haushaltsgrundsätzegesetz ist der Begriff der Investitionsausgaben in § 13 der Landeshaushaltsordnung eindeutig definiert. Danach sind Investitionsausgaben Ausgaben für Baumaßnahmen, für den Erwerb beweglicher Sachen, für Zuschüsse an Dritte für vorgenannte Zwecke sowie Darlehensgewährungen und für den Erwerb von Beteiligungen. Ausgaben für die Anstellung von Lehrern oder Zuwendungen an Kultureinrichtungen sind somit keine investiven Ausgaben, sondern fallen eindeutig in die Kategorie "konsumtive Ausgaben". Und bei diesen gilt es ein riesiges Defizit abzubauen.

Und damit sind wir wieder bei den Anforderungen an einen verfassungskonformen Haushalt angelangt. Die von mir eben genannte gesetzliche Definition steht in zwingender Verbindung zu den Vorschriften zur Begrenzung der Kreditaufnahme. Nur für Investitionsausgaben im oben beschriebenen Sinne dürfen wir Kredite aufnehmen und das aus gutem Grund. Öffentliche Investitionen etwa in Straßen und Gebäude sind - ökonomisch betrachtet - langfristig nutzbare Güter. Das heißt, auch unsere Kinder und Enkel werden in ihren Genuss kommen. Das rechtfertigt, diese Maßnahmen mit Mitteln zu finanzieren, die auch von zukünftigen Generationen erbracht werden.

Im übrigen möchte ich an dieser Stelle dem beliebten Vorurteil begegnen, wir täten nicht genug für den Bereich Bildung und Wissenschaft.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Kultusministerkonferenz haben gezeigt, dass Bremen bezüglich der Unterrichtsversorgung an den allgemein bildenden Schulen bundesweit einen Spitzenplatz einnimmt. Danach nehmen wir auch einen Spitzenplatz ein, was die Ausgaben je Schüler betrifft. Hierbei liegen wir etwa 20 Prozent über den Pro-Kopf-Ausgaben des reichen Baden-Württembergs, 35 Prozent über den Ausgaben Sachsens und insgesamt über 20 Prozent über dem Durchschnitt der Bundesländer. Und das als Haushaltsnotlageland.

Den überdurchschnittlichen Ausgaben für unserer Schulsystem stehen andererseits nur mittelmäßige Ergebnisse gegenüber. Dieses Missverhältnis zeigt, dass es dem Bildungssystem in Bremen nicht an finanziellen Mitteln fehlt, sondern dass wir strukturelle Probleme haben. Wir zahlen viel Geld in die Übernivellierung des Schulsystems.

Das Argument, wir würden zu wenig Geld für den Bereich der Schulbausanierung zur Verfügung stellen, entbehrt ebenfalls jeder Grundlage. In der vergangenen Legislaturperiode sind mit rund 130 Millionen etwa 30 Prozent des Stadtreparaturfonds I (Volumen von insgesamt 425 Millionen Mark) in den Bildungsbereich für Schulbausanierung bzw. –neubau, wie im Fall der Gesamtschule West, geflossen. In der Zeit 2000 bis 2003 gibt es eine Neuauflage des Stadtreparaturfonds mit 200 Millionen Mark. Davon werden sogar 60 Prozent dem Bildungsbereich gewidmet. Insgesamt stehen in den folgenden vier Jahren 96 Millionen Mark für Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung. Im Gegensatz dazu haben Bildungsressort und Bildungsdeputation den Sanierungsbedarf mit 80,5 Millionen Mark festgestellt. Das bedeutet, dass sogar rund 15 Millionen Mark aus dem Stadtreparaturfonds verbleiben, die für Schulsanierung nicht benötigt werden.

Im Bereich Wissenschaft ist Bremen mit einem verbindlichen Planungsrahmen, der für die Hochschulfinanzierung bis 2004 ein Finanzvolumen von 3,4 Milliarden vorsieht, ohne Beispiel in Deutschland. Damit werden die Ausgaben von 1998 bis 2004 jahresdurchschnittlich um 5 Prozent gesteigert.

Erstmals legt der Senat neben den kameralen Haushaltsentwürfen – das sind die Ihnen bekannten roten und blauen Bücher – auch einen Produktgruppenhaushalt für die Jahre 2000/2001 vor. Um den Sinn und Zweck dieses umfangreichen Werkes kurz und prägnant zu beschreiben, hat sich bei uns im Hause bereits der Begriff “2 1/2 Kilo Transparenz” eingebürgert. Auf den ersten Blick mögen Sie angesichts des Umfangs, den dieser Produktgruppenhaushalt aufweist, dieser Einschätzung nicht so ganz trauen. Aber bei genauerem Hinsehen werden Sie merken, welche Fülle an Erkenntnissen der Produktgruppenhaushalt bietet.

Die entscheidende Neuerung gegenüber der kameralen Buchführung ist die, dass hier nicht mehr lediglich die Ausgaben den Einnahmen gegenübergestellt werden. Vielmehr werden den Ausgaben Leistungen zugeordnet, das heißt, wir haben ein System, dass den Kosten auch den Nutzen gegenüberstellt.

Der Produktgruppenhaushalt ist in 25 Produktgruppenpläne, 66 Produktbereiche und 230 Produktgruppen gegliedert. Diese Art der Aufschlüsselung ermöglicht eine Transparenz wie sie der bremische Haushalt nie zuvor gesehen hat. Mit der Umstellung seines Rechnungswesens befindet sich Bremen auf der kommunalen Ebene in einem bundesweiten Trend. Auf der Landesebene leisten wir indessen Pionierarbeit.

Das neue System geht Hand in Hand mit einem zweiten Instrument, dem sog. Controlling.

Der vorgelegte Produktgruppenhaushalt ist Teil der umfassenden Verwaltungsmodernisierung, die ein Kernstück der Sanierungsstrategie darstellt. Ziel ist der Umbau der öffentlichen Verwaltung zum "Konzern Bremen", d.h. in ein modernes, effizientes, transparentes und bürgernahes "Dienstleistungsunternehmen Stadt". Ganz ähnlich verfährt die Seestadt Bremerhaven in kommunaler Selbstverwaltung.

Der öffentliche Dienst leistet einen großen Beitrag zum Erfolg des Sanierungsprogramms. Seine begonnene Modernisierung durch Budgetierung, dezentrale Ressourcenverantwortung, Controlling, Kosten- und Leistungsrechnung, Leistungs- und Kundenorientierung wird konsequent und unter Beteiligung der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen fortgesetzt.

Zu Beginn dieses Jahres haben wir die Senatskommission für das Personalwesen aufgelöst und die personalwirtschaftlichen und personalrechtlichen Entscheidungsbefugnisse auf die Ressorts und Dienststellen übertragen.

Ausgehend von der Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung in Landesentwicklung, Kultur und Liegenschaftswesen in der letzten Legislaturperiode sollen bis zum Ende 2003 die Verwaltungsaufgaben in der Freien Hansestadt neu geordnet werden. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie staatliche Aufgaben zukünftig nach wirtschaftlicheren Gesichtspunkten und damit kostengünstiger für den Steuerzahler, etwa auch durch private Anbieter, erbracht werden können. Eine Lenkungsgruppe auf Staatsräteebene wird dabei durch eine Unternehmensberatung unterstützt.

Die Verwaltung muss nicht nur das erhebliche Rationalisierungspotential neuer Techniken nutzen, sondern auch die Chancen, die diese für die Umgestaltung der Verwaltung in ein modernes Dienstleistungsunternehmen bietet. Es ist, glaube ich, nicht vermessen, wenn ich behaupte, dass wir uns in diesem Bereich bundesweit mit an der Spitze bewegen. Dies zeigt sich unter anderem auch daran, dass Bremen derzeit in den verschiedensten Wettbewerben unter den Städten zum Thema Verwaltungsmodernisierung die "Preise abräumt".

Diese Ergebnisse sind für uns kein Grund, uns auf unseren Lorbeeren auszuruhen. Im Gegenteil sie spornen uns an, den Weg der Verwaltungsmodernisierung kontinuierlich weiterzuverfolgen.

Ich komme schließlich zu der Einnahmenseite unseres Haushaltsentwurfs. Die Einnahmen entwickeln sich alles in allem befriedigend. Das Wachstum bei den originären Steuereinnahmen belief sich in 1999 sogar auf 9 Prozent, so dass wir eine Stabilisierung der Einnahmenseite feststellen können.

In den dem Haushalt zugrundeliegenden Einnahmeansätzen sind natürlich noch nicht die aus der geplanten Unternehmensteuerreform ab 2001 resultierenden Einnahmeausfälle unterstellt. Die in diesem Zusammenhang für Bremen zu erwartenden Steuermindereinnahmen bewegen sich jährlich in etwa zwischen 100 und 300 Millionen Mark. Diese Einnahmeausfälle werden den Konsolidierungsdruck auf unsere Haushalte erheblich verstärken.

Aufgrund der degressiv ausgestalteten Sanierungszahlungen haben wir am Ende dieses zweiten Sanierungszeitraums einen höheren Schuldenstand als zu Beginn der Sanierung. Diese Tatsache wird von vielen Kritikern als Beweis angesehen, dass die Sanierung gescheitert sei. Diese Sicht der Dinge ist völlig abwegig. Denn das Ziel der Überwindung der extremen Haushaltsnotlage liegt nicht darin, die Neuverschuldung auf Null herunter zu fahren. Vielmehr ist der erste Schritt der Konsolidierung der bremischen Haushalte das Mindestziel eines verfassungskonformen Haushalts zu erreichen, das heißt, dass wir uns nur noch in Höhe der Investitionen fremden Kapitals bedienen. Es wäre vermessen zu glauben, dass die Sanierung des Landes Bremen in diesem Stadium bereits zu einem ausgeglichenen Haushalt führen könnte. Die Kritik der Opposition ist zu leichtgewichtig und ignoriert vorsätzlich unsere Lage. Die Anforderung der Verfassungkonformität in 2005 zu erreichen ist schwierig genug.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom vergangenen November zum Länderfinanzausgleich den Gesetzgeber aufgefordert, zeitnah ein Maßstäbegesetz und darauf aufbauend ein Finanzausgleichsgesetz zu verfassen.

Die Forderung der ‚Südländer‘ nach einer Abschaffung der Einwohnerwertung ist eine Bedrohung für die Existenz der Freien Hansestadt Bremen, denn dadurch würde ihr die finanzielle Grundlage entzogen. Wir werden dieser Forderung deshalb mit aller Macht entgegentreten und für die Erhaltung der Selbständigkeit unseres Stadtstaates kämpfen.

Das föderale Gleichbehandlungsgebot verlangt, dass die Stadtstaaten im Länderfinanzausgleich so ausgestattet werden wie vergleichbare Großstädte in Flächenländern. Und dies ist die Aufgabe aller Bundesländer. Eine "Regionalisierung" der Stadtstaatenproblematik wäre mit der Verfassung unvereinbar. So hat bereits das Bundesverfassungsgericht 1986 festgestellt: "Die Andersartigkeit der Stadtstaaten betrifft nämlich nicht nur deren Nachbarländer, sondern alle Glieder des Bundes." Was wir in diesem Zusammenhang also brauchen, ist eine sachgerechte Überprüfung und Anpassung der Einwohnerwertung der Stadtstaaten. Ideen, die eine Ausweitung der Einwohnerwertung über die Verdopplung der Einwohnerzahl Bremens zum Ziel haben, stellen den Charakter Bremens als Stadtstaat in Frage und sind damit wenig hilfreich in der laufenden Auseinandersetzung um die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs.

Auch bei den Hafenlasten sind wir gut gewappnet. Als einziges betroffenes Land können wir mit dem Gutachten der Firma Planco Consulting belastbare Zahlen vorlegen. Damit zeigen wir, dass der Nutzen unserer Häfen, insbesondere der in Bremerhaven, zu mehr als der Hälfte der exportorientierten Volkswirtschaft insgesamt und damit allen deutschen Ländern zu gute kommt. Die Tatsache, dass alle Länder von der Existenz des Hafens profitieren rechtfertigt es, dass sich alle Länder an seinen Kosten beteiligen.

Unsere Position sollte jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass wir das bestehende System der Steuerverteilung nicht auch in verschiedener Hinsicht als korrekturbedürftig erachten würden. Unser wesentlicher Kritikpunkt ist, dass sich unsere überdurchschnittliche Wirtschaftskraft nicht entsprechend in der Steuerkraft niederschlägt. So liegen wir mit 134 Prozent deutlich über dem bundesdurchschnittlichen BIP je Einwohner, unsere originäre Steuerkraft beträgt indessen nur 112 Prozent. Die Ursache für das Auseinanderdriften von Wirtschafts- und Steuerkraft liegt vor allem in der Lohnsteuerzerlegung, die dafür sorgt, dass die von Einpendlern in Bremen erwirtschaftete Lohnsteuer nach dem Wohnsitzprinzip vor allem nach Niedersachsen abgeführt wird. Auch die Umsatzsteuer verbleibt nicht in den Ländern, die sie vereinnahmen, sondern wird nach Einwohnern verteilt. Wir fordern deshalb eine Verteilung der Steuereinnahmen, die stärker am wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet ist.

Des weiteren treten wir für eine stärkere Berücksichtigung der Sozialhilfelasten ein.

Wir stehen zur Zeit in sehr schwierigen Verhandlungen mit den übrigen Ländern. Einen ersten Schlagabtausch hat es bereits in der Finanzministerkonferenz gegeben. Der Bund wird erste Eckpunkte für ein Maßstäbegesetz bereits Ende März vorlegen. Einen Gesetzentwurf hat er für den frühen Sommer angekündigt. Die Ministerpräsidenten werden sich auf ihrer Konferenz am kommenden Wochenende mit der Thematik befassen.

Es ist die Zeit, in der die Beteiligten das Terrain sondieren und nach Koalitionen Ausschau halten. In Bremen sind wir dabei in keiner schlechten Ausgangsposition, denn es ist gelungen, 10 Länder in einem Bündnis zu vereinen. Neben Niedersachsen und Schleswig-Holstein befindet sich in diesem Kreis auch das Geberland Hamburg und verschiedene neue Länder. Diese 10 Länder vertreten in einem gemeinsamen Papier ihre Position gegenüber den drei klagenden Ländern, denen sich mittlerweile auch Nordrhein-Westfalen angeschlossen hat. Die Länder Sachsen und Thüringen würden von ihrer Interessenlage an sich in das 10er-Bündnis gehören, sie beharren zur Zeit jedoch noch auf einem eigenen Kurs. Gegen diese Mehrheit der 10 Länder kann es keine Beschlüsse im Bundesrat geben. Deshalb müssen wir dieses Bündnis hegen und pflegen, und es nicht durch unabgestimmte Vorstöße belasten.

Die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs ist für das Bundesland Bremen von existentieller Bedeutung. Jede Mark, die wir am Ende weniger in der Kasse haben, gefährdet den Erfolg der Sanierung. Wir müssen deshalb beharrlich und untermauert mit nüchternen Daten und Fakten unsere Position verteidigen. Der Ausgang der Auseinandersetzung ist sicherlich noch ungewiss. Einer Sache bin ich mir indessen jedoch sehr sicher. Es kann keine Einigung mit Bayern und Baden-Württemberg geben, denn dies würde zwangsläufig dazu führen, dass uns am Ende weniger Geld zur Verfügung stünde.

Die in Jahrzehnten angehäufte Schuldenlast, der verschleppte Strukturwandel, die restriktive Flächenpolitik, die eine Abwanderung von Bürgern und Unternehmen bewirkt hat, das zu gering ausgeprägte Bewusstsein für die Metropolfunktion Bremens haben unser Bundesland im Vergleich zu den anderen Ländern um Jahrzehnte zurückgeworfen.

Die Große Koalition hat in den letzten Jahren den Strukturwandel beschleunigt, die Kosten gesenkt, die Flächenpolitik geändert und unsere Metropolfunktion gestärkt. Damit sind wir auf dem richtigen Weg, wie die gesamtwirtschaftlichen Zahlen zeigen. Wir sind inzwischen vom Keller ins Erdgeschoss aufgerückt. Aber einige scheinen zu glauben, wir hätten bereits das Penthouse erreichen müssen. Dies ist absurd und unsinnig. Wir sind am Beginn der zweiten Sanierungsphase. Wir sind noch weit davon entfernt, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Aber wir können die Sanierungsziele erreichen, wenn wir Kurs halten, das bisher Erreichte nicht zerreden und unsere Kraft auf die Fortsetzung der dynamischen Entwicklung in Bremen und Bremerhaven konzentrieren".


Dieser Text inklusive Grafiken mit den Ausgaben nach den Prokduktplänen für die Jahre 2000 und 2001 kann unter unten stehender Adresse aufgerufen werden.