16.03.2006
Innensenator Röwekamp dankt der Bürgerschaft für die politische Unterstützung im Kampf gegen Extremismus und Kriminalität im Land Bremen
Die Neufassung des Bremer Verfassungsschutzgesetzes sowie die Änderungen des Bremischen Polizeigesetzes treten Ende dieser Woche in Kraft. Darauf hat am heutigen Donnerstag (16.3.06) der Senator für Inneres und Sport, Bürgermeister Thomas Röwekamp nach der Sitzung der Innendeputation hingewiesen. „Bei den Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft, den Innendeputierten und allen Mitarbeitern und am politischen Prozess Beteiligten, die am Zustandekommen dieser beiden wichtigen Gesetzesnovellen mitgewirkt haben, möchte ich mich aus diesem Anlass für die Unterstützung im Kampf gegen Extremismus und Kriminalität im Land Bremen bedanken“, erklärte Bremens Innensenator, Bürgermeister Thomas Röwekamp.
Der Bremer Senat hatte das Gesetzespaket des Innenressorts am 12.12.2005 beschlossen und an die Bremische Bürgerschaft weitergeleitet. Das Parlament beschloss die beiden Gesetzesnovellen im Januar und Februar 2006 in erster und zweiter Lesung, so dass sie nun im Bremische Gesetzblatt verkündet wurden und heute (Verfassungsschutzgesetz) bzw. am morgigen Freitag (Polizeigesetz) in Kraft treten können.
Röwekamp erinnerte daran, dass Bremen im Bereich der Polizei und des Verfassungsschutzes bundesweit eines der modernsten Landesgesetze habe. Die Kompetenzen von Polizisten und Verfassungsschützern würden gezielt ausgeweitet – „da wo es die Freiheit des Staates und der Schutz jedes einzelnen Bürgers verlangt“, fügte Röwekamp hinzu. „So werden es terrorismusverdächtige Personen künftig nicht mehr so leicht haben, ihre extremistischen Aktivitäten zu verschleiern. Und mit der Änderung im Polizeirecht verbessern wir die Arbeit der Beamtinnen und Beamten an entscheidenden Stellen, die im Alltag immer wieder auf neue Formen schwerer Kriminalität stoßen und darauf reagieren müssen. Die Videoaufzeichnung bei Polizeikontrollen sowie Kennzeichen-Lesegeräte dienen in diesem Zusammenhang auch der Eigensicherung der Polizistinnen und Polizisten.“
Wesentliche Inhalte der beiden Gesetzesnovellen:
Neufassung des Verfassungsschutzgesetzes für das Land Bremen
Das bestehende Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen stammt aus dem Jahr 1981 und gilt als überholt. Die vom Senat beschlossene Neufassung trägt der erforderlichen Anpassung an Bundesgesetze (Bundesverfassungsschutzgesetz sowie Terrorismusbekämpfungsgesetz) sowie den Bestimmungen des Datenschutzes Rechnung. Der Verfassungsschutz erhält künftig besondere Befugnisse, um sich über mutmaßlich verfassungsfeindlich agierende Personen beispielsweise bei Banken, Fluggesellschaften, Post und Telekommunikationsunternehmen über Konto- und Reisebewegungen oder Handy-Gesprächsdaten zu erkundigen. Außerdem wird die Überwachung der Wohnung mit technischen Mitteln erlaubt, dabei wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus 2004 berücksichtigt. Nach der Beschlussfassung durch die Bremische Bürgerschaft würde Bremen dann über das bundesweit modernste Verfassungsschutzgesetz verfügen, das als Einziges hierzu bereits Umsetzungen erhält.
Änderungen im Bremischen Polizeigesetz
Die bereits erwähnte Rechtssprechung aus Karlsruhe zur akustischen Wohnraumüberwachung war auch ein Grund für die Novelle des Bremischen Polizeigesetzes, um den Anforderungen der Bundesverfassungsrichter Rechnung zu tragen. Ferner schien es geboten, das Polizeigesetz weiter zu entwickeln und neuere Entwicklungen aufzugreifen. Dazu gehört die Einführung eines verdachtsunabhängigen Anhalte- und Befragungsrechts der Polizei, um Straftaten von erheblicher Bedeutung mit internationalem Bezug verhüten zu können. Neu ist die Befugnis, dass die Polizei automatische Kennzeichen-Lesesysteme einsetzen kann und mit den zur Fahndung ausgeschriebenen Kennzeichen abgleichen lassen kann. Der offene Einsatz dieser Systeme ist nur im Rahmen von polizeilichen Kontrollen auf öffentlichen Straßen zulässig. Die Kennzeichen von „unbescholtenen“ Autofahrern werden dabei ausdrücklich nicht gespeichert; das Kennzeichen-Lesesystem gleicht vielmehr die zuvor eingegebenen „verdächtigen“ Kfz.-Kennzeichen ab. Um die Eigensicherung von Polizeibeamten bei Anhalten und Kontrollen zu verbessern, wird zudem die Videoaufzeichnung eingeführt.
Ebenfalls neu ist die gesetzliche Voraussetzung zur Einführung eines sog. Distanz-Elektroimpulsgerätes als neue polizeiliche Waffe. Diese neuartige Waffe (englisch Taser) können einen Angreifer auf kürzere Distanzen sofort handlungsunfähig machen, ohne dass die Person Schmerzen empfindet oder das Bewusstsein verliert. Der Einsatz des Tasers ist ausdrücklich nicht für den täglichen Streifendienst, sondern nur für Spezialkräfte und Sondereinheiten der Polizei, beispielsweise gegen Geiselnehmer, vorgesehen. Das Distanz-Elektro-Impulsgerät folgt dem polizeilichen Ziel, gegen bestimmte aggressive oder bewaffnete Personen unterhalb der Schwelle des Schutzwaffeneinsatzes einschreiten zu können, die Person dabei ohne Gefahr für die Polizei und für Dritte unverzüglich festnehmen zu können und die Person dabei so wenig wie möglich zu verletzen oder zu gefährden. Zu beachten ist hierbei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, auch im Polizeieinsatz stets den mildestmöglichen Eingriff vorzunehmen. Unterhalb der Schwelle des Schusswaffeneinsatzes kam bisher nur der Gebrauch von Reizstoffen in Frage, die jedoch nicht immer praktikabel sind. Versuche anderer Länder, zum Beispiel Hartgummigeschosse einzusetzen, haben sich ebenfalls nicht als erfolgreich erwiesen.
Ferner vollzieht die Polizeirechtsnovelle auch Anpassungen von Regelungen aus der Justiz: So wird der bisher gebräuchliche Begriff „Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft“ durch das Wort „Ermittlungspersonen“ ersetzt.
Angleichung an niedersächsisches Recht – Ausnahmen für Berufsgeheimnisträger bei Wohnraumüberwachung
Die Polizei- und Verfassungsschutzgesetze nehmen nicht nur Bezug zu Änderungen auf Bundesebene, sondern berücksichtigen auch das Nachbarland Niedersachsen. Die Koalitionsvereinbarung in einer Regierungskoalition für die 16. Wahlperiode der Bremischen Bürgerschaft sieht ausdrücklich eine engere Zusammenarbeit des Bremischen Landesamtes für Verfassungsschutz mit dem Niedersächsischen Landesamt vor. Mit der Harmonisierung der Landesgesetze wird hierfür die notwendige Grundlage geschaffen.
Bei der akustischen Wohnraumüberwachung (Abhören mit technischen Mitteln) sehen sowohl das Verfassungsschutz- als auch das Polizeigesetz in der vom Senat geplanten Novelle Ausnahmevorschriften bei Amts- und Berufsgeheimnisträgern vor. Hierzu gehören z.B. Rechtsanwälte, Ärzte, Pastoren oder Journalisten.