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Die Senatorin für Kinder und Bildung

Bogedan: Ressourcen für gute Bildung nach sozialem Bedarf verteilen

Senatorin Claudia Bogedan bewertet Bildungsbericht 2016 aus Bremer Sicht

16.06.2016

Anlässlich des heute (16. Juni 2016) in Berlin vorgestellten Bildungsberichts 2016 stellt die Senatorin für Kinder und Bildung, Dr. Claudia Bogedan, fest: "Bremen ist das Bundesland mit den größten sozialpolitischen Herausforderungen und gleichzeitig durch hohe Migrationsanteile gekennzeichnet. Dies zeigt einmal mehr der aktuelle Bildungsbericht. Die Ergebnisse des Berichts entsprechen unseren Erwartungen."

In der bildungspolitischen Schwerpunktsetzung fühlt sich Senatorin Bogedan durch den Bericht bestätigt: "Es ist richtig, Ressourcen für gute Bildung nach sozialen Lagen schwerpunktmäßig zu verteilen. Auch das längere gemeinsame Lernen aller Schülerinnen und Schüler schafft die Grundlage für bessere Bildung. Und es ist richtig, an Standorten zu investieren, an denen Bildungsbenachteiligung eine besondere Problematik darstellt. So ist auch das Engagement für die neue Schule am Ohlenhof zu bewerten."

Auch die politische Schwerpunktsetzung zugunsten der Schulen des Landes mit einer Steigerung von 2015 auf 2017 um insgesamt 40 Millionen Euro erkennt die besonderen Herausforderungen Bremens und Bremerhavens an. Senatorin Bogedan: "Diese zusätzlichen Mittel für die Unterstützung der Inklusion und die Verbesserung ihrer Personalausstattung haben unsere Schulen dringend nötig. Aber es ist auch klar: Bildung ist ein Dickschiff. Veränderungen brauchen ihre Zeit. Neben einer besseren Ausstattung brauchen unsere Schulen vor allem Ruhe und Stabilität."

Bundesland mit den größten sozialen Herausforderungen
Der Bildungsbericht 2016 zeigt vor allem eins: Bremen ist das Bundesland mit den größten sozialen Herausforderungen. Die aktuellen Zahlen belegen, dass in Bremen Kinder und Jugendliche in besonderem Maße von sozialen, bildungsbezogenen und finanziellen Risikolagen betroffen sind. 20 Prozent leben in Elternhäusern, in denen niemand erwerbstätig ist, 20 Prozent leben in Elternhäuser, in denen die Eltern keinen Berufsschulabschluss oder Abitur erreicht haben, und 33 Prozent der Kinder leben in Haushalten mit einem verfügbaren Einkommen unterhalb der Armutsrisikoschwelle. 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind von mindestens einer dieser Risikolagen betroffen, 10 Prozent von allen drei Risikolagen gleichzeitig. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt sind lediglich 28 Prozent der Kinder und Jugendlichen von mindestens einer der Risikolagen betroffen.

Senatorin Bogedan: "Die soziale Lage der Kinder bestimmt leider immer noch deren Bildungserfolg: Erwerbslosigkeit, Armut und Bildungsferne der Elternhäuser verschlechtert die Chance auf einen höherwertigen Bildungsabschluss." Der Bildungsbericht attestiert Bremen aber, hiergegen die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. So erfolgt in Bremen - anders als in den meisten anderen Bundesländern - die Zuweisung von Personalressourcen an die Schulen über einen Sozialindex. Schulen in Stadtteilen mit besonderen sozialen Herausforderungen werden also deutlich besser gestellt.

"Sozialen Problemlagen kann durch ein längeres gemeinsames Lernen in Ganztagsschulen begegnet werden", so Senatorin Claudia Bogedan. Auch hier muss Bremen sich nicht verstecken. Der Anteil der insgesamt am Ganztag teilnehmenden Schülerinnen und Schüler ist zwar nur durchschnittlich, aber dafür liegt Bremen mit seinen Angeboten an gebundenen Ganztagsschulen im Bundesvergleich auf Rang 3 nach den anderen beiden Stadtstaaten.

Hohe Abiturientenquote
Insofern ist die Chance auf einen höherwertigen Bildungsabschluss trotz der schlechteren sozialen Ausgangslage relativ hoch. Bremen hat - wie die anderen Stadtstaaten auch - eine hohe Abiturientenquote; sie liegt in Bremen bei über 42 Prozent. Demgegenüber ist der Anteil der Jugendlichen, die einen Hauptschulabschluss erwerben, deutlich gesunken - der Bildungsbericht weist nur noch 20 Prozent aus. Ebenfalls gesunken ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen: Waren dies 2005 noch 10,6 Prozent, so liegt die Zahl zehn Jahre später bei 7,2 Prozent.

Anteil der inklusiv beschulten Kinder ist der höchste im Bundesvergleich
"Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit benötigen einen langen Zeitraum, bis sich messbare Erfolge zeigen. Deutlich positiv messbar sind die Erfolge Bremens im Bereich der Inklusion - gerade im Vergleich zu den anderen Bundesländern", so Senatorin Claudia Bogedan zufrieden. Nur 1,1 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Grundschule und der Sekundarstufe I werden an Förderzentren beschult. Der Anteil an inklusiv beschulten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist in Bremen im Berichtsjahr 2014 mit 77.1 Prozent der höchste im Bundesvergleich, mit dem Aufwachsen der inklusiven Beschulung ist dieser Anteil auf 83,5 Prozent in 2015 gestiegen. Bremen leistet damit einen ebenso wichtigen wie gesellschaftlich selbstverständlichen Beitrag zur Integration.

Viele Kinder mit Migrationshintergrund
Der besondere Schwerpunkt des diesjährigen Bildungsberichts widmet sich dem Thema Migration - ein Thema, das für Bremen eine besondere Bedeutung hat. So liegt der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in der Stadt Bremen bei den unter zehnjährigen Kindern schon deutlich über 50 Prozent. Schaut man genauer auf die Altersgruppen der Kinder in den Tageseinrichtungen, so ergibt sich das folgende Bild: In der Altersgruppe 0 bis 3 erreicht der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in Bremen den bundesdeutschen Spitzenwert von 34,2 Prozent. In der Altersgruppe 3 bis 6 liegt der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund bei 47,3 Prozent.

Besonders bedeutsam ist hier, dass bei fast einem Drittel dieser Kinder zuhause nicht deutsch gesprochen wird - wiederum ein bundesdeutscher Spitzenwert. Der Migrationshintergrund erhöht sich bei den Kindern in der Altersgruppe von 4 bis 6 auf 68 Prozent. Die Tageseinrichtungen in Bremen stehen deshalb im Vergleich zu den anderen Bundesländern vor besonderen (sprachlichen) Herausforderungen: Etwa ein Drittel der Einrichtungen haben einen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund von mehr als 50 Prozent.

Diese besondere Situation setzt sich auch in den Schulen fort. So hat jede sechste Bremer Schule mehr als 50 Prozent an Schülerinnen Schülern, deren Familiensprache nicht Deutsch ist; in mehr als der Hälfte der Schulen liegt der Anteil der nicht-deutschen Familiensprache immer noch bei 25 Prozent. Auch dies sind bundesdeutsche Spitzenwerte, die die Integrationsleistung der Bremer Schulen deutlich machen.

Senatorin Claudia Bogedan weist in diesem Zusammenhang auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin: "Dabei ist zu bedenken, dass die Auswertung des Bildungsberichts sich noch nicht auf die aktuellen Herausforderungen bei der Integration der Geflüchteten beziehen kann. Jenseits der im Bildungsbericht genannten Zahlen ist zu bedenken, dass das Bremer Bildungssystem in den letzten anderthalb Jahren über 3.000 Geflüchtete aufgenommen hat, die in der Regel über keinerlei deutschsprachige Kompetenzen verfügen - eine beeindruckende Leistung unserer Schulen."

Bremen mit Entwicklungsplan Migration und Bildung gut aufgestellt
Das Migrationsmerkmal ist kein Indikator für einen geringeren Bildungserfolg. Dieser ist eindeutig abhängig von den sozialen Risikolagen. Allerdings ist die Armutsgefährdungsquote für die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Bremen 2014 mit 39,9 Prozent mehr als doppelt so hoch wie für die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (17,8 Prozent). Erst in dieser Kombination wird deshalb die besonders hohe Migrationsquote in den Bremer Bildungseinrichtungen zu einer besonderen Herausforderung.

Senatorin Claudia Bogedan resümiert: "Auf diese Herausforderungen im Bereich der Migration und Zuwanderung hat Bremen konstruktiv und für viele andere Bundesländer vorbildlich reagiert. So gibt es über den Entwicklungsplan Migration und Bildung bereits seit langem ein umfangreiches Konzept zur Integration. Dadurch ist Bremen bei der Frage der Verbesserung der Bildungschancen für Menschen mit Migrationshintergrund gut aufgestellt." Dieses Konzept beinhaltet z. B. die Förderung von mehr Lehrkräften mit Migrationshintergrund in der Schule und die Förderung von interkultureller Kompetenz und Sprachkompetenz in den Schulen. Ebenso gehört dazu die Förderung von entsprechenden Kompetenzen in der Lehrerausbildung sowie die Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund im Studium, im Referendariat und im Anerkennungsjahr.

Der Entwicklungsplan Migration und Bildung enthält zudem die Systematisierung und Bündelung der Verfahren zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen unter Berücksichtigung von Berufserfahrungen und Sprachkompetenzen und die Förderung der Hochschulforschung zu Migrationsfragen.

Bremen gehört zu den bisher wenigen Kommunen, die für den Bereich Zuwanderung ein systematisches Bildungsmonitoring aufgebaut haben. Alle Maßnahmen zielen darauf ab, den Zusammenhang von sozioökonomischem Hintergrund (Armut, bildungsferne Elternhäuser, Migration) und Bildungserfolg zu entkoppeln, Gerechtigkeit und mehr Chancengleichheit in der Bildung umzusetzen.

Der Bildungsbericht leistet eine bundesorientierte Gesamtdarstellung des Themas; er leistet keinen regionalen vertieften Blick in die Länder. Trotzdem lässt sich erkennen, dass die Schulen in Bremen und Bremerhaven aufgrund der sozioökonomischen Rahmenbedingungen und nicht zuletzt durch die Zuwanderung der letzten Monate vor besonderen weiteren Herausforderungen stehen.

Der Bildungsbericht 2016
Der Bericht "Bildung in Deutschland" wird von einer unabhängigen Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstellt, die folgende Einrichtungen vertreten: Das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF, Federführung), das Deutsche Jugendinstitut (DJI), das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), das Soziologische Forschungsinstitut an der Universität Göttingen (SOFI) sowie die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Destatis und StLÄ).

Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördern die Erarbeitung des Berichts. Die empirisch fundierte Bestandsaufnahme informiert Politik, Verwaltung und Praxis sowie die interessierte Öffentlichkeit über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im gesamten Bildungssystem.

Der alle zwei Jahre herausgegebene Bildungsbericht beleuchtet außerdem in jeder Ausgabe ein ausgewähltes Schwerpunktthema. 2016 ist dies "Bildung und Migration".