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Senatskanzlei

Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken geht an Ernst-Wolfgang Böckenförde

22.11.2004

Preisverleihung am 3. Dezember im Bremer Rathaus

Der „Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken“ geht in diesem Jahr an den Rechtsphilosophen und Bundesverfassungsrichter a. D. Prof. Dr. Dr. h.c. Ernst-Wolfgang Böckenförde. Die Jury würdigt mit ihrer Entscheidung nicht nur die produktive Rolle, die Böckenförde durch seine fundierten Interventionen in verfassungsrechtlichen Kontroversen gespielt hat, sondern auch seine Beiträge, die sich mit der Stellung von Religion in modernen säkularen Gesellschaften beschäftigen. Die mit 7.500 Euro dotierte Auszeichnung wird am Freitag, dem 3. Dezember um 18 Uhr in der Oberen Rathaushalle von Bürgermeister Dr. Henning Scherf und Ralf Fücks (Vorstand Heinrich Böll Stiftung) gemeinsam übergeben. Die Laudatio halten Joachim Gauck (Preisträger aus dem Jahr 1997) und Dr. Tine Stein (Freie Universität Berlin). Für die Jury wird Prof. Antonia Grunenberg sprechen.


Der 1930 in Kassel geborene Ernst-Wolfgang Böckenförde, bekennender Katholik und Sozialdemokrat hat wie kaum ein anderer Denker in der Bundesrepublik darauf hingewiesen, dass politisch-theologische Fragen auch in modernen Gesellschaften nicht als erledigt betrachtet werden können. Er setzte u.a. mit seinem Aufsatz über den „Katholizismus im Jahre 1933“ die Diskussion über die Verstrickung von Kirche und NS-Staat in Gang. Als Verfassungsjurist hat er sich vor allem mit der Unterscheidung von Gesetz und gesetzgebender Gewalt sowie dem Verhältnis von Staat und Individuum befasst.


Nach Promotion und Habilitation hat Böckenförde von 1964 bis 1969 Rechtsphilosophie sowie Verfassungs- und Rechtsgeschichte an der Universität Heidelberg gelehrt. Danach wechselte er auf eine Professur für öffentliches Recht nach Bielefeld und nahm 1977 einen Ruf an die Juritische Fakultät in Freiburg im Breisgau an, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1995 lehrte. Seit 1970 ist er Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, von 1971 bis 1976 war er Mitglied der Enquetekommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestages und 1983 wurde er schließlich in den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts berufen und nahm diese Funktion bis 1996 wahr.


Der „Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken“ wurde 1994 von Publizisten, Politikern und Wissenschaftlern in Bremen ins Leben gerufen. Er wird vom Senator für Bildung und Wissenschaft der Freien Hansestand Bremen und der Heinrich Böll Stiftung finanziert. Der Preis erinnert an die deutsch-jüdische Denkerin Hannah Arendt, die 1933 aus Deutschland fliehen musste und zu den „prägenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zählt“ (Rita Süssmuth), und soll die Aktualität ihres Denkens für die Diskussion von Gegenwartsproblemen fruchtbar machen. Zu den Preisträgern gehören u.a. Freimut Duve, Jelena Bonner und Daniel Cohn-Bendit.