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Senatskanzlei

Bovenschulte: "Plattform-Beschäftigte müssen geschützt werden"

23.04.2024

Streaminganbieter, Lieferdienst oder Anbieter von Ferienwohnungen – all diese Dienstleistungen lassen sich über Plattformen im Internet ganz schnell per Maus-Klick buchen. Doch wie sind die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten hinter diesen Konzepten eigentlich? Diese Frage hat sich die Arbeitnehmerkammer am gestrigen Montag (22. April 2024) im Rahmen einer Veranstaltung gestellt. Ganz konkret wurde über die schlechten Arbeitsbedingungen bei Online-Plattformen gesprochen und die schwierigen Bedingungen für die Betriebsratsarbeit thematisiert. "Problematisch ist es, wenn durch die Plattformarbeit unternehmerisches Risiko dezentralisiert und auf die einzelnen Beschäftigten abgewälzt wird und diese so zu Scheinselbstständigen gemacht werden. Der Arbeitgeber entzieht sich häufig jeglicher Verantwortung, das ist nicht hinzunehmen", betonte Bürgermeister Andreas Bovenschulte, der als Redner und Teilnehmer der Podiumsdiskussion zu Gast war.

Die Verbreitung von Plattformarbeit in Deutschland ist schwer zu quantifizieren, da noch nicht definiert ist, welche Tätigkeiten darunter fallen. Schätzungen deuten darauf hin, dass etwa ein bis vier Prozent der Erwerbsbevölkerung betroffen sind, was zwischen 400.000 und 1,7 Millionen Menschen entspricht. Klar ist aber, dass immer mehr Menschen in der Plattformökonomie tätig sind. Während der COVID-19-Pandemie hat die Plattformbeschäftigung wahrscheinlich zugenommen, da Essenslieferdienste aufgrund von Restaurantbeschränkungen und Homeoffice zu wichtigen Versorgungsinfrastrukturen wurden, insbesondere mit einer hohen Anzahl migrantischer Arbeitskräfte.

"Für viele wenig qualifizierte Beschäftigte ist die Plattformarbeit oft der einzige niedrigschwellige Zugang zum Arbeitsmarkt", so der Bürgermeister. Das sei problematisch, weil diese neue Form der Arbeit zwar sehr flexibel ist, aber Unsicherheiten in Bezug auf Einkommen, soziale Absicherung und Arbeitsbedingungen mit sich bringt. Zudem seien vor allem Plattformbeschäftigte mit Migrationshintergrund aufgrund von Sprachbarrieren oft nicht in der Lage, kollektive Interessen zu vertreten und so für gute Arbeitsbedingungen zu streiten.

Die rechtliche Einordnung der Plattformarbeit ist also herausfordernd, nicht zuletzt wegen der Unbestimmtheit des Betriebsbegriffs. "Klar ist aber: Die bestehenden Arbeitsrechtskonzepte müssen modernisiert werden, um Plattformbeschäftigte angemessen zu schützen", so der Bürgermeister. Hier könne gegebenenfalls auch der Bundesrat mit einer entsprechenden Initiative aktiv werden. Zusätzlich sollten die Plattformen verpflichtet werden, transparenter über Vertragsbedingungen und Arbeitsbedingungen zu informieren. Ein erster Schritt ist die neue EU-Richtlinie, auf die sich der Rat und das Parlament Anfang dieses Jahrs verständigt haben. Diese sieht unter anderem Regelungen zum algorithmischen Management und der Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit in der Plattformarbeit vor. Außerdem müsse über neue Formen der Interessenvertretung nachgedacht werden, um den besonderen Herausforderungen der Plattformarbeit gerecht zu werden. Dies könne nur gemeinsam mit der Politik, den Gewerkschaften und sozialen Bewegungen gelingen, so der Bürgermeister.

Ansprechpartner für die Medien:
Christian Dohle, Pressesprecher des Senats, Tel.: (0421) 361- 2396, E-Mail: christian.dohle@sk.bremen.de