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Der Senator für Kultur

Mahnmal: "Force – Death by Drowning"

Jury stimmt Entwurf zur Errichtung eines Gedenkortes für die Opfer menschrechtswidriger Brechmittelvergabe zu

08.11.2023

Die Auswahlkommission zur Errichtung eines Gedenkortes für die Opfer menschrechtswidriger Brechmittelvergabe hat jetzt eine einstimmige Entscheidung gefällt. Die Jury war entsprechend der Empfehlung des Landesbeirats für Kunst im öffentlichen Raum durch ein Bürgerinnen und Bürgern offenstehendes Interessenbekundungsverfahren eingesetzt worden. Ausgewählt wurde der Entwurf der südafrikanischen Künstlerin Usha Seejarim mit dem Titel "Death by Drowning".

Das Mahnmal neben dem Gerhard-Marcks-Haus soll auch zum Verweilen einladen. Foto: Usha Seejarim
Das Mahnmal neben dem Gerhard-Marcks-Haus soll auch zum Verweilen einladen. Foto: Usha Seejarim

Das Mahnmal soll nach gestrigem Beschluss (7. November 2023) des zuständigen Beirats Mitte auf der leicht abfallenden Bodenfläche neben dem Gerhard-Marcks-Haus errichtet werden. Es bildet sich aus den Buchstaben für das englische Wort "Force". Damit verweist Seejarim einerseits auf die mit Gewalt durchgeführte Vergabe von Brechmitteln und die dadurch erzwungenen körperlichen Reaktionen, anderseits erweitert sie diesen Sinnzusammenhang auf aktuelle Diskurse über Polizeigewalt und Anti-Schwarzen-Rassismus. Die Buchstaben des Wortes "Force" gestaltete Usha Seejarim als liegende, skulpturale Formen, die mit ihrer silberglänzenden Oberfläche und dynamischen Gestaltung am Eingang des Ostertors Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollen. Zum Sitzen konzipiert, bietet die Skulptur Gelegenheit für Reflexion und Diskussion, jedoch intendiert die Künstlerin mit der Wahl einer metallischen Oberfläche, nicht allzu viel Bequemlichkeit zu bieten: Diese wird im Winter kalt und im Sommer heiß sein und dabei mit ihrer Materialität implizit auf das klinisch-sterile Umfeld verweisen, in dem das Brechmittel verabreicht wurde.

Der Gedenkort an der Westseite des Gerhard-Marcks-Hauses soll an die Zeit der Brechmittelvergabe in Bremen von 1991 bis 2005 erinnern sowie an die vielen Betroffenen dieser Zwangsmaßnahme. Insbesondere soll Laye-Alama Condés gedacht werden, der am 7. Januar 2005 an den Folgen dieser mittlerweile verbotenen Praxis verstarb. Diese wurde 2006 durch den Europäischen Menschengerichtshof als Foltermethode eingestuft. Es soll zudem daran erinnert werden, dass kein Mensch in staatlicher Obhut gefoltert, zu Schaden kommen oder getötet werden darf.

Das Mahnmal bildet aus in den Boden eingelassenen Buchstaben das Wort Force. Foto: Usha Seejarim
Das Mahnmal bildet aus in den Boden eingelassenen Buchstaben das Wort "Force". Foto: Usha Seejarim

Auf Anregung insbesondere der Angehörigen sowie der "Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé" kam es dann am 16. Dezember 2020 zu einem Bürgerschaftsbeschluss, mit dem Ziel, "dem Gedenken an die zwölf Jahre währende Brechmittelvergabe, bei der ein Mensch in staatlicher Obhut in entwürdigender Weise getötet wurde, einen würdevollen Platz im Stadtbild einzuräumen. Dieser Ort des Gedenkens möge zugleich ein Ort der Mahnung an Politik und Gesellschaft sein, die Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen stets kritisch zu hinterfragen." Ebenfalls auf Beschluss der Bremischen Bürgerschaft wurde ein künstlerischer Wettbewerb zur Gestaltung eines Gedenkortes für die Opfer der staatlichen Brechmittelvergabe initiiert. Der Senat wurde aufgefordert, in Abstimmung mit dem Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum, dem zuständigen Stadtteilbeirat und der Deputation für Kultur gemeinsam mit allen Beteiligten eine angemessene Lösung zu finden. Der Bremer Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum hat dann 2021 entschieden, dieses Verfahren mit einer eigens dafür zusammengesetzten Auswahlkommission zu betrauen. Die Kommission wurde vorab über ein Interessensbekundungsverfahren paritätisch und divers zusammengesetzt und bestand aus Personen, die in Bremen leben und einen besonderen Bezug zum Thema hatten. Sie begleiteten den Prozess und haben über die Auswahl mitentschieden.

Im Dezember 2022 wurden daraufhin vom Senator für Kultur im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens Künstlerinnen und Künstler eingeladen, ihr Interesse an der Gestaltung des Gedenkortes darzulegen. Aus diesem Kreis lud man fünf ein, ihre jeweiligen Ideen in einem konkreten Entwurf darzulegen. Daraus hat die Jury jetzt den Entwurf von Usha Seejarim ausgewählt.

Bevor der Entwurf abschließend umgesetzt wird, muss die Kulturdeputation beschließen. Dies erfolgt voraussichtlich am 6. Dezember 2023. Die Kosten für das Mahnmal werden nach aktuellen Marktpreisen auf 60.000 Euro beziffert.

Begründung der Auswahlkommission

"Der Gestaltungsentwurf von Usha Seejarim besticht durch seine intelligente Durchdringung der komplexen Thematik, die diesem Gedenkort zugrunde liegt: das Erinnern an den Fall von Laye-Alama Condé, an die Menschen, die in staatlicher Obhut dem Einsatz von Brechmitteln ausgesetzt waren, sowie die Auseinandersetzung mit Anti-Schwarzem-Rassismus. Formal überzeugend in den architektonischen Kontext des Gerhard-Marcks-Hauses und die unmittelbar angrenzenden Wallanlagen eingebunden, erweist sich die Skulpturengruppe mit ihrem an- und absteigenden Formenverlauf in Verbindung mit der leicht schräg abfallenden Standfläche als ein ästhetischer Erfahrungsraum, der es vermag, ein Gefühl der Verunsicherung auszulösen. Gleichzeitig verspricht die Offenheit des vollständig begehbaren Mahnmals mit seinen Sitzgelegenheiten die Möglichkeit zu Selbstreflexion und Dialog. Usha Seejarim gelingt es, in Absetzung von traditioneller Denkmalrhetorik, einen würdevollen und gleichzeitig im Stadtbild markanten Gedenkort zu schaffen."

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Werner Wick, Pressesprecher beim Senator für Kultur, Tel.: (0421) 361-16173, E-Mail: werner.wick@kultur.bremen.de