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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Neue Chancen für Langzeitarbeitslose

Senatorin Anja Stahmann informiert sich vor Ort über Förderprojekt

20.11.2015
Senatorin Anja Stahmann, Renate Siegel, in der Sozialbehörde zuständig für BIWAQ  und Wabeq-Geschäftsführer Ernst Schütte
Senatorin Anja Stahmann, Renate Siegel, in der Sozialbehörde zuständig für BIWAQ und Wabeq-Geschäftsführer Ernst Schütte

Die berufliche Integration Langzeitarbeitsloser gilt als besonders langwierig und herausfordernd. Während viele arbeitsmarktpolitische Maßnahmen auf kurzfristige Schulungen und den schnellen Integrations-Erfolg ausgelegt sind, finanziert das Förderprogramm BIWAQ (Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier) Projekte, die sich um Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen kümmern. Aus dem Europäischen Sozialfonds stehen für BIWAQ bis zum Jahr 2020 bis zu 90 Millionen Euro bereit. Dazu kommen bis zu 65 Millionen Euro aus Bundesmitteln. Bremen kann mit insgesamt 1,8 Millionen Euro rechnen, 200.000 muss die Stadt selber aufbringen. Bundesministerin Barbara Hendricks wird am kommenden Dienstag (24. November 2015) in Berlin den offiziellen Startschuss für die Förderrunde 2015 bis 2018 geben. Anlass genug für Sozialsenatorin Anja Stahmann, sich die fünf Bremer Biwaq-Projekte vorstellen zu lassen, die im Laufe des Jahres 2015 gestartet sind.

Dazu gehört unter anderem der Kiosk am Deichschart am Werdersee in
Huckelriede. Wo im Sommer Eis verkauft wird und im Winter auch mal Glühwein, werden vorrangig Angebote zur Alphabetisierung und Grundbildung umgesetzt. "Der Arbeitsmarkt hat sich schon lange gewandelt", sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann. "Vor 30 oder 40 Jahren haben noch viele Ungelernte und Hilfsarbeitskräfte irgendwo einen Job gefunden, etwa in den Häfen oder auf Baustellen. Solche Arbeitsplätze gibt es heute so gut wie gar nicht mehr." Folglich sei die Arbeitslosigkeit für Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit Abstand am höchsten. "Und wer nicht lesen und schreiben kann, braucht auf eine feste Stelle gar nicht mehr zu hoffen."

Im Kiosk am Deichschart haben nun Bremerinnen und Bremer eine Beschäftigung gefunden, die ansonsten ohne Chance wären, und denen auch eine kurzfristige Schulung nicht helfen kann. Angestellt sind sie beim Beschäftigungsträger BRAS, der in dem Projekt auch Holz- und Metall–Spielzeuge herstellen lässt, die im Außenbereich des Kiosks genutzt werden können. "Das Projekt verbessert so einerseits die Qualifikation der Menschen, und gleichzeitig werten die Produkte ihrer Tätigkeit den Sozialraum auf", sagte die Senatorin. "In dieser Kombination funktionieren grundsätzlich alle Biwaq-Projekte."

In Hemelingen zum Beispiel befindet sich ein "Sozialkaufhaus" im Aufbau, mit einem Waren- und Dienstleistungsangebot aus gebrauchten Möbeln, Elektrogeräten und Haushaltswaren, einem Second-Hand-Laden und wohnortnahen Beratungsangeboten: Schuldner- und Arbeitslosenberatung, psychosoziale Beratung und Gesundheitsvorsorge. Flankiert wird das Ganze von einem Stadtteilcafé als sozialer Treffpunkt im Quartier – wo der Kaffee nicht ganz so viel kostet wie im Café. "Hier sollen vor allem Langzeitarbeitslose mit psychischen Belastungen einen Platz finden", sagte Senatorin Anja Stahmann. Von dem Sozialkaufhaus mit seinen Dienstleistungen erhoffe man sich gleichzeitig auch eine Belebung der Ladenzeile in der Hemelinger Mitte. Soziale Projekte und lokale Ökonomie können sich so gegenseitig stärken, so die Erwartung. Die Beschäftigten sammeln hier erste Arbeitserfahrungen, fast wie im Betriebspraktikum. Die Nähe zwischen geförderter Beschäftigung für Langzeitarbeitslose und lokaler Wirtschaft könnte Brücken bauen – für den einen oder anderen auch in den regulären Arbeitsmarkt. Beschäftigungsträger ist hier ein Verbund aus Pro Job (Verein für Innere Mission), Gröpelinger Recycling Initiative und Arbeiter Samariter Bund.

Handwerklich Begabte, vor allem EU-Zuwanderer, finden dagegen eher eine Stelle in Gröpelingen, wo der Beschäftigungsträger WabeQ Fachkräfte im Hochbau, Garten- und Landschaftsbau, Bauten- und Objektbeschichtung zu einem qualifizierten Berufsabschluss führt. "Hier geht es ganz gezielt um betriebliche, arbeitsweltnahe Praxiseinsätze und abschlussorientierte Qualifizierungsmaßnahmen", sagte die Senatorin. Mit verschiedenen Kooperationspartnern kann sogar geförderter Wohnraum entstehen, also sozialer Wohnungsbau, wie einst das Waller Dorf.

In Tenever richten sich die Qualifizierungsangebote im Mütterzentrum vor allem auf Zuwanderer und alleinerziehende Frauen, flankiert durch Kinderbetreuung. "Kinder sind die größte Bereicherung, die man sich im Leben vorstellen kann", sagte Senatorin Stahmann. "Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Kinder das größte Armutsrisiko sind, besonders für Alleinerziehende." So sei in Bremen jede zweite Alleinerziehende von Armut bedroht. "Es gibt keine Bevölkerungsgruppe mit einem so hohen Armutsrisiko." Darum seien Qualifizierungsmaßnahmen, die sich an den Bedürfnissen von Alleinerziehenden ausrichten, so wichtig. "Viele Alleinerziehende schaffen den Weg aus der Armut, wenn die Kinder größer sind und sich etwas freigeschwommen haben. Aber für die Mütter ist das mit ganz erheblichen Anstrengungen verbunden. Dabei können sie jede erdenkliche Unterstützung gebrauchen." Hauswirtschaft, Erzieherin, Altenhilfe, Einzelhandel und Transport/Logistik sind die Arbeitsfelder, die das Mütterzentrum anbietet, teils mit Berufsabschluss – zum Beispiel als LKW-Fahrerin. Vermittelt werden Berufspraktika bei den Gewerbetreibenden im Bremer Osten, geboten werden Kompetenzanalysen und Profiling, Bewerbungstrainings und Unterstützung bei der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit.

In Oslebshausen werden schließlich auf dem Gelände der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Blockland straffällig gewordene Langzeitarbeitslose stabilisiert, beschäftigt und qualifiziert. In den Berufsfeldern Garten- und Landschaftsbau, Tierhaltung und Imkerei gewinnen sie Erfahrungen und Orientierungen im Arbeitsprozess. Das Gelände wird aufgebaut und weiterentwickelt, es werden Gärten und Gewächshäuser angelegt und ein Veranstaltungsort für Bewohnerinnen der umliegenden Stadtteile ist geplant. Schulklassen und Kindergarten-Gruppen können die naturnahen Flächen mit seltenen Tierarten besuchen.

"Bremen hat einen hohen Sockel verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit in diesen benachteiligten Quartieren und Stadtteilen", sagte Senatorin Stahmann. Als Partnerprogramm des Städtebauförderprogramms "Soziale Stadt" setze BIWAQ gerade hier den Schwerpunkt: "BIWAQ verbessert mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds und vom Bund die Lebensperspektiven. Mit seiner Sozialraumorientierung zielt es auf Unterstützung jener Menschen, die am dringendsten darauf angewiesen sind."

Schon im Zeitraum 2008 bis 2015 wurden in zwei Förderrunden bundesweit bis zu 184 Millionen Euro für BIWAQ bereitgestellt, rund 124 Millionen Euro aus dem ESF und etwa 60 Millionen Euro Bundesmittel. Damit wurden mehr als 220 mehrjährige arbeitsmarktpolitische Projekte in etwa 200 Gebieten erreicht. Insgesamt gab es etwa 60.000 Teilnehmende, davon 43 Prozent mit Zuwanderungsgeschichte.

Foto: Pressereferat der Senatorin für Soziales