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Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Bremische Hafenvertretung seit 50 Jahren in Stuttgart

Jubiläumsrede von Geschäftsführer Detken in Leinfelden


17.05.2002

Die Stuttgarter Niederlassung der Bremischen Hafenvertretung (BHV) besteht jetzt seit 50 Jahren. Auf einer Jubiläums-Festveranstaltung in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen führte BHV-Geschäftsführer Helmut H. Detken gestern (16.5.2002) in seiner Rede vor zahlreichen Gästen unter anderem aus:


„Der VfB Stuttgart ist deutscher Fußballmeister, die bisher einzige Länderfusion in Deutschland, Baden-Württemberg nämlich, beginnt ihre beispiellose Erfolgsgeschichte, eine Koalition aus FDP, SPD und BHE wählt in Baden-Württemberg Reinhold Maier zum bisher einzigen FDP-Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Helgoland wird wieder deutsch, Bundespräsident Theodor Heuss erklärt die dritte Strophe des Deutschlandliedes, das übrigens Hoffmann von Fallersleben auf Helgoland verfasste, zur Nationalhymne, Albert Schweitzer erhält den Friedensnobelpreis, Bundeskanzler Konrad Adenauer unterzeichnet für die Bundesrepublik Deutschland den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft EVG, Eisenhower wird zum neuen US-amerikanischen Präsidenten gewählt, und – last but not least – das Bundesland Bremen eröffnet eine Repräsentanz für Baden-Württemberg in Stuttgart. Dieses, meine lieben Gäste, waren im Großen und Ganzen die Highlights des Jahres 1952, heute vor 50 Jahren.


Das für mich bedeutendste Ereignis des Jahres 1952, ohne die anderen Höhepunkte in ihrer Wertigkeit herabstufen zu wollen, war, verzeihen Sie mir, zweifellos die Gründung einer Bremer Niederlassung hier in der baden-württembergischen Metropole. Ich freue mich sehr, dass Sie, meine Damen und Herren, unserer Einladung zu diesem Jubiläumsempfang gefolgt sind, begrüße Sie sehr herzlich und heiße Sie im Namen der Bremer Delegation ebenso herzlich willkommen.


Die Beziehungen Bremens mit dem Südwesten Deutschlands, dem Königreich Württemberg und dem Großherzogtum Baden, liegen natürlich weiter zurück und datieren bereits aus vorindustriellen Zeiten. Damals waren die Exportschlager aus dieser Region noch nicht Fahrzeuge, Maschinen, noch nicht High-tech-Güter. Bremerhaven war vielmehr Auswandererhafen für viele Menschen aus dieser Umgebung, die aus materieller Not ihre Heimat verließen. Dabei wurde die Auswanderung der zig Millionen Badener und Württemberger über Bremerhaven durch eine wegweisende Auswandererschutzverordnung des Bremer Rates (Senats) stimuliert. Die Reeder wurden nämlich verpflichtet, die Auswandererschiffe mit Proviant zu versorgen, während über die westeuropäischen Häfen an Rhein und Schelde jeder selbst sein „Vesper“ für die Zeit der langen Schiffsreise mitbringen musste. In dieser Zeit wurden übrigens auch Konsulate des Königreiches Württemberg und des Großherzogtums Baden in Bremen eingerichtet. Diese historischen Reminiszenzen möchte ich noch dadurch ergänzen und abschließen, dass der Stuttgarter Dichter Wilhelm Hauff im September 1826 in einer feucht-fröhlichen Nacht seine Phantasien im Bremer Ratskeller schrieb und der Hauff-Saal im Bremer Ratskeller heute noch Erinnerungsreliefs des schwäbischen Dichters enthält. Ein Besuch lohnt sich!


Die Beziehungen zwischen Baden-Württemberg und Bremen, stellen sich dagegen in der Nachkriegszeit viel nüchterner dar – sie sind primär ökonomischer Prägung mit überaus erfreulichen Merkmalen. Zu dieser positiven Entwicklung hat zweifellos auch die Bremische Hafenvertretung in Stuttgart maßgeblich beigetragen. Ich möchte daher die Gelegenheit wahrnehmen, stellvertretend für alle bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stuttgarter Dependance die Niederlassungsleiter namentlich zu erwähnen und hervorzuheben. Es waren von 1952 bis 1957 Eberhard Dietrich Baron von Ascheberg, von 1957 bis 1969 Dieter Engels und von 1969 bis 1991 Hansgeorg Hüser. Und es ist seit 1991 nach wie vor Christoph Kernen mit seinen Kollegen Günther Pilzecker und Burkhard Reineke.


Nun sind nicht nur hier in Stuttgart, sondern an allen weiteren 10 Standorten unserer Organisation die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bremischen Hafenvertretung in der glücklichen Lage, Häfen zu vertreten, die modern, leistungs- und wettbewerbsfähig, vor allem aber innovativ sind. Die Bremischen Häfen gehören ja, wie Sie sicher wissen, schon immer zu den Vorreitern, wenn es darum geht, neue und innovative Logistikideen aufzugreifen und umzusetzen. Ich erinnere nur daran, dass die ersten Container in einem deutschen Seehafen im Jahre 1966 in Bremen abgefertigt wurden. Ich erinnere daran, dass das erste EDV-Hafeninformations- und Kommunikationssystem der Welt im Jahre 1973 zuerst in Bremen erfolgreich eingesetzt wurde. Und ich erinnere auch gern daran, dass mit dem Bremer Güterverkehrszentrum Mitte der achtziger Jahre ein noch heute in Europa vorbildliches GVZ-Modell realisiert worden ist.


Natürlich, haben wir trotz einiger struktureller und konjunktureller Wellentäler an diese Standortstärken und das erworbene Know-how angeknüpft, denn derjenige, der sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie bekanntlich an der falschen Stelle. So ist der Seehafen von heute, und das gilt primär für Bremen/Bremerhaven, nämlich nicht mehr nur reiner Umschlagsplatz nach dem Motto Kiste rein, Kiste raus oder auch Container rein, Container raus, sondern der Seehafen von heute wird immer mehr Spezialanbieter in den Bereichen Transport, Lagerung und Distribution und hat dabei als Dienstleister die Planung, Organisation und Überwachung durchgängiger Transportketten sowie den gesamten Informationsfluss im weltweiten Datenaustausch zu steuern. Heute lauten die Stichworte: Outsourcing, Komplettdienstleister, Systemführer, Logistikprovider.


Und diese vielschichtigen, globalen Anforderungen verlangen einfach Kooperationen. Es geht nämlich zunehmend darum, Organisation und Steuerung interkontinentaler Transportketten einschließlich der gesamten Kommunikation praktisch aus einer Hand anbieten zu können. „One face to the customer“ oder „one stop shopping“ heisst die Devise.


Und weil ein Hafen mit seiner Infrastruktur weitgehend standortgebunden und sein Gewerbe vorwiegend mittelständisch strukturiert ist, wird diese „one face to the customer“-Funktion, wie gesagt, mit strategischen Allianzen, Kooperationen und Beteiligungen wahrgenommen. Diese logistischen Dienstleistungen sind inzwischen ein wichtiger Bereich im Seehafengeschäft geworden. Entwickelt haben sie sich aus dem traditionellen Hafengeschäft heraus. Heute stellen diese Angebote eine sinnvolle Ergänzung des ursprünglichen Hafengeschäftes dar und vervollständigen das ganzheitliche Logistikzentrum Bremen.


Eine Sternstunde im wahrsten Sinne des Wortes war in diesem Zusammenhang für die Bremischen Häfen eine Vereinbarung mit einem bekannten schwäbischen Automobilhersteller, der übrigens in Bremen mit seinem zweitgrößten PKW-Werk beheimatet und immerhin der größte privatwirtschaftliche Arbeitgeber in unserem Stadtstaat ist, über eine Zusammenarbeit über die komplette logistische Versorgung seiner überseeischen Montagewerke.


Derart umfassende und individualisierte Leistungspakete gelten auf den Transportmärkten als sehr anspruchsvoll. Entsprechend aufwendig ist auch die Realisierung, die nur gemeinsam mit kompetenten Partnern erfolgen kann. Wer aber eine solche zuverlässige und logistisch absolut zeitgenaue Versorgung dieser überseeischen Montagewerke inklusiv aller Kommunikationsabläufe sicherstellen kann, der ist seiner Seehafenkonkurrenz um Nasenlängen voraus.


Kooperationen gibt es nicht nur innerhalb der norddeutschen Hafenstandorte. Wir meinen vielmehr, dass auch Kooperationen überregional auf norddeutscher Hafenebene der geeignete Weg sind, der Konkurrenz in den Westhäfen effektiv zu begegnen. Die Fusion von BLG Container GmbH & Co. (Bremen) und Eurokai (Hamburg) zu EUROGATE, dem damit größten europäischen Terminaloperator und der Nr. 3 in der Welt, bietet ein gelungenes Beispiel für eine standortübergreifende Zusammenarbeit im Hafenbereich und zeigt, dass sich auch die Hafenwelt gewaltig verändert hat. Mit diesem Zusammenschluss ist es möglich, den Kunden Dienstleistungen in beiden deutschen Containerhäfen aus einer Hand anzubieten. Einbezogen in diese Allianz sind auch Terminals in Gioia Tauro, La Spezia und Lissabon.


Für uns Bremer macht es jedenfalls auch künftig Sinn auszuloten, wo sich Aktivitäten bündeln und neue logistische Angebote gemeinsam entwickeln lassen. Das gilt zum Beispiel auch für die beschlossene Zusammenarbeit mit Wilhelmshaven!


Wir sehen gute Chancen im Bau des Jade-Weser-Ports, eines großdimensionierten Containerhafens geographisch gegenüber von Bremerhaven an der Jade gelegen, bei dem die Bremischen Häfen mit im Boot sitzen. Der einzige Tiefwasserhafen in Deutschland stellt ein erhebliches Entwicklungspotenzial dar, das für Bremen von großem Interesse ist und das auch von Hamburg hätte genutzt werden können. Aber leider trägt der neue Hamburger Senat die Vereinbarung über dieses norddeutsche Zukunftsprojekt für die nächsten 30 bis 50 Jahre, das der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel, der damalige Hamburger Bürgermeister Ortwin Runde und der Bremer Bürgermeister Dr. Henning Scherf am 30. März des vergangenen Jahres beschlossen haben, nicht weiter mit. Diese Entscheidung des Hamburger Senats ist auf der einen Seite sehr bedauerlich, weil damit die politische Geschlossenheit der deutschen Küstenländer torpediert wird und Hamburg zweifellos eine historische Chance vergibt.


Andererseits ist der nach vielem Hin und Her nun endlich vorliegende Beschluss zu begrüßen, weil die Jade-Weser-Port-Entwicklungsgesellschaft mit Bremen als maritimem Know-how-Träger und Niedersachsen als Standort ohne Rücksicht auf Hamburger Interessen und Verzögerungstaktiken zügig an der weiteren Verwirklichung dieses unverzichtbaren maritimen Megaprojektes an der deutschen Küste arbeiten und wirklich interessierte andere Partner mit ins Boot nehmen kann. Ich warne allerdings vor den aggressiv expandierenden Fernost-Unternehmen, wie Hutchison, Whampoa, Hongkong, oder der Port of Singapore Authority. Fest steht jedenfalls: Der Tiefwasserhafen kommt, so oder so. Und dann haben wir im Wettbewerb der europäischen und auch der deutschen Häfen mit dem Jade-Weser-Port einen Joker im Ärmel. Schade nur, dass der Traum von norddeutscher Gemeinsamkeit in der Hafenwirtschaft, vom Kräftebündeln gegen die Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen durch die Fehlentscheidung des Hamburger Senats jäh geplatzt ist.


Die Bremische Hafenvertretung in Stuttgart und viele Unternehmen der bremischen Hafenwirtschaft haben maßgeblich und erfolgreich dazu beigetragen, dass die menschlichen und geschäftlichen Verbindungen zu unseren Kunden und Partnern in Baden-Württemberg gehegt und gepflegt werden. Aber auch im Zu- und Ablaufverkehr unserer Häfen sind auf der Straße und insbesondere auf der Schiene leistungsfähige infrastrukturelle Verbindungen geschaffen worden, die für Sie und uns zur Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar sind. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Albatross-Express-Angebote zu diversen deutschen und europäischen Hubs, auch und gerade hier in Baden-Württemberg. Aber das reichte uns noch nicht aus, um der Konkurrenz primär im Westen Paroli zu bieten. Eurogate hat daher das Container-Blockzugsystem „boxXpress“ etabliert, das mit täglich verkehrenden Containerzügen und einer Transportkapazität von 125.000 TEU die Häfen Bremerhaven und Hamburg mit den Wirtschaftszentren München, Nürnberg und Stuttgart verbindet. Das jüngste Kind in der Verbindung zwischen Bremen und Süddeutschland heißt „Necoss“ (Neutral Container Shuttle System), das seit kurzem als täglich verkehrender privater Container- und Wechselbrückenzug von Bremen-Roland aus die Terminals Germersheim, Schweinfurth und Kornwestheim bedient.


Sie sehen daran: Wir kommen uns immer näher, was auch das Motto des heutigen Abends sein sollte. Ich danke Ihnen im Namen der Bremer Hafenwirtschaft für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit in all den Jahren, die wir in diesem Geiste und zum Wohle beider Seiten fortsetzen wollen. Mehr als 800.000 t hochwertigste baden-württembergische Im- und Exportladung pro Jahr sind ja kein Pappenstiel und machen uns stolz. Die bremische Hafenwirtschaft wird Ihnen auch künftig ein leistungsfähiger, effizienter, verlässlicher und sympathischer Partner sein.


Ich möchte zum Schluss „das Cleverle“, Ihren ehemaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth und künftigen Bundeswirtschaftsminister (Fragezeichen) erwähnen, der vor vielen Jahren auf einem Bremen-Abend im Neuen Schloss hier in Stuttgart seine Ausführungen mit einem Wort des Dichters Joachim Ringelnatz schloss, das der an den Anfang eines Gedichtes über Bremen gestellt hat:


Ringelnatz dichtete über Bremen wie folgt:“ Hier gelt ich nix, und würde gern was gelten, denn diese Stadt ist echt, und echt ist selten!“


Ich wünsche Ihnen einen interessanten Abend mit informativen Gesprächen und nachhaltigen Eindrücken. „Danke schön“ für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld“.