Rechtliche Prüfung der Dienstanweisung soll Klarheit schaffen
13.02.2015In der Debatte um die Herausgabe von Akten an die Staatsanwaltschaft will das Sozialressort seine Handlungsanweisungen für das Jugendamt einer rechtlichen Prüfung unterziehen. Ziel ist es, einerseits die Interessen der Behörde zum Schutz des Kindeswohles zu wahren, und gleichzeitig die Belange der Strafverfolgungsbehörden in Ermittlungen angemessen zu berücksichtigen.
"Maßgabe allen Handelns in der Kinder- und Jugendhilfe ist die Sicherung des Kindeswohls", sagte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen. Die Behörde gehe jedem Missbrauchsverdacht unverzüglich nach und leite alle erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Kindeswohls ein. Dass sei auch im aktuell diskutierten Fall verantwortungsvoll geschehen. Eine Kindeswohlgefährdung habe zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens festgestellt werden können. Auch die Staatsanwaltschaft habe keine gegenteiligen Erkenntnisse mitgeteilt.
"Für die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden legt das Sozialgesetzbuch strenge Maßstäbe an, die dem Schutz der Familien dienen", so die Senatorin. Und weiter: "Diese Vorschriften dürfen aber nicht so ausgelegt werden, dass sie dem berechtigten Interesse der Staatsanwaltschaft zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch entgegenstehen."
Nach dem Sozialgesetzbuch dürfen die Sozialbehörden, also auch die Jugendämter, ihre Erkenntnisse nur auf Beschluss eines unabhängigen Richters an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben. Deshalb komme es bundesweit immer wieder zu Konflikten mit Polizei und Staatsanwaltschaft, wie zahlreiche Kommentare und Rechtgutachten zu genau dieser Frage belegten. Stahmann: "In den Jugendämtern wird jeder Einzelfall sorgfältig geprüft." Vielfach würden die angeforderten Auskünfte erteilt. In rechtlich begründeten Einzelfällen müssten sie aber auch verweigert werden.
Die daraus entstehenden Konflikte will Senatorin Stahmann nun in Zusammenarbeit mit dem Justizressort grundsätzlich klären. Anhand des aktuellen Falles werde die Fachliche Weisung mit der Bezeichnung "Umgang mit Verdacht auf innerfamiliäre sexuelle Gewalt" auf den Prüfstand gestellt. Gemeinsam mit dem Justizressort werde im Rahmen einer rechtlichen Prüfung geklärt, ob und inwiefern Änderungsbedarf besteht.
Die Vorwürfe aus dem politischen Raum weist die Sozialbehörde zurück. Der Umgang mit Fällen der Kindeswohlgefährdung habe sich seit dem Fall Kevin grundlegend verbessert. Die Umstände des aktuellen Falles werden jetzt detailliert aufbereitet und unter Wahrung der Anonymität auf einer Sondersitzung der Deputation für Soziales, Kinder und Jugend in der kommenden Woche dargelegt.