17.09.1999
Senator fordert beim 35. Bremer Kapitänstag Anpassungen
bei Schifffahrtsförderung – Plädoyer für eine verstärkte
Kooperation der Häfen und Hafenunternehmen
Die nationale Schifffahrtspolitik muss nach den Worten von Wirtschafts- und Häfensenator Josef Hattig darauf reagieren, "dass es die deutschen Reeder immer noch für erforderlich halten, den massiven Kostendruck verstärkt damit aufzufangen, ihre Schiffe in ausländischen Registern anzumelden". Beim 35. Kapitänstag in der Hansestadt sagte Hattig am Freitag (17.9.99): "Der Norden muss sich gemeinsam dafür stark machen, dass das Schifffahrtskonzept – das in der Tendenz den richtigen Weg weist – weiterentwickelt wird." Der Senator wies darauf hin, dass die Zahl der Schiffe unter deutscher Flagge im ersten Halbjahr 1999 wieder zurückgegangen sei. Deshalb brauche die deutsche Seeschifffahrt eine nationale Förderung, die der in den Nachbarländern – speziell in den Niederlanden – vollständig angeglichen werden müsse.
Hattig: "1998 nahm die Zahl der unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe immerhin um 75 Einheiten zu. Dieser erfreuliche Trend muss wesentlich darauf zurückgeführt werden, dass die Zahl der von deutschen Reedern übernommenen Schiffsneubauten im vergangenen Jahr stark gestiegen ist."
Bedauerlicherweise habe sich die Stabilisierung der Flotte unter deutscher Flagge im ersten Halbjahr 1999 nicht fortgesetzt, sagte der Senator. "In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es einen Verlust von 77 Einheiten." Unter deutscher Flagge fuhren nach Angaben Hattigs Ende Juni 1999 nur noch 770 Handelsschiffe. Zu Beginn des Jahres hatten die Statistiker noch 847 Einheiten gezählt.
Dieser Rückgang zeige, dass die Förderung der Branche den in den Nachbarländern geltenden Standards konsequent angeglichen werden müsse. Wenn dies gelinge, gebe es gute Chancen, dass die mit dem Konzept angestrebten Ziele schon bald erreicht werden könnten, meinte Hattig.
Der Senator ging auch auf die aktuelle Beschäftigungssituation der deutschen Seeleute ein: "Hier hat sich die Lage deutlich entspannt. Der Arbeitsmarkt für Seeleute ist nahezu ausgeglichen." Im Bereich der Schiffsoffiziere bestehe sogar ein kaum zu deckender Personalbedarf.
Schwierigkeiten sieht der Bremer Senator dagegen, wenn es gelte, Reedereibetrieben und Flotte einen ausreichenden und angemessen qualifizierten seemännischen Nachwuchs zu sichern. Hier zeichne sich mittelfristig ein Mangel an Seeleuten ab. Hattig: "Die Altersstruktur der aktiven Besatzungsmitglieder nährt die Befürchtung, dass ausscheidene Mitarbeiter in Zukunft nicht vollständig ersetzt werden können – ein Problem, vor dem auch andere Schifffahrtsnationen stehen."
Hattig sprach sich für verstärkte Anstrengungen aus, um junge Leute stärker als bisher für die Seefahrt zu interessieren und qualifiziert auszubilden: "Deshalb", so der Senator, "haben die Küstenländer beschlossen, gemeinsam mit dem Bund, den Tarifpartnern in der Seeschifffahrt und weiteren Institutionen eine Ausbildungsoffensive zu starten." Ausbildung tue not, damit das Förderkonzept für die nationale Schifffahrt nicht in wenigen Jahren durch fehlenden Nachwuchs in Frage gestellt werde.
Bremens hafenpolitische Philosophie: Investieren und kooperieren
Senator Hattig ging auch auf die aktuelle Diskussion über Kooperationen im Hafenbereich ein. Bremen verfolge eine klare hafenpolitische Philosophie. "Unser Motto lautet: Investieren und kooperieren."
Zum Beispiel werde man weiter bedarfsgerecht und zügig in den Ausbau der Container-Umschlagsanlagen in Bremerhaven investieren, um den Anforderungen der Reeder an einen schnellen und leistungsfähigen Umschlag auch in Zukunft gerecht zu werden. "Das Projekt Container-Terminal III a, die Erweiterung der Bremerhavener Stromkaje um einen Liegeplatz für Grosscontainerschiffe, ist beschlossene Sache und wird im Jahre 2003 an den Betreiber übergeben. Und auch Terminal IV, die nördliche Verlängerung um zwei zusätzliche Liegeplätze, ist für den Bremer Senat und die ihn tragenden Parteien ein notwendiger, weil unverzichtbarer Beitrag, um die Verkehrsmengen von morgen wirksam zu kanalisieren."
Hattig: "Investitionen in die eigene Hafenzukunft schließen sinnvolle Kooperationen unter Nachbarn nicht aus." Denn die Konkurrenz liege nicht vor der Haustür, sondern im Ausland: "Unsere Mitbewerber sind Rotterdam und Antwerpen – ihnen muss nach Kräften Paroli geboten werden. Bis heute sind speziell die Niederländer nicht bereit, ihre transportökonomisch wie ökologisch fragwürdigen Main-Port-Träume aufzugeben und einer fairen, nicht von wettbewerbsverzerrenden Subventionen belasteten europäischen
Hafenkonkurrenz eine Chance zu geben. Umso ernster muss es uns in Deutschland damit sein, gemeinsame Hafen- und Logistikstärken herauszuarbeiten und dem Wettbewerbsdruck der Rheinmündungshäfen über intelligente Kooperationen – auch und vor allem auf unternehmischer Ebene – angemessen zu begegnen."
In Bremen sei man "unbescheiden genug, beim Thema Hafenkooperation eine Schrittmacherfunktion in Anspruch zu nehmen." Zum Beispiel sei die Fusion von Eurokai und BLG Container GmbH & Co. zum neuen Unternehmen Eurogate "ein absolut gelungenes Beispiel für eine sinnvolle, die Interessen beider Partner berücksichtigende Kooperation von Hafenstandorten." Der Zusammenschluss nutze beiden Hansestädten, weil die daraus resultierenden Synergieeffekte zwangsläufig zu einer Belebung des Geschäfts an beiden Standorten führen würden, sagte der Senator.