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Bremen will Patientenbrücke nach Norwegen bauen

15.10.2002

Im Rahmen der Globalisierung wird die Welt auch für kranke Menschen kleiner

Es könnte etwas werden mit einer Kooperation zwischen Norwegen und Bremen in Sachen Krankenhausbehandlung. Diese optimistische Auffassung vertrat am Dienstag, 15. Oktober, Jürgen Scholz vor Journalisten. Der Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft hatte zuvor einer achtköpfigen Delegation aus Norwegen an zwei Tagen das bremische Krankenhauswesen vorgestellt. Und zwar vor Ort. Die Gäste, vornehmlich Ärzte verschiedener Fachdisziplinen, konnten sich in den Zentralkrankenhäusern St.-Jürgen-Straße, Ost und Links der Weser sowie im Diako und im Rote-Kreuz-Krankenhaus ein eigenes Bild von der Qualität der medizinischen Versorgung in der Hansestadt machen.


Hintergrund der geplanten Patientenbrücke zwischen Bremen und dem skandinavischen Land ist ein Dilemma, das Norwegen mit Staaten wie England, den Niederlanden und Saudi Arabien teilt: Sie haben viele Patienten, die auf eine so genannte elektive – also planbare – Operation warten, doch die Kapazität im eigenen Land reicht nicht aus, um den Eingriff nach angemessener Wartezeit durchführen zu können. Nach Angaben von Jan Ove Nesse, der als Projektleiter für die medizinische Behandlung beim norwegischen Reichsversicherungswerk arbeitet, wurden im vergangenen Jahr etwa 4500 Patienten außerhalb Norwegens behandelt. Für mehr als doppelt so viele hatte das Reichsversicherungsamt Gelder zur Verfügung gestellt. Insgesamt eine Milliarde Kronen (rund 140 Millionen Euro) habe das Budget für die Behandlung im Ausland betragen.


Dass der Finanzrahmen nicht voll ausgeschöpft worden ist, liegt zum größten Teil an der Zurückhaltung der behandelnden Ärzte in Norwegen. Obgleich derzeit etwa 250.000 Patienten auf der Warteliste stehen, ist die Überweisung außerhalb der Landesgrenzen eher spärlich. Nesse führt die Skepsis der norwegischen Ärzte unter anderem darauf zurück, dass sie die Behandlungsqualität und die medizinische Infrastruktur im Ausland schlecht einschätzen könnten. Aus diesem Grund sei der Besuch in Bremen so wichtig. Hier hätten norwegische Mediziner unmittelbar die Gelegenheit, sich über die Gegebenheiten in den Kliniken, über verschiedene Verfahren und Standards auszutauschen. „Das schafft Vertrauen auf beiden Seiten“, ist sich auch Jürgen Scholz sicher.


Der Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft startete im vergangenen Jahr eine Initiative in Richtung Norwegen. Er hatte von der Bereitschaft der norwegischen Regierung, Patienten im Ausland behandeln zu lassen, gehört und knüpfte über die bremische Hafenvertretung erste Kontakte. Im November 2001 fuhr unter seiner Leitung eine bremische Delegation von Krankenhausspezialisten nach Oslo. Die Bremer stellten ihr Konzept zur Behandlung von norwegischen Patienten in bremischen Krankenhäusern vor und stießen Auf Interesse. Scholz: ,,Wir konnten bereits in Oslo, aber auch jetzt während der Gegenbesuchs deutlich machen, dass die 15 Krankenhäuser in Bremen und Bremerhaven ideale Voraussetzungen für die Behandlung norwegischer Patienten bieten. Unser medizinischer Standard ist außerordentlich hoch und es gibt in unserem Bundesland kurze Wege, die eine effektive Organisation und Planung für die Patienten ermöglichen.“


Angedacht ist von Bremer Seite ein Full-Service-Angebot für norwegische Patienten. Ein Koordinierungsbüro würde im Vorfeld alle notwendigen Abstimmungen mit den norwegischen Ärzten vornehmen, die Patienten in Bremen in Empfang nehmen und in die entsprechende Klinik bringen beziehungsweise nach erfolgter Behandlung die Rückreise organisieren. Bei anstehenden Fragen oder Problemen wäre das Büro kompetenter Ansprechpartner.


Scholz ist sich sicher, dass eine Patientenbrücke dieser Art für beide Seiten gewinnbringend ist. Nicht zuletzt deshalb erwartet er in Kürze eine positive Entscheidung aus Norwegen, die sich in einem entsprechenden Kooperationsvertrag niederschlagen würde.