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Pop-Musiker eröffnet Avantgardefilm-Festival in Bremen

13.09.2002

Dem Bremer KommunalKino 46 ist es gelungen, das Avantgardefilm-Festival "shoot shoot shoot" während seiner Welttournee nach Bremen zu holen. Nach London und Paris ist die Hansestadt vom 24. bis 29. September Station des britischen Filmfestivals, bevor es weiter nach New York und Tokio geht. Vom 24. - 29. September zeigen Kino 46 und die Hochschule für Künste Bremen (HfK) 55 ausgewählte Filme aus der Hochzeit der Londoner Avantgardefilm-Szene zwischen 1966 und 1976.
Zusammengestellt wurde das Programm von Mark Webber, dem Gitarristen der Popgruppe "Pulp". Er war zuvor als Film-Kurator für das Whitney Museum in New York und das Tate Modern in London tätig ("The Films of Andy Warhol") und wird das Festival am Dienstag, 24. September, persönlich eröffnen.


Zwischen Filmaufführung und Kunstperformance
Mit einem "Expanded Cinema"-Programm, einer Gratwanderung zwischen Filmexperiment und Performanceveranstaltung, beginnt das Festival um 20.30 Uhr in der Galerie der HfK (Dechanatstraße). Die Vertreter dieses außergewöhnlichen Genres heben die gewohnte Vorführsituation auf: mehrere Projektoren wechseln sich rhythmisch ab, werfen synchron Bilder auf verschiedene (Lein-)Wände oder projezieren auf künstlichen Nebel.


Das Festival
Die acht Vorführungsblöcke fassen die erste Dekade der Londoner Film-Makers' Cooperative zusammen, die mit ihrer Gründung 1966 zum dynamischen Zentrum der britischen Filmavantgarde wurde. Nach amerikanischem Vorbild verband die LFMCo-Op Produktion, Vorführung und Vertrieb von experimenteller Filmkunst und brachte das bis dahin im "underground" blühende unabhängige Filmschaffen an die Öffentlichkeit. Viele der Schlüsselfiguren jener Zeit wie Peter Gidal, Malcolm LeGrice oder John Smith(dem die Oberhausener Kurzfilmtage in diesem Jahr eine Retrospektive widmeten) erlangten internationales Renommee. Andere verschwanden im Grenzland von Film und Performancekunst.
Das Festival "shoot shoot shoot" erweckt die Arbeiten (und die damalige Zeit) zu neuem Leben. Wir danken dem British Council und dem LUX Centre London für die Unterstützung.

zur Person Mark Webber
Mark Webber ist seit 1995 als Gitarrist der Popgruppe "Pulp" bekannt. Er arbeitet als freiberuflicher Film-Kurator und Autor. 1998 präsentierte er mit "Underground America" die größte Sammelvorführung experimenteller Filme aus Amerika, die jemals in Großbritannien gezeigt wurde. 1999 stellte er als Gastkurator für das Whitney Museum in New York die Reihe "The American Century Part 2: 1950-2000" zusammen. Erst kürzlich kuratierte er "The Films of Andy Warhol" für das Tate Modern in London.


zum Projekt
Mit Unterstützung von Gregory Kurcewicz und Ben Cook vom LUX Centre in London sichtete Mark Webber die alten Filme in den Archiven der "London Filmmakers Coop", sprach mit den Filmemachern, traf eine Auswahl und ließ von den stark restaurierungsbedürftigen Filmen neue Kopien anfertigen. Das retrospektive Festival verfolgt damit neben der Neubewertung einer Avantgardefilmepoche auch archivarische Zwecke. Das Projekt wurde finanziell unterstützt vom Arts Council of England, dem British Council, dem British Film Institute, der Esmée Fairburn Foundation und dem LUX Centre. Zwischen der Eröffnung im May 2002 und April 2004 tourt das Festival weltweit mit Aufführungen in Australien, Südamerika, Europa, USA und Japan.


zum Material
Eine Programmübersicht findet sich anliegend.
Aus Gründen der engen Terminierungen können Filme erst ab Mo., 24. 9. ab ca. 13.00 h gesehen werden. Die Expanded Show und die Double Screen Projection (25. u. 26.9. in der HfK) sind wegen des hohen technischen Aufwandes nicht vorab zu besichtigen. Um einen groben Eindruck des Gesamtprogramms zu bekommen, gibt es ein Ansichts-Video mit Kurzausschnitten. Photomaterial zu den Filmen liegt digital vor, ebenso ausführlicheres Textmaterial.


Programmübersicht


in der Galerie der Hochschule für Künste, Dechanatstr. 13 - 15, 28195 Bremen:


Di. 24.9. 20.30 "Expanded Cinema"
Die Filmemacher attackierten die Leinwand und das Kino. Sie hinterfragten die Rolle des Zuschauers und begannen, den Lichtstrahl selbst, sein Volumen und seine Präsenz im Raum zu untersuchen.
Malcolm Le Grice, Castle One, 1966, b/w, sound, 20m (1 screen & light bulb)
William Raban, Take Measure, 1973, colour, silent, (X)m
(1 screen performance determined by length of room)
William Raban, Diagonal, 1973, colour, sound, 6m (3 screen)
Gill Eatherley, Hand Grenade, 1971, colour, sound, 8m (3 screen)
Lis Rhodes, Light Music, 1975-77, b/w, sound, c .20m (2 facing projectors)
Anthony McCall, Line Describing A Cone, 1973, b/w, silent, 30m (1 projector & smoke)


Mi. 25.9. 20.30 "Double Screen Films"
Die Erweiterung des visuellen Feldes steigerte die Möglichkeiten zur Kontemplation oder zum Spektakel. Mit zwei Projektoren konnte Zeit komplexer eingefroren oder aufgebrochen werden.
Indem ein Bild neben das andere gestellt wurde, entstand ein magischer Raum zwischen ihnen.
William Raban & Chris Welsby, River Yar, 1971-72, colour, sound, 35m (2 screen)
Sally Potter, Play, 1971, b/w & colour, silent, 7m (2 screen)
David Parsons, Mechanical Ballet, 1975, b/w, silent, 10m (2 screen)
Chris Welsby, Wind Vane, 1972, colour, sound, 8m (2 screen)
David Crosswaite, Choke, 1971, b/w & colour, sound, 5m (2 screen)
Malcolm Le Grice, Castle Two, 1968, b/w, sound, 32m (2 screen)


im Kino 46, Waller Heerstr. 46, 28217 Bremen:


Fr. 27.9. 20.30 "Intervention & Processing"
Das Labor war integraler Bestandteil der LFMC und ermöglichte fast unbegrenzten Eingriff in den Kopier- und Entwicklungsprozess. Die Künstler waren frei, direkt mit dem Material zu experimentieren.
Annabel Nicolson, Slides, 1970, colour, silent, 12m (18fps)
Fred Drummond, Shower Proof, 1968, b/w, silent, 10m (18fps)
Guy Sherwin, At The Academy, 1974, b/w, sound, 5m
David Crosswaite, The Man With The Movie Camera, 1973, b/w, silent, 8m
Mike Dunford, Silver Surfer, 1972, b/w, sound, 15m
Jenny Okun, Still Life, 1976, colour, silent, 6m
Lis Rhodes, Dresden Dynamo, 1971, colour, sound, 5m
Chris Garratt, Versailles I & II, 1976, b/w, sound, 11m
Roger Hewins, Windowframe, 1976, colour, sound, 6m


Fr. 27.9. 22.30 "London Underground"
Als die Ausrüstungen billiger wurden, began der Avantgardefilm in der Gegenkultur Mitte

der 60er aufzublühen und das "Swinging London" mit einem subversiven Touch zu versehen.
Antony Balch, Towers Open Fire, 1963, b/w, sound, 16m
Jonathan Langran, Gloucester Road Groove, 1968, b/w, silent, 2m
Jeff Keen, Marvo Movie, 1967, colour, sound, 5m
John Latham, Speak, 1962, colour, sound, 11m
Stephen Dwoskin, Dirty, 1965-67, b/w, sound, 10m
Stuart Pound, Clocktime Trailer, 1972, colour, sound, 7m
Simon Hartog, Soul In A White Room, 1968, colour, sound, 3.5m
Peter Gidal, Hall, 1968-69, b/w, sound, 10m
Malcolm Le Grice, Reign Of The Vampire, 1970, b/w, sound, 11m


Sa. 28.9. 20.30 "Diversifications"
Von der Erforschung des filmischen Prozesses bis hin zu ganz persönlichen Montagen waren die Arbeiten sinnlich und spielerisch. Die Coop als Gruppe widerstand jeglichen Kategorisierungen.
Annabel Nicolson, Shapes, 1970, colour, silent, 7m (18fps)
Marilyn Halford, Footsteps, 1974, b/w, sound, 6m
Malcolm Le Grice, Talla, 1968, b/w, silent, 20m
Jeff Keen, White Lite, 1968, b/w, silent, 2.5m
Anne Rees-Mogg, Muybridge Film, 1975, b/w, silent, 5m
Stephen Dwoskin, Moment, 1968, colour, sound, 12m
Chris Welsby, Windmill II, 1973, colour, sound, 10m
John Smith, The Girl Chewing Gum, 1976, b/w, sound, 12m
Ian Kerr, Persisting, 1975, colour, sound, 10m


Sa. 28.9. 22.30 "The Epic Flight"
Eine ausgedehnte persönliche Odyssee wird zur Abhandlung über die Erfahrung des Sehens, erforscht neue Möglichkeiten der Wahrnehmung und des Erzählens.
David Larcher, Mare’s Tail, 1968, colour, sound, 143m


So. 29.9. 18.30 "Structural/Materialist
Die Untersuchung des Materials Film war wesentliches Merkmal der Coop-Produktionen und wurde von ihren Haupttheoretikern grundlegend diskutiert.
Roger Hammond, Window Box, 1971, b/w, silent, 3m (18fps)
Mike Leggett, Shepherd’s Bush, 1971, b/w, sound, 15m
David Crosswaite, Film No. 1, 1971, colour, sound, 10m
Mike Dunford, Tautology, 1973, b/w, silent, 5m
Peter Gidal, Key, 1968, colour, sound, 10m
John Du Cane, Zoom Lapse, 1975, colour, silent, 15m
Malcolm Le Grice, Little Dog For Roger, 1967, b/w, sound, 13m
Gill Eatherley, Deck, 1971, colour, sound, 13m


So. 29.9. 20.30 "Location: Duration"
Film ist ein einzigartiges Werkzeug für die Erforschung von Zeit und Raum.
John Smith, Leading Light, 1975, colour, sound, 11m
Peter Gidal, Focus, 1971, b/w, sound, 7m
Ian Breakwell & Mike Leggett, Sheet, 1970, b/w, sound, 21m
Malcolm Le Grice, Whitchurch Down (Duration), 1972, colour, sound, 8m
Chris Welsby, Fforest Bay II, 1973, colour, silent, 5m
William Raban, Broadwalk, 1972, colour, sound, 12m
David Hall, Phased Time2, 1974, colour, sound, 15m


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