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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Der Senator für Justiz und Verfassung erinnert an Emil Sonnemann

12.03.2013

Im März 1933, kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wurde der damalige Leiter des Gefängnisses in Oslebshausen, Emil Sonnemann, auf deren Betreiben in den Ruhestand versetzt. Neuer Anstaltsleiter wurde der Bremer SA-Führer und nationalsozialistische Bürgerschaftsabgeordnete Werner Wegener.

Zum 80. Jahrestag der Absetzung des Anstaltsleiters und der damit verbundenen Übernahme des Justizvollzuges durch die Nationalsozialisten erinnert der Senator für Justiz und Verfassung an Emil Sonnemann.

"Im März 1933 übernahmen die Nazis in Bremen zahlreiche wichtige Positionen und zwangen damit zentrale staatliche und gesellschaftliche Bereiche unter ihre Kontrolle, so eben auch den Justizvollzug. Mit Emil Sonnemann wurde ein früher Vertreter des humanen Strafvollzuges von den Nazis abgesetzt, der sich einen Namen als Reformer und Befürworter eines auf Resozialisierung ausgerichteten Strafvollzuges gemacht hatte.", erklärt der Senator für Justiz und Verfassung Martin Günthner.

Sonnemann war seit dem 1. November 1919 Anstaltsleiter. Von 1896 bis 1898 war er dort bereits Hauslehrer gewesen, er verließ die Anstalt aber nach Auseinandersetzungen mit dem damaligen Anstaltsleiter. Eine anschließende Tätigkeit als Volksschullehrer musste er wegen Mitgliedschaft im sozialdemokratischen Lehrerverein und nach einem Disziplinarverfahren wegen "politischer Agitation" im Jahr 1913 aufgeben.

Ab 1913 schrieb Sonnemann für die "Bremer Bürgerzeitung", das Presseorgan der Sozialdemokratischen Partei in Bremen. 1916 wurde er Chefredakteur. Während der Bremer Räterepublik wurde er aber Ende 1918 zusammen mit weiteren gemäßigten Redakteuren bei Übernahme der Zeitung durch radikalere Gruppen entlassen.

Später war er Archivar der Bremischen Bürgerschaft. Bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Bremer Nationalversammlung am 9. März 1919 gehörte er zu den Kandidaten der Mehrheits-SPD.

Mit der Weimarer Republik begannen im Strafvollzug zunehmend Reformen, die der auf Vergeltung und Abschreckung zielenden Strafe einen individualisierten und am Gedanken der Resozialisierung orientierten Strafvollzug entgegensetzten. Diese Entwicklungen wurden von Emil Sonnemann auch in Bremen unterstützt und umgesetzt. In seiner Amtszeit wurde zum Beispiel die Möglichkeit des Hafturlaubs bei guter Führung geschaffen. Auch die erstmalige Bildung eines Gefangenbeirates fiel in diesen Zeitraum. Ferner reformierte Sonnemann den gesamten Arbeitsbetrieb in der Vollzugsanstalt. Unter dem Leitmotiv "Arbeit als Erziehung" wurden Werkbetriebe geschaffen, die Küche und die Bäckerei erbaut und die Gefangenen erstmal für sinnvolle und wirtschaftlich ergiebige Arbeit eingesetzt.

"Durch die Teilnahme einem echten Arbeitsprozess sollten die Gefangenen auf ein straffreies Leben nach der Haft vorbereitet werden. Der Erziehungs- und Besserungsgedanke hat hier erstmals umfassend Einzug in den Strafvollzug gefunden." beschreibt der Justizsenator diese Reformbemühungen von Emil Sonnemann.

Die von den Nationalsozialisten vertretene Auffassung des Strafvollzugs als Sühne und Mittel zur Verteidigung der Volksgemeinschaft gegen "Volksschädlinge" stand dazu in krassem Gegensatz. Außerdem galt Sonnemann den Nationalsozialisten als typischer Vertreter der von ihnen bekämpften Sozialdemokratie.

"Die Ablösung Sonnemanns bedeutete auch das Ende der Reformbemühungen für einen modernen und humanen Strafvollzug. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges stand der Strafvollzug damit unter der Kontrolle eines verbrecherischen Unrechtsregimes. Die Zahl der politischen Gefangenen nahm deutlich zu. Der Resozialisierungsgedanke spielte keine Rolle mehr, an seine Stelle traten Abschreckung und Schikane." so Günthner.

Nach dem Krieg, im September 1945 wurde Sonnemann, der damals schon über 70 Jahre alt war, wieder zum Leiter der Strafanstalt Oslebshausen ernannt und blieb dies bis 1947. Emil Sonnemann starb am 2. Januar 1950 in Bremen.

Heute erinnert die Adresse der Justizvollzugsanstalt Bremen "Sonnemannstraße 2" an diesen frühen Reformer des bremischen Strafvollzugs.