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Der Senator für Finanzen

Linnert: „Das unterstellte Einsparpotenzial ist absurd!“

01.08.2007

Bremen kritisiert Stellungnahmen der Südländer zum Normenkontrollantrag

Das Land Bremen hat am 7. April 2006 ein Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingeleitet. Ziel des Antrages der Freien Hansestadt Bremen ist festzustellen, dass die Regelungen im Finanzausgleichsgesetz mit dem Grundgesetz unvereinbar sind und Bremen zum Zwecke der Haushaltssanierung Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen gewährt werden müssen. Der Klageschriftsatz ist durch einen weiteren Schriftsatz am 20. März 2007 ergänzt worden. In diesem Schriftsatz ist insbesondere auch zu den sich aus dem Verfassungsgerichtsurteil zum Berliner Normenkontrollverfahren ergebenden Änderungen Stellung genommen worden.


Das BVerfG hat dem Bund und den Ländern bis zum 31. Juli 2007 die Möglichkeit eingeräumt im Bremer Normenkontrollverfahren Stellungnahmen abzugeben. Prof. Dr. Korioth hat bereits am 26.2.2007 für die Länder Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen eine Stellungnahme abgegeben. Bremen hat in einem ergänzenden Schriftsatz dem BVerfG mitgeteilt, dass dazu ausführlich nach Vorliegen aller Stellungnahmen eine Einschätzung abgegeben wird. Prof. Dr. Wendt hat als Prozessbeauftragter des Saarlandes am 11.7.2007 eine Stellungnahme abgegeben. Diese Stellungnahme unterstützt den Bremer Klageantrag.

Am 12. Juli hat Herr Prof. Dr. Häde im Auftrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen einen Schriftsatz beim Bundesverfassungsgericht vorgelegt, der auf ein Gutachten von Prof. Dr. Feld Bezug nimmt. Dieser Schriftsatz ist bisher noch nicht den Ländern zugestellt worden. Zur Zeit liegt der Senatorin für Finanzen nur der an das Bundesverfassungsgericht abgegebene Entwurf vor.


Eine Stellungnahme des Bundes ist dem Land Bremen bisher nicht bekannt. Wahrscheinlich wird diese Stellungnahme unmittelbar dem Bundesverfassungsgericht zugeleitet und von dort aus an das betroffene Land Bremen und die anderen äußerungsberechtigten Beteiligten weitergeleitet.

Im Hause des Finanzressorts ist der vorliegende Schriftsatz von Prof. Dr. Häde und das damit verbundene Gutachten von Prof. Dr. Feld einer ersten Bewertung unterzogen worden. Frau Bürgermeisterin Linnert führt dazu aus: „Im Schriftsatz wurden zur Bewertung der relativen Haushaltsnotlage Bremen willkürlich Schwellenwerte für die von BVerfG vorgegebenen Indikatoren „Zins-Steuer-Quote“ und „Kreditfinanzierungsquote“ verwendet. Das BVerfG hatte in seinem Urteil vom 27. Mai 1992 festgehalten, dass ein Land sich in einer extremen Haushaltsnotlage befinde, wenn die Kreditfinanzierungsquote doppelt so hoch ist gegenüber dem Länderdurchschnitt und die Zins-Steuer-Quote bei 171,7% des Länderdurchschnitts liegt. Der Schriftsatz bezieht sich jedoch auf weit höhere Schwellenwerte eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzminister vom April 2005, welche allerdings vom BVerfG in seinem Berlin-Urteil vom 19. Oktober 2006 nicht aufgegriffen wurden. Da die Kreditfinanzierungsquote Bremens allerdings auch diesen höheren Schwellenwert erreicht, wird im Schriftsatz von Häde dann willkürlich ein noch höherer Schwellenwert unterstellt. Eine derartig willkürliche Setzung von Schwellenwerten weisen wir zurück.“

Finanzsenatorin Linnert weiter: „Im vorliegenden Schriftsatz wird ein „best-practice-Verfahren“ gewählt, um ein Konsolidierungspotenzial abzuleiten. Diesen Ansatz erachtet die Freie Hansestadt Bremen als verfehlt. Es wird ein bloßer Zahlenvergleich vorgenommen und dabei insbesondere die strukturellen Besonderheiten eines Stadtstaates außer Acht gelassen. Danach müsste Bremen 0,6 bis 1,3 Mrd. € einsparen, u.a. stünden die Hochschulen, das Theater, die Häfen und Museen zur Disposition. Nach dieser Methode müsste Bayern seine Landwirtschaftsausgaben an das bremische Niveau angleichen. Niemand würde dies ernsthaft verlangen.“

Insgesamt betont die Senatorin die landes- und großstadttypische Funktion eines Stadtstaates wie Bremen und weist den aus der Sicht Bremens daher nicht sachgerechten Ansatz von Prof. Dr. Feld zurück.


Um Spekulationen nach der Vorabveröffentlichung durch das Regionalfernsehen vorzubeugen und im Interesse einer rechtzeitigen und umfassenden Information hat die Bürgermeisterin die Kolleginnen und Kollegen im Senat, die Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft und die Medien über diesen Schriftsatz und die erste Einschätzung des Finanzressorts informiert. Das entsprechende Anschreiben ist als Dokument beigefügt.


Anschreiben zum Download