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Sonstige

“Das Heimweh des Walerian Wróbel" - Ein Knabe vor Gericht

29.11.2007

399. Bremer BuchPremiere mit Dr. Christoph U. Schminck-Gustavus in der Zentralbibliothek

Am Montag, 3. Dezember 2007, stellt Prof. Dr. Christoph U. Schminck-Gustavus sein Buch “Das Heimweh des Walerian Wróbel - Ein Knabe vor Gericht” im Wall-Saal der Zentralbibliothek, Am Wall 201 vor.


Am 25. August 1942 um 6.15 Uhr wird der 17jährige polnische Zwangsarbeiter Walerjan Wróbel in der Hamburger Untersuchungshaftsanstalt mit dem Fallbeil hingerichtet. Krank vor Heimweh, hat er in der Scheune eines Bauernhofs, seiner Arbeitsstätte, Feuer gelegt - in dem Glauben, dafür “zur Strafe” nach Hause geschickt zu werden. Obwohl durch die Brandstiftung kein Schaden entsteht - Walerjan hilft selber beim Löschen -, verurteilt ihn das Sondergericht Bremen als “Volksschädling” zum Tode. Der Justizmord bleibt ungesühnt - ein Lehrstück zur nationalsozialistischen Terrorjustiz und für die Straflosigkeit von Juristen, “unter deren Roben der Dolch des Mörders versteckt” gewesen ist.


Der Jurist und Rechtshistoriker Christoph U. Schminck-Gustavus hat den Fall des jungen Walerjan Wróbel in den 1980er Jahren aufgearbeitet. Als Verbindung von erzählter Geschichte und Archivrecherchen entstand 1986 die Veröffentlichung “Das Heimweh des Walerjan Wróbel - Ein Sondergerichtsverfahren 1941/42”. Zum 65. Jahrestag der Hinrichtung Walerjans am 25. August 2007 ist die Dokumentation jetzt in einer ergänzten und überarbeiteten Fassung erschienen - und hat nichts von ihrer Eindringlichkeit verloren.


Die Geschichte, die Schminck-Gustavus erzählt, ist die Geschichte eines Kindes. Einer von mehr als zwei Millionen Menschen, die die deutsche Besatzungsmacht während des Zweiten Weltkrieges allein aus Polen verschleppt und im “Reich” zur Arbeit gezwungen hat. Sie berichtet von einer menschlichen Tragödie in einer unmenschlichen Zeit, ist Mahnung und Erinnerung, an das Leiden eines Einzelnen wie das der vielen Ungenannten, die unter nationalsozialistischer Justiz ihr Leben ließen.
Walerjan Wróbel wurde 1925 in dem polnischen Dorf Falków geboren und wuchs mit zwei jüngeren Geschwistern auf dem Hof seiner Eltern auf. Im September 1939, fünf Tage nach dem Überfall der Deutschen auf Polen, zerstörte ein Bombenangriff die meisten Häuser des Dorfes. Kurz darauf wurden in Fa³ków, wie überall im besetzten Polen, Männer, Frauen und Kinder zur Zwangsarbeit im “Reich” gepresst. 1941 kommt Walerjan, kaum 16 Jahre alt, als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter nach Bremen-Lesum. Er versucht zu fliehen, wird zurückgeholt und zündet einige Tage später die Hofscheune an. Aus den Akten des Bremer Sondergerichts rekonstruiert Schminck-Gustavus die folgenden Tage und Monate, die Ermittlungen der Kriminalpolizei, dann die Vernehmung des Jungen durch die Gestapo. Zwei Monate nach der Tat wird Walerjan dem Konzentrationslager Neuengamme “zugeführt”, er muss Schwerstarbeiten im berüchtigten Elbe-Kommando verrichten. “Nur Wasser, Schlamm, Erde. Und Hunger (...) Das war ein Todeskommando”, so der Zeitzeuge Michal Piotrowski im Gespräch mit dem Verfasser. Walerjan Wróbel wäre im April dieses Jahres 82 Jahre alt geworden.


Diese 399. Bremer BuchPremiere wird begrüßt vom Verleger Helmut Donat, die Einführung spricht Dr. Heinrich Hannover. Die gemeinsame Veranstaltung von Bremer Literaturkontor und Stadtbibliothek in Kooperation mit dem Verein "Walerian Wróbel" und Donat-Verlag beginnt um 19:30 Uhr im Wall-Saal der Zentralbibliothek, Am Wall 201. Besucher werden gebeten, den Eingang außen Am Wall zu benutzen. Der Eintritt ist frei.


www.stadtbibliothek-bremen.de



Weitere Informationen gibt Tobias Peters, Presse- & Öffentlichkeitsarbeit - Stadtbibliothek Bremen, Telefon: (0421) 361 4708, tobias.peters@stadtbibliothek.bremen.de