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Senatskanzlei

Gutachter bewerten Bremer Zusammenarbeit mit privaten Projektentwicklern positiv / Senat will Transparenz der Verfahren weiter verbessern


11.02.2003

Der Senat hat in seiner heutigen (11.2.2003) Sitzung drei Gutachten zur zukünftigen Vergabepraxis im Bremischen Immobilienmanagement zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig hat der Senat den Senator für Finanzen, den Senator für Bau und Umwelt, den Senator für Wirtschaft und Häfen, den Senator für Justiz und Verfassung und die Senatskanzlei gebeten, die Gutachten zu bewerten und ggf. auf der Grundlage der Gutachten eine verbindliche Handlungsanleitung und Vorschläge zur Optimierung von Verfahren bei der Planung und Entscheidungsfindung für die Abwicklung von Großprojekten zu entwickeln und dem Senat bis zum 31.08.03 vorzulegen. Ziel dieser Maßnahmen soll eine verbesserte Transparenz und Dokumentation der Handlungsweisen und eine Optimierung der Wertschöpfung durch verbindliche, innovations- und investitionsfördernde Verfahrensregelungen sein, die zugleich dem Anspruch der demokratisch-parlamentarischen Verantwortlichkeit des Senats genügen. Ein solches Regelwerk existiert bislang nirgendwo. Bei der überall wachsenden Bedeutung von Projekten in Private-Public-Partnership geht es daher nicht um die Lösung eines spezifisch bremischen Problems, sondern – auch aufgrund europarechtlicher Vorgaben - um Fragen, vor denen alle Körperschaften stehen. Insofern will Bremen hier Pionierarbeit leisten.


Im einzelnen handelt es sich um folgende Gutachten


  1. „Verfahrensfragen der Förderung von Großvorhaben durch Public-Private-Partnership zwischen der Freien Hansestadt Bremen und privaten Investoren“ – Rechtsgutachten der Professoren Dr. Georg Hermes (Frankfurt/M.) und Dr. Joachim Wieland (Bonn).


  2. „Grundstückstransaktionen und kaufmännische/finanzmathematische Fragestellungen“, Gutachten der Fa. INNOVA, Gesellschaft für Unternehmensentwicklung mbH, Essen.


  3. „Vergabepraxis von öffentlichen Aufträgen für freiberufliche Planungsaufträge und baugewerbliche Leistungen“, Stellungnahme der Ingenieurkammer der Freien Hansestadt Bremen.


    Die Erstellung der Gutachten geht zurück auf einen entsprechenden Senatsbeschluss vom 14. Mai 2002. Seinerzeit hatte der Senat die Staatsräte gebeten, Vorschläge zur möglichen Verbesserung von Planungs- und Entscheidungsverfahren bei der Abwicklung von Großprojekten zu entwickeln und dabei ggf. auch externen Sachverstand hinzuziehen.


    Ziel des Senats bei der Beauftragung der Gutachter war – auch vor dem Hintergrund des parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Bauvorhaben und Immobilien“ und der Bauprojekte Ostkurve Weserstadion, Vermarktung des Investorengrundstücks Bahnhofsvorplatz, Umbau der Lettow-Vorbeck Kaserne zum Polizeipräsidium, Polizeihaus am Wall und Neubau des Großmarkts – die gewählten Verfahren zu überprüfen und ggf. Anregungen für eine Optimierung künftiger Entscheidungs- und Vergabeverfahren zu entwickeln. Insbesondere vor dem Hintergrund der generell und nicht nur in Bremen wachsenden Bedeutung von Public-Private-Partnerschaft-Projekten sollten in verallgemeinbarer Form mögliche Zielkonflikte bewertet, Risiken unzulässiger Interessenvermischung und einer eventuellen Benachteiligung von Wettbewerbern untersucht und schließlich Hinweise auf ggf. mögliche Optimierungsstrategien gegeben werden.


    Mögliche und sorgfältig auszubalancierende Zielkonflikte ergeben sich bei PPP-Projekten naturgemäß aus den Ansprüchen an


    - größtmögliche Wertschöpfung, Grundsätze der Wirtschaftlichkeit


    - stadtplanerische Zielen


    - standortpolitische Strategien und Ziele regionaler Wirtschaftförderung,


    - Schaffung von Arbeitsplätzen


    - Chancengleichheit und Wettbewerb


    - demokratische Kontrolle und Legitimation


    - höchstmögliche Transparenz bei


    - gleichzeitigem Schutz berechtigter Interessen privater Investoren/Developer (geistiges Eigentum)


    Am Maßstab eines immobilienwirtschaftlichen Developments gemessen, bewerten die Gutachter das bisherige Vorgehen Bremens grundsätzlich als positiv. So habe Bremen bei seinen Immobilientransaktionen sämtliche Möglichkeiten der immobilienwirtschaftlichen Wertschöpfungskette in Betracht gezogen und zugleich einen Ausgleich zwischen seinen Rollen u.a. als Eigentümer und Träger der Planungshoheit - mit den daraus erwachsenden Zielkonflikten (Stadtplanung u. –entwicklung, Wirtschaftsförderung, Arbeitsplatzschaffung etc.) - angestrebt.


    Darüber hinaus stellt INNOVA in ihrem Gutachten fest, dass „die Art und Weise des Umgangs mit Development-Immobilien und ihre Verwertung in Bremen „... materiell keine wesentlichen systematischen Fehler aufweist“. Die Gutachter empfehlen somit zwar die Beibehaltung der bisherigen Praxis der gemeinsamen Projektentwicklung. Gleichwohl - und insofern auch in Übereinstimmung mit den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses – zeigen sie jedoch auch Problemfelder und Handlungsbedarfe auf.


    Im Gutachten der Professoren Hermes und Wieland fasst die herzustellende Balance zwischen den unterschiedlichen Zielsetzungen bei der Planung und Realisierung von PPP-Projekten folgendermaßen zusammen:


    „Die öffentliche Hand kann es sich gerade angesichts ihrer drängenden Finanzprobleme nicht erlauben, auf die Kreativität und das Know-how privater Partner einer Wertschöpfungsgemeinschaft zu verzichten. Das gilt in besonderem Maße für die FHB, die sich in einer extremen Haushaltsnotlage befindet. Sie ist ohne Public-Private-Partnership aller Voraussicht nach nicht in der Lage, das Potential an Werten zu realisieren, das in ihrem Immobilienbestand latent angelegt ist. Die verfassungsmäßigen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung drängen darauf, die bestehenden ökonomischen Chancen im Interesse der öffentlichen Hand auch zu nutzen. Bremen ist stärker noch als andere Länder gehalten, seine Vermögenswerte zu optimieren, um die Sanierung seines Haushalts zu beschleunigen und nicht länger auf die Finanzhilfe der bundesstaatlichen Solidargemeinschaft angewiesen zu sein. Das legt eine Nutzung der insoweit bestehenden Innovationspotentials der Privatwirtschaft zumindest nahe, wenn es sie nicht sogar gebietet.


    Auf der anderen Seite dürfen aber auch die Gebote rechtsstaatlicher Transparenz und Chancengleichheit nicht unverhältnismäßig zurückgedrängt werden. Soweit wie möglich sollte deshalb auf die Öffentlichkeit von Wertschöpfungsvorhaben gedrungen werden. Das wird leichter sein, soweit es nur um das „Ob“ einer Wertschöpfungsgemeinschaft geht, und schwieriger, je stärker das „Wie“ betroffen ist. Eine völlige Chancengleichheit wird nicht zu gewährleisten sein, weil jede Stärkung der Chancen dritter Developer durch eine größere Transparenz die Chancen des „Developers“ schwächt, der seine „Konzeptvision“ der öffentlichen Verwaltung dargelegt hat. Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit können aber alle potentiellen Partner einer Wertschöpfungsgemeinschaft verlangen. Rechtsstaatliche Transparenz wird sich folglich nur soweit sicherstellen lassen, wie sie nicht fremdes geistiges Eigentum unzumutbar einschränkt.


    Eine Ideallösung des aufgezeigten Konflikts existiert nicht. Vielmehr bleibt insoweit Raum für Wertungen und Abwägungen der Verantwortlichen, deren Ergebnis nicht deduktiv aus allgemeinen Prinzipien abgeleitet werden kann. Auch hier gilt, dass es vor allem von Bedeutung ist, dass sich die öffentliche Verwaltung den bestehenden Interessenkonflikt bewusst macht und ihn sorgfältig analysiert, bevor sie eine Abwägungsentscheidung trifft. Sie sollte soweit wie möglich versuchen, der interessierten Öffentlichkeit die Gründe für einmal getroffene Entscheidungen zu vermitteln. Sie sollte Transparenz und Chancengleichheit aber nicht so sehr in den Vordergrund ihres Handelns rücken, dass keine Chance mehr besteht, Developer für eine Wertschöpfungsgemeinschaft zu gewinnen. Dem Gemeinwohl nützt weder ein spürbarer Mangel an Developern, die das Zustandekommen von Wertschöpfungsgemeinschaften verhindert, noch ein völliger Verzicht auf rechtsstaatlich gebotene Transparenz der Bemühungen um Wertschöpfung, die auch mit dem Gebot der Chancengleichheit unvereinbar wäre. Gefordert ist vielmehr ein Ausgleich beider Faktoren, der – gegebenenfalls nachträglich – der Öffentlichkeit als plausibel vermittelt werden kann.“ (Hermes/Wieland, S. 28.f)


    Die Gutachter Hermes und Wieland sehen das Problem einer frühen Selbstbindung der Freien Hansestadt Bremen (FHB) durch die frühe Beteiligung von Planern oder Investoren an der Ideenfindung. Ebenso sieht die Ingenieurkammer einen gravierenden Mangel in der Nichtbezahlung von Ideenfindung oder Machbarkeitsuntersuchung, wodurch eine „moralische Bindung“ aufgebaut werde, die einen späteren Wettbewerb gegenstandslos werden lasse. Die Gutachter Hermes und Wieland empfehlen daher eine „möglichst generalisierbare Stufung“, um die komplexen Verfahren von PPP-Projekten in einzelne Teilschritte zu gliedern und transparent zu gestalten.


    Derzeit fehlt es noch an einem, - für alle Akteure auf Seiten der öffentlichen Hand - gleichermaßen verbindlichem Regelwerk, das die rechtsstaatlichen Anforderungen an Transparenz und Chancengleichheit und das berechtigte Interesse des privaten Projektpartners am Schutz seines Konzeptes (als sein geistiges Eigentum) vor verfrühter Publizität gleichermaßen berücksichtigt. Die infrage kommenden gesetzlichen Verfahrensvorschriften (z. B. des Vergaberechts) allein werden dem Gesamtprozess einer gemeinsamen Projektentwicklung nicht gerecht, da sie entweder in der Regel nicht einschlägig sind und der besonderen Dynamik dieses Prozesses und seiner fehlenden Stufung der komplexen Willensbildung und des Planungsprozesses keinen angemessenen Verfahrensrahmen bieten.


    Der Senat hat deshalb heute den Senator für Finanzen, den Senator für Bau und Umwelt, den Senator für Wirtschaft und Häfen, den Senator für Justiz und Verfassung und die Senatskanzlei gebeten, auf der Grundlage der Gutachten eine verbindliche Handlungsanleitung und Vorschläge zur Optimierung von Verfahren bei der Planung und Entscheidungsfindung für die Abwicklung von Großprojekten zu entwickeln und dem Senat bis zum 31. August 2003 vorzulegen. Zur ihrer Erarbeitung werden die beteiligten Ressorts eine Arbeitsgruppe einrichten.



    Hinweis für Redaktionen!

    Die ausführlichen Fassungen der genannten Gutachten können von Vertretern der Medien bei der Pressestelle des Senats, Hermann Pape, Telefon 3612193 angefordert werden.