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Senatskanzlei

Pressemitteilung mit Foto Mahnungen zur Besonnenheit und Differenzierung

21.09.2001

600 Schülerinnen und Schüler kamen zum Gespräch ins Bremer Rathaus




"Wir kannten euch nicht, aber wir vermissen euch". Dies ist einer der vielen Sätze, die Bremer Schülerinnen und Schüler in den vergangenen Tagen aufgeschrieben und im Dom niedergelegt haben. Heute hat ihn eine Schülerin im Bremer Rathaus noch einmal vorgelesen - vor rund sechshundert Mädchen und Jungen aus den Oberstufenklassen. Sie alle waren einer Einladung von Bürgermeister Dr. Henning Scherf in die festliche Obere Halle des Rathauses gefolgt. Die jungen Menschen hatten unmittelbar nach den entsetzlichen terroristischen Anschlägen am 11. September spontan und eindrucksvoll auf dem Marktplatz und in Kirchen ihre Betroffenheit, ihre Trauer und Ängste zum Ausdruck gebracht. Miteinander ins Gespräch kommen, den Schock verarbeiten, die Ängste aussprechen: darum ging es. Die Veranstaltung zeigte, wie sehr die Ereignisse in den USA die Bremer Schülerschaft noch immer bewegt. Nachdrücklichen Applaus fanden all jene Beiträge, in denen Differenzierung bei der Suche nach den Gründen und Besonnenheit in der Reaktion angemahnt wurden. "Keiner von uns will Krieg als Lösung", brachte es Schülervertreterin Lea Vogt auf den Punkt.


"Man darf nicht die westliche Welt als die zivilisierte bezeichnen und den Rest ausschließen - das ist ein großer Fehler", mahnte beispielsweise ein Schüler unter großem Applaus. Zuvor war bereits vom gut besetzten Podium aus ( eingeladen waren u.a. Vertreter der muslimischen Gemeinschaft in Bremen, ein Nahost-Experte, ein Vertreter des Verfassungsschutzes wie auch die Leiterin der konsularischen Vertretung der USA) aus die Frage der einseitigen Schuldzuweisung angesprochen worden. Es gebe in allen Religionen Menschen, die ihre Überzeugungen bis zum Fanatismus steigern würden, gab beispielsweise Alexander Sali von der Fatih Moschee zu bedenken. Man könne nicht die Religion für solche Schreckenstaten verantwortlich machen. Vor vorschnellen Urteilen warnte auch die in Bremen lebende Afghanin Laila Noor: Die Menschen in Afghanistan selber würden unter der Taliban leiden, man dürfe nicht ein ganzes Volk mit den Terroristen gleichsetzen.


Auch Bürgermeister Dr. Henning Scherf gab seinem Wunsch Ausdruck, dass die Bremerinnen und Bremer immer wieder das Gespräch mit den Muslimen über die schrecklichen Ereignisse suchen mögen. "Wir brauchen einen kühlen Verstand", mahnte der Bürgermeister. Auch Lothar Jachmann, Vertreter des Verfassungsschutzes, riet zur Differenzierung. In Bremen bemühe man sich seit langem darum, den Islam nicht über einen Kamm zu scheren. In mehreren Beiträgen kam zum Ausdruck, dass nach den Ursachen für derartige terroristische Gewalttaten gesucht werden müsse. Hilde Adolf, Senatorin für Jugend und Soziales, bekam viel Applaus, als sie feststellte: "Die ungerechte Aufteilung der Welt muss zum Thema werden". Es sei an der Zeit, den Nährboden für Hass gründlich zu beackern.

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