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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Seniorenresidenz in Osterholz steht unter Quarantäne

Zwölf Bewohnerinnen und Bewohner positiv getestet / Viele weitere Fälle befürchtet

08.05.2020

Wegen einer schweren Ausbruchssituation ist eine Pflegeeinrichtung für Menschen mit demenziellen Erkrankungen im Stadtteil Osterholz komplett unter Quarantäne gestellt worden. Das teilte Sozialsenatorin Anja Stahmann heute (Freitag, 8. Mai 2020) mit. Insgesamt sind zurzeit zwölf Bewohnerinnen und Bewohner sowie ein Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet worden, weitere Laborergebnisse stehen noch aus. Wegen festgestellter erheblicher Hygienemängel in der Einrichtung und angesichts der demenziell erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner wird eine hohe Anzahl an Folgefällen erwartet. Die Einrichtung hat über das lange Maiwochenende zudem mehrere Tage verstreichen lassen, bevor es Betroffene mit Symptomen an die Behörden gemeldet hat. „Damit ist wertvolle Zeit verstrichen, die Ausbreitung frühzeitig einzudämmen“, sagte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob die Mängel und Versäumnisse in der Einrichtung so gravierend sind, dass ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet werden muss.

Dabei habe die Wohn- und Betreuungsaufsicht (WBA), zuständig für Beratung und Kontrolle in Pflegeeinrichtungen, die Einrichtung bereits Anfang April in Gegenwart von Führungskräften präventiv beraten, betonte Senatorin Stahmann. Es seien umfangreiche mündliche und schriftliche Empfehlungen zur Umsetzung hygienischer Schutzmaßnahmen ausgesprochen worden. Die Mitarbeitenden wurden entgegen den Empfehlungen in der gesamten Einrichtung eingesetzt, anstatt in abgegrenzten Wohnbereichen. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben sich zudem im ganzen Haus und im Garten aufgehalten. „Die Infektionskette kann daher nur schwer nachvollzogen werden“, sagte die Senatorin. Und in einem Schreiben der WBA an die Einrichtung heißt es: „Die aufgetretenen Infektionen bestätigen, dass die Einrichtungsverantwortlichen sich ... nicht ausreichend auf die Möglichkeit einer COVID-19 Infektion innerhalb der Einrichtung vorbereitet haben“. Trotz Beratung und mündlicher Empfehlungen der WBA seien „keine ausreichenden Möglichkeiten geschaffen worden, die Basishygienemaßnahmen jederzeit zu gewährleisten“.

Die Wohn- und Betreuungsaufsicht hat die Einrichtung in den vergangenen Tagen mehrfach aufgesucht und eine Reihe von Anordnungen zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner erlassen. „Der Betriebsablauf der Pflegeeinrichtung weist ... eine Vielzahl von Missständen und Versäumnissen auf, welche gerade hinsichtlich der gegenwärtigen Corona-Pandemie und den damit zusammenhängenden Gefahren für die Gesundheit und das Leben dringend abzustellen sind.“ Die Anordnungen sollen „eine dringlichst angezeigte Abwendung der Gefahr für Leib und Leben“ herbeiführen.

Unter anderem wird jetzt ein Belegungsstopp verhängt und die Einrichtung verpflichtet, ab Montag eine externe Qualitätsbeauftragte einzusetzen. Darüber hinaus hat die WBA bereits gestern angeordnet, „ab sofort sicherzustellen, dass allen Mitarbeitenden ... die sogenannten Basishygienemaßnahmen bekannt sind und konsequent einhalten werden“. Das betreffe insbesondere das Pflegepersonal, Reinigungskräfte, Hausmeister, Verwaltungsmitarbeitende und Küchenmitarbeitende. Hygieneschulungen seien ab sofort „täglich durchzuführen, bis alle Mitarbeitenden aller Bereiche (einschließlich Personaldienstleister) geschult sind“. Die Hygieneschulungen müssen neben der Theorie auch praktische Übungen umfassen. Die Durchführung ist zu dokumentieren. Eine Leitungskraft müsse zudem täglich, auch an Wochenenden und Feiertagen, „schichtübergreifend mindestens acht Stunden täglich“ anwesend sein und zur Verfügung stehen.

Zu Basishygienemaßnahmen gehört u.a. die Händehygiene und hygienegerechte Durchführung medizinisch-pflegerischer Maßnahmen. „Diese Basishygienemaßnahmen werden in der Pflegeeinrichtung nicht konsequent umgesetzt.“

Darüber hinaus müssen alle Handkontaktflächen in der gesamten Einrichtung ab sofort fünfmal täglich desinfiziert und lückenlos nachweisbar dokumentiert werden.

Hintergrund für diese Anordnungen ist unter anderem eine ärztliche Begutachtung am gestrigen Donnerstagvormittag (7. Mai) durch das Gesundheitsamt mit Unterstützung des Rettungsdienstes. „Insgesamt hatten beide Ärzte einen extrem schlechten Eindruck von der hygienischen Situation in der Einrichtung, teilweise auch vom Zustand der Bewohner“, heißt es in der entsprechenden Anordnung der WBA. Und: „Die bisher erfolgten Personalschulungen zu Basishygienemaßnahmen waren nicht wirkungsvoll.“ Ausreichend Desinfektionsmöglichkeiten würden zudem nicht vorgehalten. Damit sei eine konsequente Umsetzung der Basishygienemaßnahmen nicht möglich. Schließlich werde auch das vorhandene persönliche Schutzmaterial (Masken, Kittel) „nicht sachgerecht“ eingesetzt.

Wohn- und Betreuungsaufsicht sowie Gesundheitsamt haben in den vergangenen Wochen 98 Prozent der Pflegeeinrichtungen für Senioren aufgesucht und hinsichtlich der erforderlichen Hygienemaßnahme beraten. „Die Beratungen sollen in den kommenden Wochen fortgeführt werden“, sagte Senatorin Stahmann.

Ansprechpartner für die Medien:
Dr. Bernd Schneider, Pressesprecher bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, Tel.: (0421) 361-4152, E-Mail: bernd.schneider@soziales.bremen.de Im Web: https://www.soziales.bremen.de/