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Die Senatorin für Kinder und Bildung

"Es sind mehr Anstrengungen notwendig"

Bremen im IQB-Bildungstrend auf Platz 16 / Fortschritte im Fach Englisch

28.10.2016

"In einigen Bereichen, wie zum Beispiel der Deutschen Rechtschreibung und im Fach Englisch, konnten Schülerinnen und Schüler des Landes Bremen bessere Leistungen zeigen als 2009. Das gilt leider nicht für die Lesekompetenz in der deutschen Sprache. Insgesamt liegen wir auf dem 16. Platz. Das ist enttäuschend. Andererseits machen wir kleine Fortschritte und rücken an den Bundesdurchschnitt heran. Es gibt Gründe für dieses Ergebnis. In keinem anderen Bundesland ist der Anteil der von Risikolagen betroffenen Kindern und Jugendlichen so hoch wie in unserem. Gleiches gilt für den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Die Ausgangslage ist schwierig. Dennoch müssen wir eingestehen: Es sind mehr Anstrengungen notwendig." Dies erklärt Frank Pietrzok, Staatsrat bei der Senatorin für Kinder und Bildung, zum heute (28. Oktober 2016) in Berlin vorgelegten Ländervergleich Sekundarstufe I (Bildungstrend) des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB).

In Bremen und Bremerhaven waren dafür im Jahr 2015 insgesamt rund 1.700 Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe in insgesamt 70 Schulen (Oberschulen, Gymnasien, Werkschulen, Förderzentren sowie Schulzentren mit Sekundarschul- und Gymnasialklasse) getestet worden. Etwas mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler besuchten zu diesem Zeitpunkt eine Oberschule, gut 30 Prozent ein Gymnasium bzw. einen Gymnasialzweig. Bundesweit haben 33.110 Schülerinnen und Schüler in 1.513 Schulen an diesem Test teilgenommen.

In Deutsch wurden Lesen, Zuhören und Rechtschreibung getestet; in Englisch Lese- und Hörverstehen. Bereits 2009 waren diese Bereiche untersucht worden. Im zeitlichen Vergleich kann deshalb die Entwicklung der Leistungsfähigkeit der Schulen dargestellt werden – es ergibt sich ein Bildungstrend.

Ergebnisse 2015 und der Bildungstrend für Bremen
Die Betrachtung der durchschnittlich erreichten Leistungen für die Fächer Deutsch und Englisch zeigt, dass die Bremer Schülerinnen und Schüler - wie in den vergangenen Jahren - schwache Ergebnisse erzielt haben. Im Bildungstrend (2015 im Vergleich zu 2009) ist aber zu erkennen, dass die Veränderung der Leistungsdaten in der Regel positiv sind. Sie rücken näher an den Bundesdurchschnitt heran. Eine Ausnahme bildet der Kompetenzbereich Lesen im Fach Deutsch. Die Differenz zum Bundesmittelwert (500 Punkte) wird geringfügig größer.

Überblick über die erreichten Leistungsstände im ausgewählten Ländervergleich

Die grafische Darstellung über die Differenz der Mittelwerte der beiden Untersuchungen macht die Annäherung der Leistungen der Bremer Schülerinnen und Schüler an den Bundesschnitt deutlich.

Die rechte Seite der Grafik zeigt die positive Entwicklung
Die rechte Seite der Grafik zeigt die positive Entwicklung

Verteilung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler auf die Kompetenzstufen
Das Erreichen von Mindeststandards, die von den Bundesländern innerhalb der Kultusministerkonferenz festgelegt worden sind, ist eine Grundlage dafür, dass das Weiterlernen oder eine Ausbildung erfolgreich absolviert werden kann. Im Fach Englisch hat sich der Anteil der Bremer und Bremerhavener Neuntklässler, die den Mindeststandard nicht erreicht haben, um etwa 10 Prozentpunkte seit 2009 verringert: Mehr Schülerinnen und Schüler als zuvor erreichen also jetzt den Mindeststandard. Lediglich im Fach Deutsch gibt es im Kompetenzbereich "Lesen" eine leicht umgekehrte Entwicklung. Ähnlich ist die Entwicklung bei den Schülerinnen und Schülern, die nun den Regelstandard erreichen oder überschreiten. In Englisch etwa erreichen jetzt 10 Prozent mehr den Regelstandard oder überschreiten ihn; nur im Kompetenzbereich "Lesen" (Deutsch) verringert sich dieser Anteil. Die folgenden Tabellen zeigen die Verteilung der Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler auf die Kompetenzstufen für die angestrebten Abschlüsse Berufsbildungsreife und Mittleren Schulabschluss. In der zweiten Tabelle sind auch die Schülerinnen und Schüler erfasst, die den Übergang in die Gymnasiale Oberstufe anstreben.

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die im Bereich Lesen die Mindeststandards nicht erreichen, ist sehr hoch. Im Bereich des Hörverstehens ist der Anteil hingegen erfreulich niedrig. Dies zeigt sich beispielhaft in der folgenden Auswertung, bei der auch die Ergebnisse im Bereich Orthographie erfreulich sind.

Der Trend der Bremer Ergebnisse zeigt, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler ansteigt, die die Regelstandards – bezogen auf den Mittleren Schulabschluss – erreichen oder übertreffen – mit Ausnahme des Lesens. Im Fach Englisch (Hörverstehen, Leseverstehen) entspricht der Zuwachs etwa den bundesdeutschen Werten.

Die rechte Seite der Grafik zeigt die positive Entwicklung
Die rechte Seite der Grafik zeigt die positive Entwicklung

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards nicht erreichen, sinkt in Bremen – bis auf das Lesen – deutlich stärker als im Bundesschnitt und bei weiteren Ländern. Insofern entwickelt sich der Leistungsstand an beiden Enden des Leistungsspektrums in die gewünschte Richtung (Ausnahme Lesen).

Die linke Seite der Grafik zeigt die positive Entwicklung
Die linke Seite der Grafik zeigt die positive Entwicklung

Sozioökonomische Voraussetzungen der Bremer Schülerinnen und Schüler
Je höher der sozioökonomische Status der Schülerinnen und Schüler, desto bessere Leistungen werden i.d.R. erzielt. Der mittlere sozioökonomische Status (Merkmale der Lebensumstände), der für die Bremer Schülerinnen und Schüler ermittelt wurde, liegt – wie 2009 – deutlich unter dem Bundesdurchschnitt und ist so niedrig wie in keinem anderen Bundesland. Der Anteil von Neuntklässlern mit sehr niedrigem sozioökonomischem Status ist dabei besonders hoch.

Dies entspricht den im Nationalen Bildungsbericht 2016 "Bildung in Deutschland" dargestellten Werten zu zentralen Risikofaktoren: Der Anteil von Kindern, deren Eltern einen eher niedrigen Bildungsstand haben, die erwerbslos sind oder die von Armut bedroht sind, ist in Bremen so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Knapp 44 Prozent der Bremer Kinder sind von mindestens einer dieser Risikolagen betroffen, 10 Prozent von allen drei Risikolagen gleichzeitig.

Zusammenhang von sozioökonomischen Voraussetzungen und Schulleistung
In den Stadtstaaten – also auch in Bremen – war und ist der Zusammenhang von sozioökonomischen Voraussetzungen und Schulleistungen auch 2015 besonders zu beobachten. Kinder und Jugendliche, deren Eltern einen Beruf mit eher niedrigem sozialem Status ausüben (beispielsweise ungelernte Arbeiter/-innen), erreichen deutschlandweit deutlich niedrigere Leistungen als Kinder von Eltern mit Berufen von hohem sozialem Status (beispielsweise Ärzte/innen, Professoren/innen). In Bremen entspricht der Leistungsunterschied zwischen diesen beiden Gruppen einer Lernzeit von deutlich mehr als einem Schuljahr. Aber anders als in den beiden anderen Stadtstaaten ist dieser Zusammenhang in Bremen seit 2009 im Kompetenzbereich Lesen und Orthographie im Fach Deutsch ein wenig schwächer geworden. Dies ist insofern beachtenswert, da im Bereich Orthographie die gleichzeitig durchschnittliche Leistung der Bremer Schülerinnen und Schüler seit 2009 gestiegen ist. Bremen ist hier also auf dem richtigen Weg, aber längst nicht im Ziel.

Zuwanderung
In Bremen ist der Zuwanderungsanteil in der untersuchten neunten Jahrgangsstufe im Vergleich zum Bundesschnitt mit 48 Prozent sehr hoch. Der Wert für Deutschland liegt bei 29 Prozent, die anderen Stadtstaaten haben mit jeweils 42 Prozent einen ähnlichen hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Zuwanderungshintergrund.
Im Kompetenzbereich Lesen werden die Leistungs-Unterschiede der Gruppen mit und ohne Zuwanderungshintergrund – aber auch im Vergleich zu den anderen Stadtstaaten - deutlich.

In allen Bundesländern ist die Leistung der Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungshintergrund geringer als die Leistung derer ohne Zuwanderungshintergrund – dies gilt auch für Bremen.
Während im Fach Deutsch der Unterschied zwischen der Gruppe ohne Zuwanderungshintergrund und "ein Elternteil im Ausland geboren" groß ist, ist dies beim Leseverstehen Englisch – sowohl für Bremen als auch für den Bundesdurchschnitt - nicht der Fall.

Ausblick
"Der Trend macht deutlich, dass die Förderung der Rechtschreibung an Bremer Schulen erste Früchte trägt. Die Anstrengungen in der stetig ausgebauten Leseförderung haben seit der Schulreform allerdings noch keine messbar positiven Ergebnisse hervorgebracht. Unsere Schülerinnen und Schüler müssen sich aber verbessern, um beispielsweise Chancen auf dem Arbeitsmarkt nutzen zu können. Dafür müssen wir uns weiter auf die Qualität des Unterrichts konzentrieren", so Frank Pietrzok. Wichtig sei jetzt, mit den Anstrengungen nicht nachzulassen. Der Bildungsbereich müsse weiterhin haushaltspolitischer Schwerpunkt sein. Das Ressort wird nun prüfen, wie die Ressourcen fokussiert eingesetzt werden können, um insbesondere die Lesekompetenz zu stärken. Gleichzeitig werden die Schulen in ihrer Arbeit noch zielgerichteter unterstützt und begleitet. "Wir brauchen für eine Verbesserung aber auch alle Akteure an Bord: Kinder und Jugendliche, Lehrkräfte, Schulleitungen sowie Schulverwaltung und natürlich auch die Eltern", so der Staatsrat.

Der IQB-Bildungstrend 2015, eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie weitere Infos sind unter www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2015 zu finden.