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Sonstige

Die Verbraucherzentrale Bremen teilt mit: Ab Januar gelten höhere Pfändungsfreigrenzen

28.12.2001

Bei bestehenden Pfändungen und Abtretungen müssen Schuldner auf sofortige Anwendung achten

Für überschuldete Haushalte gibt es künftig wieder mehr Luft zum Atmen. Ab dem 1. Januar gelten deutlich erhöhte Freigrenzen bei der Pfändung von Löhnen und Sozialleistungen. Bei bereits bestehenden Pfändungen ist allerdings keine automatische Anwendung der neuen Tabelle gewährleistet. Um den vergrößerten finanziellen Freiraum sofort nutzen zu können, sollten deshalb die Schuldner selbst aktiv werden, rät die Verbraucherzentrale Bremen.


Im neuen Jahr darf erst ab einem Nettolohn von 1.820 DM (940 Euro) gepfändet werden. Wenn eine Unterhaltspflicht für eine weitere Person besteht, sind 2.500 DM (1.280 Euro) von der Pfändung ausgenommen. Für jede weitere unterhaltspflichtige Person erhöht sich der Freibetrag um weitere 380 DM (190 Euro), allerdings nur bis zu einer oberen Grenze von 5.580 DM 2.850 Euro). Mit dieser Neubemessung – der ersten seit 1992 – werden zum einen die zwischenzeitlich gestiegenen Lebenshaltungskosten berücksichtigt. Mit der Anhebung über die gegenwärtigen Sozialhilfesätzen soll zum anderen die Motivation der Schuldner gestärkt werden, den Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu verdienen. Betroffene, die ihren Freibetrag auf den Cent genau ermitteln möchten, können die Pfändungstabelle von der Internetseite des Bundesjustizministeriums herunterladen: www.bmj.bund.de


Die neuen Freigrenzen gelten auch für Pfändungen, die bereits vor dem 1. Januar 2002 erwirkt worden sind. Schuldner mit bestehenden Lohn- oder Sozialleistungspfändungen können sich allerdings nicht darauf verlassen, dass ihr Arbeitgeber bzw. der Sozialleistungsträger von sich aus sofort die neuen Freigrenzen anwendet. Bei früheren Anpassungen erfolgte die Umstellung zwar in aller Regel sofort, obwohl keine Verpflichtung bestand. Dieses Mal muss jedoch aufgrund des kurzen Abstands zwischen der Verkündigung und dem Inkrafttreten des Gesetzes damit gerechnet werden, dass die Anwendung der neuen Tabelle bei den Lohn- und Gehaltsabrechnungen auf Probleme stößt, weil dazu längere Vorlaufzeiten benötigt werden oder weil obendrein auch noch die Umstellung auf den Euro zu bewältigen ist. Wird der Gläubiger zunächst noch nach den alten Werten befriedigt, ist zwar grundsätzlich eine nachträgliche „Verrechnung„ möglich. Dies wird allerdings Probleme bereiten, wenn nach den neuen Grenzen nichts oder nur sehr wenig pfändbar ist. Zudem bedarf es der Kooperationsbereitschaft des Arbeitsgebers oder Sozialleistungsträgers, denn der Schuldner selbst kann bereits abgeführte Beträge vom Pfändungsgläubiger nicht zurückfordern.


Schuldner mit bestehenden Lohn- oder Sozialleistungspfändungen sollten sich

deshalb vergewissern, ob der Arbeitgeber bzw. Sozialleistungsträger die neuen Freigrenzen sofort berücksichtigt. Wenn dieser Umstellungsschwierigkeiten anführt, ist auf die Möglichkeit hinzuweisen, den nach der alten Tabelle pfändbaren Betrag so lange einzubehalten und nicht an den Pfändungsgläubiger abzuführen, bis eine Berechnung nach den neuen Werten möglich ist. Wird dies verweigert, ist beim Vollstreckungsgericht eine Berichtigung des Pfändungsbeschlusses zu beantragen.


Wenn es sich nicht um gerichtlich verfügte Pfändungen handelt, sondern um vertraglich begründete Abtretungen von Lohn- oder Sozialleistungsansprüchen,gilt Ähnliches. Auch für diese gelten die neuen Freigrenzen. Im Falle einerfortgesetzten Anwendung der alten Tabelle müsste sich der Schuldner aber notfalls an ein Zivilgericht bzw. ein Sozial- oder Verwaltungsgericht wenden.


Eine weitere Besonderheit besteht bei Kontopfändungen. Wenn der Schuldner bereits einen Pfändungsschutz für Bankguthaben erwirkt hat, muss er beim Vollstreckungsgericht möglichst schnell eine Heraufsetzung des Freistellungsbetrages beantragen. Denn bevor kein Änderungsbeschluss zugestellt ist, wird die Bank oder Sparkasse den alten Freibetrag anwenden. Hier ist eigenes Handeln auf jeden Fall unerlässlich.