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Gemeinsame Presseerklärung

Bremerhaven erhält Hoheit über Luneplate

27.02.2007

Senat und Magistrat ziehen positive Bilanz über Entwicklung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts: Anschubfinanzierung für Imare gesichert

In einer gemeinsamen Sitzung in Bremerhaven haben Senat und Magistrat heute (27.2.2007) wesentliche Entscheidungen für die wirtschaftliche, wissenschaftliche und finanzielle Zukunft der Seestadt gefasst und einvernehmlich entscheidende Weichenstellungen für eine Fortsetzung des in den letzten Jahren erfolgreich gestalteten Strukturwandels vorgenommen.

Senat und Magistrat waren sich einig, dass Bremerhaven in den vergangenen Jahren erfolgreich sein Profil als Wirtschafts-, Hafen- und Logistikstandort geschärft, seine besonderen Potentiale als maritimer Wissenschaftsstandort gestärkt, aber auch vorhandene Chancen im Bereich Tourismus genutzt hat.

Bürgermeister Jens Böhrnsen: „In Bremerhaven hat sich eine Menge getan. Die Stadt ist insgesamt eindeutig auf einem sehr guten Weg. Die Erfolge in der Windenergie, wo Bremerhaven sich nachdrücklich als eine der besten Adressen in ganz Deutschland empfiehlt, oder auch in der maritimen Wissenschaft, in der Logistik, Hafenwirtschaft und Nahrungsmitteltechnologie sind überzeugend. Die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener und der Magistrat können sich darauf verlassen: Der Senat wird wie in der Vergangenheit auch künftig seinen Beitrag leisten, damit diese gute Entwicklung weiter anhält und wir neue Arbeitsplätze schaffen und Bremerhavens Wirtschaftskraft stärken.“

Thomas Röwekamp, Bürgermeister und Senator für Inneres und Sport, erklärte nach der Sitzung: "Mit den heutigen Beschlüssen anerkennt das Land Bremen ausdrücklich die Erfolge der Seestadt Bremerhaven auf dem Weg des Strukturwandels und der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Insbesondere im Bereich neuer Technologien, der Hafenwirtschaft und erneuerbarer Energiequellen hat Bremerhaven den richtigen Kurs eingeschlagen, von dem wir nachhaltige Impulse auch für den regionalen Arbeitsmarkt erwarten. Besonders hinweisen möchte ich hier auf unsere gemeinsamen Investitionen in den maritimen Wissenschaftsbereich“, betonte der stellvertretende Regierungschef. „Und als aus Bremerhavener stammender Innensenator freue ich mich, dass die Finanzierung der Polizei Bremerhaven nun zu 100 Prozent klar geregelt ist.“

Zu den Schwerpunkten der gemeinsamen Sitzung im einzelnen:

Bremerhaven erhält Hoheit über 1400 Hektar auf der Luneplate

Die Hoheitsrechte über 1400 Hektar auf der Luneplate südlich von Bremerhaven werden künftig von der Seestadt ausgeübt werden. Damit wird das Stadtgebiet der Seestadt um 1400 ha größer.
Bereits im Jahr 2004 hatten sich Niedersachsen und Bremen verständigt, das Areal von Niedersachsen an Bremen zu übertragen und einen entsprechenden Staatsvertrag abzuschließen. Auch wenn die Verhandlungen über diesen Staatsvertrag bislang noch nicht abgeschlossen sind – Senat und Magistrat sind sich im Ergebnis der heutigen Sitzung einig: Die Hoheitsrechte werden nach Abschluss des Staatsvertrags von Bremerhaven wahrgenommen werden.

Damit erhält Bremerhaven insbesondere alle Kompetenzen, um ein 200 Hektar großes Teilstück in direkter Nachbarschaft des Fischereinhafens als Gewerbegebiet zu entwickeln und beispielsweise seine hohen Chancen für einen weiteren Ausbau der Windenergie und die Ansiedlung weiterer Unternehmen zu nutzen. Im Ergebnis kommen auch die entsprechenden Steuereinnahmen (Grundsteuern, Gewerbesteuern) dem Bremerhavener Haushalt zugute. Bürgermeister Jens Böhrnsen: „Ich bin mir mit Oberbürgermeister Jörg Schulz einig: Mit dieser Entscheidung stärken wir gleichzeitig Bremerhavens Wirtschafts- und Finanzkraft. Die bisherigen Erfolge bei der Entwicklung des Fischereihafens zeigen, dass das künftige Gewerbegebiet bei Bremerhaven in den besten Händen ist. Diese Erfolgsgeschichte kann nun mit dem know how Bremerhavens fortgesetzt werden.“ Ein großer Anteil der Flächen ist darüber hinaus vorgesehen als ökologische Ausgleichsfläche für den Bau von CT III a und CT IV sowie weitere Ausgleichsmaßnahmen.

Als „hervorragendes Verhandlungsergebnis“ bewertet Oberbürgermeister Jörg Schulz die Übertragung der Gebietshoheit über die Luneplate an die Stadt Bremerhaven. Andere Lösungen, so der OB, hätten den ohnehin bereits vorhandenen „Flickenteppich“ der kommunalen Eigentums- und Hoheitsrechte am Standort Bremerhaven weiter vergrößert. Schulz: „Wir freuen uns sehr, dass die Stadt durch die Steuereinnahmen, die aus der Gebietshoheit auf der Luneplate zu erwarten sind, ihre nach wie vor unterdurchschnittliche Steuerkraft stärken kann.“

Einstieg in die Gründung des Instituts für marine Ressourcen (Imare)

Bremerhaven hat sich in den letzten Jahren als Wissenschaftsstandort ausgesprochen positiv entwickelt. Mit der Hochschule Bremerhaven, dem Alfred-Wegener-Institut, der Außenstelle Bremerhaven des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) und dem Technologie-Transfer-Zentrum weist der Standort eine gut vernetzte Wissenschafts- und Forschungslandschaft auf.

Insgesamt verfügt Bremerhaven heute über eine exzellente maritime Forschungslandschaft. Um deren Potentiale auch wirtschaftlich für die Region zu nutzen und für Unternehmen besser verfügbar zu machen, wird es auf eine stärkere Verzahnung von Forschungsergebnissen mit Erfolg versprechenden Produktideen ankommen. Dabei reicht die Palette möglicher Synergien zwischen Ergebnissen von Grundlagenforschung und marktfähigen innovativen Produkten von der Erschließung neuer Fischereiressourcen durch Aquakulturen, der Nutzung maritimer Biotechnologie bis zur Entwicklung und Produktion von Medikamenten, Werkstoffen, Naturprodukten oder umweltfreundlichen Farben oder Korrosionsschutzkonzepten.

Entscheidend für die Nutzung dieser Potentiale am Standort Bremerhaven wird ein verbesserter Technologietransfer und eine engere Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft sein. Eine Schlüsselfunktion hierbei soll das neu zu gründende Institut für marine Ressourcen (Imare) übernehmen. Ziel des neuen Instituts soll sein, in Zusammenarbeit von Wissenschaftlern des AWI mit der Hochschule Bremerhaven technologische Anwendungen aus der Grundlagenforschung zu entwickeln und gemeinsam mit regionalen Unternehmen in Produkte umzusetzen. Oberbürgermeister Jörg Schulz : „Dieses neue Institut dient in idealer Weise unserem Ziel, gemeinsam mit der Hochschule die internationale Bedeutung und das Knowhow des Alfred-Wegener-Instituts für den Ausbau des Wissenschaftsstandorts Bremerhaven zu nutzen.“

Senat und Magistrat verständigten sich heute darauf, für die Anschubfinanzierung von Imare für die Jahre 2007 und 2008 zunächst 900.000 Euro aus dem AIP zur Verfügung zu stellen. Die Wirtschaftsförderungsausschüsse werden sich in ihrer nächsten Sitzung im März mit der Gründung von Imare befassen.

Positive Bilanz der Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Bremerhaven

Darüber hinaus zogen Senat und Magistrat gemeinsam eine positive Bilanz zur Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Bremerhaven und nahmen einen ausführlichen Bericht des Senators für Bildung und Wissenschaft zur Kenntnis.

Die Hochschule Bremerhaven ist eine attraktive Fachhochschule, die mit ihren beiden Fachbereichen auf Technik und Wirtschaft ausgerichtet ist und sich als „Hochschule am Meer“ erfolgreich ein eigenes Lehr- und Forschungsprofil erarbeitet hat. Neben der fachlichen Ausbildung liegt der Schwerpunkt der Hochschule auf den anwendungsbezogenen Komponenten sowie der Stärkung des Umweltbewusstseins.

Nach einer Investition von 17 Mio. € konnte im Jahr 2005 ein neues Gebäude auf dem Hochschul-Campus mit einer Gesamtfläche von 5.000 qm eingeweiht werden, das unter anderem die Bibliothek beheimatet. Die Studienbedingungen konnten damit erheblich verbessert werden. Wegen seiner richtungsweisenden Architektur wurde dieser Neubau im letzten Jahr mit dem 1. Preis des BDA gewürdigt. In den nächsten Jahren kommt es darauf an, dass die Hochschule Bremerhaven die hohe Qualität der Ausbildung trotz der schwierigen Haushaltslage aufrecht erhalten kann. Um dieses auch mit Blick auf die wirtschaftliche und demografische Entwicklung Bremerhavens zu ermöglichen, wird die Hochschule Bremerhaven einen weiteren Neubau erhalten, der mit einer Gesamtfläche von ca. 3000 qm dringend benötigte Räumlichkeiten für Forschungszwecke, für die Unterbringung von ausländischen Lehrenden und Studierenden ("Europahaus"), für die Kinderbetreuung und für eine Anlage der Brauereitechnik sowie einen großen Multifunktionsraum bieten soll.

Das AWI ist heute das größte Meeresforschungsinstitut in Deutschland und einer der wichtigsten Standorte der Meeresforschung in Europa. Der Mitarbeiterstamm ist seit 1995 von rund 200 auf 800 Beschäftigte angestiegen. Beispiele für die direkte Vergabe von Aufträgen in die Region sind die Wartungsarbeiten am Forschungsschiff Polarstern in den Werften, die Wartung der Flugzeuge des AWI und der Bau der Neumayer-Station III, der weitgehend in Bremerhaven erfolgt, da nach rund 15jähriger Betriebsdauer die bisherige Neumayer-Station II in der Antarktis voraussichtlich im Südsommer 2007/2008 aufgegeben werden muss.

Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) ist seit 1997 mit einer Außenstelle in Bremerhaven vertreten, die in den letzten Jahren zu einem Kompetenzzentrum mit den Schwerpunkt „Angewandte Software - Entwicklung für die Hafenwirtschaft“ und „Optimierung betrieblicher Abläufe in der maritimen Wirtschaft“ ausgebaut wurde. Das ISL soll an seinem Standort in Bremerhaven zu einem Kompetenzzentrum für Maritime Logistik ausgebaut werden. Dafür soll wissenschaftliche Kompetenz im ISL im Bereich der Maritimen Sicherheit aufgebaut werden, die Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaftsunternehmen am Standort Bremerhaven durch Kooperationsprojekte des ISL mit Wirtschaftsunternehmen gestärkt und die Kooperation zwischen dem ISL und der Hochschule Bremerhaven intensiviert werden.

Bremerhaven goes Offshore: Windenergiecluster entwickelt sich zum neuen Leuchtturm

Auf der Basis der Strategie "On- und Offshore-Windenergie in Bremerhaven und Bremen" vom 11.02.2003 zogen Senat und Magistrat gemeinsam Bilanz über die Entwicklung des Windenergieclusters Bremerhaven und gaben einen Ausblick auf die kommenden Chancen und Herausforderungen. Senat und Magistrat sehen sich deutlich in ihren Bemühungen bestärkt, das Land Bremen insbesondere in Bremerhaven weiter zu einem führenden Standort in der Windenergie in Deutschland auf- und auszubauen.

Bremerhaven und Bremen befinden sich auf Grund seiner breiten politischen Einigkeit zum Thema Nutzung und Ausbau der Windenergie an Land und auf See gegenüber Wettbewerbern im Vorteil. Die gute Ausgangsposition wird auch bestimmt durch erfolgreiche Schaffung von Netzwerken, durch gelungene Infrastrukturentwicklung, durch gezielte Forschungsförderung, Unterstützung von Unternehmen bei Forschung und Technologieentwicklung, Beteiligung an EU-Aktivitäten und die bedarfsgerechten Schaffung von Aus- und Fortbildungsangeboten in den vergangenen Jahren. Die positive Bilanz im Vergleich zu konkurrierenden Hafenstandorten in anderen Küstenländern wird auch von Gutachtern bestätigt. "Jetzt kommt es entscheidend darauf an, die Erfolge zu nutzen und die Ansiedlungs- und Umstrukturierungsbemühungen - auch durch weitere Infrastrukturmaßnahmen - konsequent und bedarfsorientiert fortzusetzen" sagte der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, Ronald-Mike Neumeyer , am Rande der Sitzung.

Im Land Bremen ist eine erhebliche Zahl von Firmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der On- und Offshore-Windenergiebranche tätig. In ihnen sind derzeit rund 850 Menschen beschäftigt. So ist es gelungen, Hersteller von Türmen und Gondeln ebenso anzusiedeln wie Zulieferer, Dienstleister und Planungsunternehmen an den Standort Bremerhaven/Bremen zu binden. Auf Grund der ab diesem Jahr erwarteten Investitionsschübe der Branche ist mit der Schaffung mehrerer hundert neuer Arbeitsplätze zu rechnen.

Schon in den vergangenen Jahren konnte Bremerhaven in der Offshore-Windenergie spektakuläre Ansiedlungserfolge verbuchen. So will mit der REpower Systems AG ein weiterer großer Windradhersteller seine Anlagen in der Seestadt bauen. Oberbürgermeister Schulz: „Es zahlt sich aus, dass wir für die Offshore-Windenergie die besten Standortvoraussetzungen bieten. Dazu gehören die optimale Infrastruktur, die direkte Anbindung ans seeschifftiefe Wasser, das hervorragend ausgebildete Arbeitskräftepotenzial, das wissenschaftliche Umfeld mit der Hochschule Bremerhaven und der Fraunhofer-Kompetenz-Gruppe für Windenergie und Meerestechnik sowie die Kompetenznetzwerke fk-wind und Windenergie Agentur Bremerhaven/Bremen.“

Die Stimme des Landes Bremen spielt wegen der anerkannten Kompetenz in diesem Cluster auf Bundesebene eine wichtige Rolle und wird politisch, wissenschaftlich und in den entsprechenden Netzwerken gehört und gefragt, so der Bericht weiter. Senator Neumeyer dazu: "Damit hat das Land Bremen sehr gute Voraussetzungen, auch zukünftig seine politischen Handlungs- und Einflussmöglichkeiten gezielt einzusetzen, um Entscheidungsprozesse im Sinne der (Offshore-)Windenergie-Nutzung zu befördern und die mit dem Windenergie-Cluster verbundenen Entwicklungspotenziale für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Bremen/Bremerhaven weiter optimal zu nutzen".

Kommunaler Finanzausgleich wird neu geordnet /
größere Autonomie Bremerhavens bei Krediten von Beteiligungsgesellschaften

Senat und Magistrat haben sich verständigt, Bremerhaven künftig größere Gestaltungsspielräume bei der Genehmigung von Krediten bei Beteiligungsgesellschaften einzuräumen.

Bislang durften Vertreter der Seestadt der Aufnahme von Krediten bei Beteiligungsgeseschafte, an denen Bremerhaven mit mehr als 75 Prozent beteiligt ist, nur mit Genehmigung des Senats zustimmen. Der Senat hat der Streichung einer entsprechenden Klausel in der Bremerhavener Stadtverfassung jetzt zugestimmt. Im Ergebnis kann die Stadtverordnetenversammlung solche Entscheidungen künftig autonom treffen.

Abschließend neu geregelt ist durch die heutigen Beschlüsse auch der kommunale Finanzausgleich zwischen Bremer und Bremerhaven. Als Ergebnis gründlicher Vorberatungen sieht die Neuregelung unter anderem vor

  • Bremerhaven bekommt zukünftig die Personalkosten für Polizei und Lehrer statt bisher zu 95 % zu 100 % erstattet.
  • Mittel für Investitionen und Sachausgaben bei der Polizei sollen Bremerhaven erstattet werden. Die Erstattung für die Sachausgaben wächst bis 2011 auf 100 % an. Investitionsausgaben werden bereits ab 2008 zu 100 % vom Land erstattet.
  • Für das kommunale Steueraufkommen im stadtbremischen Überseehafengebiet erhält Bremerhaven im neuen kommunalen Finanzausgleich jährlich 5 Mio. €.

Finanzsenator Dr. Ulrich Nussbaum und Bürgermeister Michael Teiser übereinstimmend: „Beide Städte müssen durch das Land gleich behandelt werden. Das stellen wir künftig sicher. Personalkosten für Polizei und Lehrer werden woanders auch von den Ländern getragen. Deshalb haben wir für Bremerhaven eine gerechte Regelung geschaffen“.