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Der Senator für Finanzen

„Fataler Zweiklang von Bürokratie und Verbrechen“

Ausstellung „Ausplündern und verwalten“ eröffnet

27.11.2014

"Es ist wichtig, dass wir uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen und daraus lernen. Die Ausstellung 'Ausplündern und verwalten' verdeutlicht, dass der Staat im Nationalsozialismus die jüdische Bevölkerung hemmungslos ausgeplündert hat. Mit der Ausstellung stellt sich das Finanzamt Bremen seiner NS-Vergangenheit", erklärte Finanzsenatorin Karoline Linnert heute (27. November 2014) bei der Ausstellungseröffnung im "Haus des Reichs". Sie betonte, dass die Ausstellung an einem geschichtsträchtigen Ort gezeigt werde. In der NS-Zeit war hier der Sitz des Oberfinanzpräsidenten Weser-Ems und der Bremer Finanzämter und hier residierte auch der Gauleiter und Reichsstatthalter. Die Bürgermeisterin wünschte der Ausstellung viele Besucherinnen und Besucher: "Die Ausstellung sensibilisiert gegenüber vielfältigen Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung. Wie hätte ich in der damaligen Situation gehandelt? Diese Frage sollte sich jede und jeder stellen."

Werner Gatzer, Staatssekretär beim Bundesministerium der Finanzen, berichtete, dass auch das Bundesfinanzministerium die Geschichte der Finanzverwaltung in der Zeit des Nationalsozialismus untersuche. Eine unabhängige Historiker-Kommission ist mit der Erforschung der Geschichte des Reichsfinanzministeriums in der Zeit des Nationalsozialismus beauftragt. Die Arbeit sei noch nicht abgeschlossen aber schon jetzt sei klar: "Es gab einen fatalen Zweiklang von Bürokratie und Verbrechen." Nach dem Krieg habe man gern von einem reinen Fachministerium gesprochen, das an den politischen Entscheidungen des NS-Regimes nicht beteiligt war. Man sei lediglich Hauptbuchhalter und Zahlmeister des NS-Regimes gewesen. Kommentar des Staatssekretärs: "Diese verharmlosende Sichtweise ist nicht haltbar. Die Finanzverwaltung und das Ministerium waren eng verstrickt mit dem NS-System und seinen Verbrechen. Vorschriften und Regelungen wurden zunehmend unter rassistischen und antisemitischen Gesichtspunkten ausgelegt und angewandt – stets zum Schaden der Verfolgten."

Der Historiker Dr. Jaromir Balcar, Leiter des Forschungsprojektes zur "Judenverfolgung und Wiedergutmachung in Bremen", bezeichnete die Kooperation zwischen Forschern und Finanzressort bei der Aufarbeitung der Geschichte der NS-Steuerverwaltung und der Wiedergutmachung in Bremen als gelungen. Er erinnerte an die "Aktion M" im besetzten West-Europa: Jüdischer Besitz wurde in europäischen Nachbarländern beschlagnahmt und ins Gau Weser-Ems transportiert. "Dadurch hat Bremen eine gesamteuropäische Bedeutung bei der Ausplünderung der Juden." Er freute sich, dass die Forschungsergebnisse im Rahmen der Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Foto: Pressereferat Finanzsenatorin