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Die Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung

Salz in Werra und Weser – Maßnahmen, Folgen, Zukunft –

23.05.2000

Fachtagung der ARGE Weser am 23. Mai 2000 in Kassel

Die Tagung
Heute findet in Kassel im „Mövenpick-Hotel“ eine eintägige Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der Weser (ARGE Weser) statt, die sich ausführlich mit dem Thema Salz in Werra und Weser beschäftigen wird. Die Eröffnung erfolgt durch die derzeitige Vorsitzende Senatorin Christine Wischer von der Freien Hansestadt Bremen. Acht Referenten aus Wirtschaft, Verbänden und Behörden werden die vielfältigen technischen Maßnahmen, die im letzten Jahrzehnt durchgeführt worden sind, deren positive Auswirkungen auf das Gewässersystem und die zukünftigen Anforderungen an die Gewässergüte von Werra und Weser vortragen und zur Diskussion stellen. Das Programm ist in der Anlage beigefügt.

Folgen der Versalzung
Seit Jahrzehnten ist die Versalzung von Werra und Weser das bedeutendste Gewässergüteproblem im Wesergebiet. Konzentrationen von über 25.000 mg/l für Chlorid waren noch vor 10 Jahren an der Werra keine Seltenheit. Zur damaligen Zeit war die Werra salziger als die Nordsee.

Seinen Höhepunkt nahm die Belastung Anfang der 70er Jahre, nachdem die damalige DDR begonnen hatte, sämtliches Salzabwasser aus der Kaliindustrie direkt in die Werra einzuleiten. In der Folge fand in Werra und Weser neben der Einschränkung der wasserwirtschaftlichen Nutzung eine Degradierung des Lebensraumes und die Verarmung und Verfremdung der Biozönose statt. Anfang der 90er Jahre fanden sich nur noch wenige, gegen Salz besonders tolerante Arten, von denen Massenentwicklungen zu beobachten sind. Der Hauptteil der Salzbelastung stammte aus den thüringischen Kaliwerken. Da Salz nicht abgebaut wird, war der gesamte Weserlauf betroffen. So wurden zum Beispiel allein 1988 12 Millionen Tonnen Salz in die Nordsee transportiert. Die Menge ist in 1999 auf etwa 3 Millionen Tonnen reduziert worden.

An den Folgen der Versalzung litten Landwirtschaft und Fischerei. Auch Schäden an Weserbauwerken sind auf die Salzkonzentrationen zurückzuführen. Die Wasserversorgung aus dem Uferfiltrat der Weseraue wurde stark beeinträchtigt; Fremdenverkehr und Erholung erfuhren wesentliche Einschränkungen.

Verhandlungen mit der DDR
In den 80er Jahren hatte die Bundesrepublik Deutschland mit der DDR intensive Verhandlungen geführt, mit dem Ziel, eine gemeinsame Lösung für dieses gravierende Gewässerproblem zu finden. In jahrelangem zähem Ringen wurden diverse Konzepte diskutiert und vielfältige Finanzierungsangebote ausgeschlagen. Das Aktionsprogramm Weser im Jahre 1989 beschreibt erstmalig hinsichtlich der Salzfrage konkrete Maßnahmen, deren Realisierung jedoch nicht unbedingt als selbstverständlich gelten konnte.

Verwaltungsabkommen
Letztendlich eröffnete erst die deutsche Wiedervereinigung die Chance, diesen Zustand gemeinsam zu verbessern. Diese Chance aufgreifend, schloss die Arbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der Weser (ARGE Weser) – die Länder Bremen, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem Bund und dem Freistaat Thüringen, dem neuen Mitgliedsland in der ARGE Weser – 1992 ein Verwaltungsabkommen, mit dem die Senkung der Salzlast aus den thüringischen Kaliwerken erreicht werden sollte.

Kosten der Salzreduzierung
Das vereinbarte Maßnahmenpaket sollte 150 Mio. DM kosten. Die 5 Weserländer und der Bund hätten davon 120 Mio. DM übernommen; der Rest sollte von der Kaliindustrie gezahlt werden.

Im Rahmen einer Fachtagung der ARGE Weser wurde am 22. März 1993 in der Gesamthochschule in Kassel – sozusagen als Auftaktveranstaltung – der damalige Ist-Zustand aus Sicht der verursachenden Industrie, der betroffenen Bürger und der Wissenschaft sowie der Verwaltung eingehend dargestellt und diskutiert.

Zunächst konnte die Salzlast durch die ursprünglich nicht vorgesehene betriebswirtschaftlich bedingte Schließung von zwei thüringischen Werken Anfang der 90er Jahre deutlich gesenkt werden. Mitte des Jahres 1999 konnten dann die vorgesehenen technischen Maßnahmen als Gesamtlösung in Betrieb gehen. Insgesamt reduzierte sich der Kostenrahmen für die Maßnahmen des Verwaltungsabkommens auf 77 Mio. DM, da durch die Werksschließungen einige geplante Maßnahmen entbehrlich wurden. Bund und Weserländer trugen 60 Mio. DM, wobei der Bund 50 % und die Länder jeweils 10 % gezahlt haben. Kali und Salz GmbH hat weitere 29 Mio. DM für unvorhergesehene Zusatzmaßnahmen investiert, sodass insgesamt 106 Mio. DM zur Salzreduzierung ausgegeben wurden.

Beweissicherung
Während der gesamten Umsetzungsphase wurden umfangreiche biologische und chemisch/physikalische Untersuchungen durchgeführt, um die Auswirkungen auf das Ökosystem Werra – Weser zu überwachen.

Verbesserungen
Zuversichtlich stimmen die Erkenntnisse, die in dieser Zeit gewonnen wurden. Nach der in 1999 erfolgten Umsetzung des von der Kali und Salz GmbH erarbeiteten und bestätigten technischen Konzepts konnte in den vergangenen Monaten ein Wert um die 2.500 mg/l für Chlorid an der Messstelle Gerstungen/Werra durchgehend verzeichnet werden. Damit ist innerhalb von zehn Jahren eine Reduzierung bei den Spitzenwerten um 90 % erreicht worden.

Bei den parallel durchgeführten Untersuchungen der Gewässerlebensgemeinschaften können deutliche Verbesserungseffekte hinsichtlich zunehmender Artenzahl und –dichten festgestellt werden. Rückläufige Erkrankungsraten und ein Zuwachs beim Artenspektrum sind ebenso bei den Fischen und den Fischlarven zu verzeichnen.

Bei anhaltend geringer und gleichmäßiger Salzlast, wie sie durch die nunmehr greifenden technischen Maßnahmen zu erwarten ist, wird sich das Artenspektrum und seine Dichte weiter verbessern.

Die umfassenden Ergebnisse der Beweissicherung werden auf der Tagung auch gedruckt in einer 44-seitigen Kurzfassung mit dem Titel „Folgen der Reduktion der Salzbelastung in Werra und Weser für das Fliessgewässer als Ökosystem“ öffentlich vorgelegt.

2. Aktionsprogramm Weser
Zum Abschluss der Veranstaltung wird über das nachfolgende 2. Aktionsprogramm Weser für die Zeit 2000 – 2010 berichtet.

Die Minister/innen der Länder Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen haben den Entwurf des 2. Aktionsprogramms vor gut einem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt.

Im 2. Aktionsprogramm wird die Reduktion der Nährstoffe und der gefährlichen Stoffe höhere Priorität haben.

Ziel ist es, dass auch die Verbesserung der Lebensbedingungen der Langdistanzwanderfische wie Lachs und Meerforelle in der Weser und ihren Nebenflüssen wieder heimisch werden können. Mit der Salzlastreduzierung ist eine erste wichtige Voraussetzung zur Realisierung geschaffen worden. Weitere Schritte müssen folgen.