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Senatskanzlei


Ludwig Knoop - wie ein Bremer Bürger russischer Baron wurde

12.07.1999


Die Klänge einer Violine wehen über die weiten Rasenflächen. In kleinen Grüppchen stehen die Menschen und lauschen der Musik, manche haben sich auf dem Rasen niedergelassen. Man plaudert verhalten oder nippt an seinem Glas: Ein Sommerfest in Knoops Park im Norden Bremens, wie es Ende des 19. Jahrhunderts in diesem herrlichen, weithin bekannten Garten üblich war - und zugleich eine Szene im musikalischen "Sommer in Lesmona" Ende des 20. Jahrhunderts. Seit nunmehr fünf Jahren nutzt die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen die wunderschöne Parkanlage für ihr stimmungsvolles Open-Air-Festival, das in diesem Jahr vom 16. bis 18. Juli stattfindet. Sie hätte sich kaum ein schöneres Anwesen aussuchen können als diesen Park, den die Stadt dem überaus erfolgreichen Kaufmann Ludwig Knoop verdankt, Sohn einer alteingesessenen Bremer Familie.


Ludwig Knoop wurde als eines von acht Kindern der Eheleute Gerhard und Anna Knoop 1821 geboren. Gerhard Knoop unterhielt seinerzeit ein bescheidenes Tabakgeschäft. Nichts deutete zunächst darauf hin, daß der kleine, schmächtige Ludwig der vermutlich reichste Bremer seiner Zeit werden würde. Er besuchte bis zum 14. Lebensjahr eine Kirchspielschule, an einen weiterführenden Schulbesuch war bei der finanziellen Lage der Familie nicht zu denken. So schloß sich eine dreijährige kaufmännische Lehre an. Doch dann wagte Ludwig Knoop einen für seinen weiteren Lebensweg entscheidenden Schritt: Er ging nach England und fand dort Beschäftigung bei der Firma Jersey & Co, die mit Twisten handelte.


Diese Firma hatte bereits Handelsbeziehungen nach Moskau geknüpft, denn dort wurden die englischen Twiste in großen Mengen benötigt, um den

Bedarf der noch handwerklich betriebenen Webereien zu befriedigen. Als der Moskauer Firmenvertreter einen Gehilfen suchte, zögerte Ludwig Knoop nicht lange und reiste nach Moskau. Dort übernahm er bald selbst die Firmenvertretung. Und hier nutze er die Gunst der Stunde. Die Russen wollten nämlich die Baumwollgarne selber herstellen und eigene Maschinenspinnereien aufbauen. Hierzu war aber fremde Hilfe nötig, die Knoop organisierte: Er gründete 1852 eine eigene Firma in Moskau, die Kredite besorgte und Maschinen beschaffte. Und mehr noch: Auch Ingenieure und Facharbeiter wurden ausgebildet.


Knoop profitierte alsbald von der einsetzenden Industriealisierung in Rußland. Immer mehr Unternehmer erbaten seine Hilfe beim Aufbau von Textilfabriken. Schließlich war er an der Gründung von insgesamt 200 Fabriken beteiligt - und um 1850 gründete er in der Nähe von Narwa in Estland das Werk "Kränholm". Mit seinen 400 000 Spindeln und 2000 Webstühlen zählte es schließlich zu den größten des Kontinents.


Kontinuierlich baute der als ungemein fleißig, zuverlässig und solide geltende Ludwig Knoop seine Geschäftsbeziehungen aus. So war er u.a. auch bei der Gründung der Moskauer Diskontbank und der Petersburger Privatbank beteiligt. Ehrenvoller Höhepunkt seiner Karriere war es zweifellos, als der russische Zar ihn anläßlich des 25jährigen Geschäftsjubiläums zum erblichen Baron ernannte.


Knoop war ein "echter" Bremer. Er, der überwiegend in Rußland und London wohnte, hatte seine Wurzeln nicht gekappt: Sein Herz hing an Bremen - und so sah er sich hier nach einem Ruhesitz um. Seine Wahl fiel auf das Landgut

Mühlenthal in St. Magnus, am hohen Ufer der Lesum - ein leicht welliges Gelände mit Äckern, Wiesen und Baumgruppen. Nach und nach wurden Nachbargrundstücke gekauft und schließlich ein Schloß im englischen Tudor-Stil erbaut - Schloß Mühlenthal. Wilhelm Benque, der auch den Bremer Bürgerpark schuf, entwarf dafür einen herrlichen englischen Garten.


Ludwig Knoop hatte es im Laufe seines Lebens zum mehrfachen Talermillionär gebracht. Er starb 1894 und erlebte nicht mehr, daß das gesamte Firmenvermögen durch die Folgen der russischen Revolution und des 1. Weltkrieges verlorenging. Nur an der Textilfabrik Kränholm blieben die Knoopschen Erben beteiligt. Der Vermögensverfall verschonte auch das Landgut Mühlenthal nicht. 1936 fiel es an die Gemeinde Lesum - und erfreut heute als Knoops Park jeden, der in dieser wunderschönen öffentlichen Parkanlage Ruhe und Entspannung sucht.