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Senatskanzlei

Freude in Bremen: Zwei wertvolle Zeichnungen kehren zurück

24.01.2000

Wie im Krimi: Spannende Geschichte rankt sich um 14 Kunstblätter



Der 25. Januar 2000 wird in der Bremer Kunsthalle und bei dem sie tragenden Kunstverein zweifellos ein Tag, an den man sich noch lange erinnern wird. An diesem Dienstag nämlich kehren zwei wertvolle Zeichnungen in ihren Besitz zurück: Eine Federzeichnung - Madonna mit Kind - die Raffael zugeschrieben wird und eine dem italienischen Künstlers Bernini zugeschriebene Kreidezeichnung , die einen männlichen Akt zeigt. Bundeskanzler Gerhard Schröder höchstpersönlich überbringt die beiden lang vermissten Blätter. Sie gehören zu einem Konvolut von während des Krieges ausgelagerten Kunstwerken. Davon befanden sich 14 Zeichnungen, die gegen Kriegsende von sowjetischen Soldaten verschleppt wurden, lange im aserbaidschanischen Baku. Um sie rankt sich eine spannende Geschichte. Die beiden jetzigen Bilder gelangten offenbar auf verborgenem Weg zum Aserbaidschanischen Präsidenten Hajdar Alijew, der sie dem Bundeskanzler übergab. Die jahrelangen intensiven Bemühungen der Kunsthalle und des Bremer Senats um die Rückgabe der Bilder stehen damit vor einem ersten großen Erfolg.


Kunsthallenchef Prof. Wulf Herzogenrath bewegt neben der großen Freude über die Bilderrückkehr die Zuversicht, auch die anderen 12 Blätter bald in Händen halten zu können. Die befinden sich nämlich noch in New York - und ihre Geschichte liest sich wie ein Krimi. Bereits 1993 war der Bremer Kunstverein auf Zeichnungen aufmerksam geworden, die in Baku in einer Ausstellung gezeigt wurden und als Eigentum des Kunstvereins identifiziert werden konnten. Kurz darauf wurden sie vom Museum in Baku als gestohlen gemeldet, einige von ihnen wurden bald darauf im Auktionshaus Sotheby's in New York angeboten. Der Versuch, den russischen Anbieter mitsamt der Zeichnungen mit Hilfe des FBI festzunehmen, misslang jedoch.


Neue Nachrichten erhielt der Bremer Kunstverein im Jahre 1997 von der deutschen Botschaft aus Japan. Dort böte, so hieß es, ein Japaner 12 angeblich aus Familienbesitz stammende Zeichnungen zum Preis von 12 Mio. Dollar an. Viele von ihnen würden den Stempel des Kunstvereins bezw der Kunsthalle Bremen tragen. Acht der 12 Blätter konnten seinerzeit einwandfrei identifiziert werden, woraufhin der Japaner die Familiengeschichte aufgab und mit seiner Preisforderung auf 6 Mio. Dollar zurückging. Auf das Angebot des in der Museumspraxis üblichen Finderlohns von 10-12 Prozent ging er nicht ein - auch nicht, als er Ende 1997 zu einem Treffen nach Bremen kam. Der Kunstverein beharrte im übrigen darauf, dass ohne eine Besichtigung der Originale nicht weiterverhandelt werden könne. Daraufhin erwog man eine Zusammenkunft in New York, die am 5. September tatsächlich zustande kam. Zuvor waren jedoch die Zollfahndung und Staatsanwaltschaft vom Kunstverein informiert worden. Es war davon auszugehen, dass die Kunstwerke illegal ohne Zollpapiere in die USA eingeführt worden waren.


Das Treffen und die Verhandlungen zwischen dem Vertreter des Kunstvereins( in Begleitung eines getarnten Zollbeamten) mit dem japanischen Anbieter wurde von Sicherheitsbeamten verfolgt. Nach einigen Verwicklungen konnten die Beamten der Zollbehörde den Anbieter sowie drei Russen festnehmen. Die 12 Zeichnungen wurden beschlagnahmt, acht von ihnen konnten vor Ort eindeutig als Bremer Blätter identifiziert werden. Vier weitere Bremer Zeichnungen wurden bei späteren Durchsuchungen gefunden.


Seither werden die wertvollen Zeichnungen in New York verwahrt - bis zur endgültigen juristischen Klärung der Eigentumsverhältnisse. Doch jetzt, nachdem Aserbeidschan zwei Zeichnungen zurückgegeben hat, besteht berechtigte Hoffnung, dass diese Eigentums-Anerkennung auch für die Blätter gilt, die sich in Ney York befinden.


Insgesamt sind es ca 1700 Zeichnungen und rund 3000 Bl. Druckgraphik die 1943 aus Sicherheitsgründen aus der Kunsthalle Bremen in das Schloss Karnzow (Kreis Kyritz) in der Mark Brandenburg ausgelagert worden. Bei Kriegsende fielen sie in die Hände sowjetischer Soldaten und auch der dortigen Zivilbevölkerung. Alle Bremer Verluste wurden 1991 in der "Dokumentation der durch Kriegsauslagerung im 2. Weltkrieg vermissten Kunstwerke der Kunsthalle Bremen" in russischer und deutscher Sprache

publiziert, basierend auf dem erhaltenen Vorkriegsarchiv und seinem Abbildungsmaterial. Dieser Katalog wurde an Museen, Galerien, Auktionshäuser und die deutschen Botschaften in aller Welt verschickt. Eine zweite verbesserte Auflage in englischer Sprache liegt seit Oktober 1997 vor.