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Senatskanzlei

Strenge Rituale, wohlschmeckende Kost und viele Reden beim 457. Schaffermahl

07.02.2001

Traditionsreiches Treffen gilt als das älteste Brudermahl der Welt

Bayerns Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber kennt das Bremer Rathaus. Bei seinem letzten Besuch aus Anlass der Ministerpräsidentenkonferenz im November 1999 ging es ums harte politische Tagesgeschäft. Am kommenden Freitag (9. Februar 2001) indes führt den Bayern ein eher geselliger Anlass in den hohen Norden: Er ist Ehrengast der 457. Schaffermahlzeit - jenes ältesten Brudermahls der Welt, das im Bremer Rathaus stets am zweiten Freitag im Februar mit Hingabe zelebriert wird. Zu diesem Zweck wird die ohnehin wunderschöne mittelalterliche Obere Halle des Bremer Rathauses besonders festlich hergerichtet. Wertvolles Silber wird aufgelegt, Kerzen brennen, und die rund 300 Männer haben den Frack angelegt. Es sind bremische Kaufleute, Kapitäne sowie Gäste aus mehr als zehn Nationen, die sich zu dem fast fünfstündigen Mahl versammeln. Das traditionsreiche Treffen dient einem guten Zweck: Es werden Spenden für die Bremer Stiftung “Haus Seefahrt” gesammelt. Sie unterstützt seit fast einem halben Jahrtausend altgediente Seefahrer und deren Angehörige.

Seit Jahrhunderten hat sich an dem Zeremoniell während des Schaffermahls nichts geändert. Selbst die Vorschrift nicht, dass keine Frauen zu diesem einzigartigen Ereignis zugelassen sind. Wenn die 100 seemännischen und 100 kaufmännischen Mitglieder von “Haus Seefahrt” sowie ihre rund 100 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft an der feierlich geschmückten Tafel Platz genommen haben, erwartet sie ein in allen Einzelheiten festgelegter Ablauf. Zwischen den Gängen mit einfacher, wohlschmeckender bremischer Seemannskost sind insgesamt 12 Reden platziert - unter anderem auf Bundespräsident und Vaterland, auf Bremen und den Senat sowie auf Handel, Schifffahrt und Industrie.

Kein Gast muss übrigens sein Essen bezahlen - die Kosten tragen stets die drei ausrichtenden Schaffer. An den Tischen kreist aber nach alter Sitte ein Salzfass. Dorthinein legt man unauffällig Geldscheine oder Schecks. Dabei zählt es zu guter bremischer Tradition, dass über die Spenden, die in jedem Jahr zusammenkommen, Stillschweigen geübt wird. Gleichwohl darf man sicher sein, dass es sich stets um keine geringe Summe handelt. Das Geld kommt unverzüglich der Stiftung “Haus Seefahrt” zu, der vermutlich ältesten, bis heute bestehenden sozial und konfessionell unabhängigen Stiftung der Welt.

“Das Schicksal der schändlichen Armut soll keinen der unseren treffen”, schwor sich im Jahre 1545 eine Runde von Bremer Reedern, Kapitänen und Seefahrern und sammelten für die Unglücklichen ihrer Berufszweige: Für die Hinterbliebenen ertrunkener oder vermisster Seeleute, für die verkrüppelten oder gezeichneten Opfer schwerer Arbeitsunfälle und für all jene, die im maritimen Gewerbe unverschuldet um Lohn und Brot gekommen waren. So begann es, das Schaffermahl, das heute zu den bedeutendsten gesellschaftlichen Ereignissen Deutschlands gehört. Und es ist eine besondere Ehre, zu diesem Brudermahl gebeten zu werden. Kein Wunder, denn die Einladung, an der Schaffertafel Platz zu nehmen, wird nur ein einziges Mal ausgesprochen.