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Senatskanzlei

Konferenz Norddeutschland in Ahrensburg

08.02.2001

Ministerpräsidenten aus Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen erörterten unter Vorsitz von Heide Simonis Maßnahmen zur BSE-Bekämpfung, Verkehrsinfrastruktur im Norden und künftige Kooperationsfelder

Zu der jährlich stattfindenden Konferenz der norddeutschen Länder haben sich heute (8. Februar 2001) in Ahrensburg die Regierungschefs aus Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen getroffen. Die Konferenz stand unter dem Vorsitz von Ministerpräsidentin Heide Simonis. Die Regierungschefs führten auch ein Gespräch mit dem Unternehmer-kuratorium Nord.

Im Mittelpunkt der Gespräche standen die BSE-Problematik, die Verkehrs-infrastruktur für Norddeutschland sowie die ökonomische Bildung. Außerdem wurde die Zusammenarbeit der norddeutschen Länder mit dem Ziel einer Intensivierung der Kooperation von Behörden und Institutionen erörtert.

Ministerpräsidentin Heide Simonis betonte, dass die Konferenz Norddeutschland neben den bilateralen und trilateralen Kabinettssitzungen ein weiteres umfassendes Forum für alle fünf Länder sei. Gemeinsame Grundsatzfragen sowie strukturpolitische und raumordnerische Entwicklungs-vorstellungen könnten so erörtert werden. Die Zusammenarbeit zwischen den norddeutschen Ländern sei mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Eine laufende Abstimmung und Koordinierung sei auch deshalb notwendig, um die Interessen der norddeutschen Länder in Berlin noch stärker zur Geltung zu bringen und gegenüber dem Süden ein Gegengewicht zu setzen.

Zu den Themen der Konferenz erklärten Heide Simonis und der Vorsitzende des Unternehmerkuratoriums Nord, der Vizepräses der Handelskammer Hamburg, Dr. Peter von Foerster, im Anschluss:
Die BSE-Fälle erfordern einen grundlegenden Umdenkprozess bei den Verbrauchern sowie in der Land- und Ernährungswirtschaft. Die Politik muss diesen Prozess gestalten und die erforderlichen Rahmenbedingungen setzen. Die Gesundheit der Bevölkerung und somit die Sicherheit der Nahrungsmittel sowie die Transparenz der Qualität und Zusammensetzung der Lebensmittel müssten Vorrang haben. Die Lebensmittelproduktion habe sich an den Forderungen nach Sicherheit und Transparenz auszurichten.

Die finanziellen Folgen der BSE-Problematik seien gemeinsam von der EU, dem Bund und den Ländern sowie der Wirtschaft zu tragen. Auch die Verbraucher müssten sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass sie für sichere Lebensmittel höhere Preise zahlen müssen.


Die Konferenz Norddeutschland hält insbesondere folgende Maßnahmen für dringlich:

  • BSE-Tests müssen EU-weit auf alle Schlachtrinder ausgedehnt werden. Die Testgrenze muss schrittweise nach unten gezogen werden. Schafe und Ziegen sind ebenfalls zu testen. Darüber hinaus sind entsprechende Anstrengungen zu unternehmen, um BSE-Tests auch an lebenden Tieren zu ermöglichen.
  • Die Kennzeichnung von Lebensmitteln muss verstärkt überwacht werden. Die Rechtsgrundlage für die öffentliche Bekanntgabe von Herstellern falsch deklarierter Lebensmittel muss bundesweit eindeutig geregelt werden.
  • Das Verfütterungsverbot von Tiermehl und Tierfett ist EU-weit dauerhaft festzusetzen.
  • Tiermehl sollte in die Biomasse-Verordnung aufgenommen werden. Bei Tiermehl handelt es sich um einen Stoff, der einen ähnlichen Brennwert wie Braunkohle hat.
  • Separatorenfleisch und im einzelnen deklarierte Risikomaterialien müssen EU-weit aus der Nahrungskette herausgenommen werden.
  • Rinder aus BSE-betroffenen Beständen sind zu töten, solange keine anderen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse Verbrauchersicherheit garantieren. Die Bundesregierung ist aufgefordert, die entsprechende Rechtsgrundlage zu schaffen.

Heide Simonis hob in diesem Zusammenhang hervor, dass der Paradigmen-wechsel beim Verbraucherschutz und in der landwirtschaftlichen Produktion unausweichlich sei. Dabei handele es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur für Norddeutschland sehen die Konferenz Norddeutschland und das Unternehmerkuratorium Nord die deutschen Küstenländer als eine wesentliche Drehscheibe für transeuropäische und internationale Verkehrsströme. Neben internationalen Fernverkehren, die insbesondere die Seehäfen an Nord- und Ostseeküste mit dem mittel-, nord- und osteuropäischen Hinterland verbinden, nehme die Bedeutung der trans-europäischen Verkehre weiter zu. Diese Entwicklung erfordere eine bedarfs-gerechte Infrastruktur. Zwischen Politik und Wirtschaft bestehe Einvernehmen, dass neben der verbesserten Koordination von diesen Projekten auch eine zeitgerechte Umsetzung der zur Standortsicherung notwendigen Maßnahmen von herausragender Bedeutung sei. Die Regierungschefs forderten daher die Bundesregierung auf, Norddeutschland bei der Neuaufstellung des Bundes-verkehrswegeplans angemessen zu berücksichtigen.

Die Konferenz Norddeutschland hat die Ergebnisse der Untersuchung zu einer möglichen Privatfinanzierung der A 20 im Zuge der Nord-West-Umfahrung von Hamburg zur Kenntnis genommen. Die zuständigen Fachminister in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind gebeten worden, die Möglichkeiten zur Privat-finanzierung der Elbquerung (Tunnelbauwerk und Rampen) weiter zu verfolgen, sobald Klarheit über die Präferenzlinie bestehe. Die Konferenz Nord-deutschland bekräftigte, dass die A 20 mit Nord-West-Umfahrung Hamburg von hoher Bedeutung für Norddeutschland sei und betonte erneut die Forderung gegenüber der Bundesregierung, den Verkehrsinfrastrukturbedarf der norddeutschen Küstenländer zu berücksichtigen.

Zwischen der Konferenz Norddeutschland und dem Unternehmerkuratorium Nord besteht Einvernehmen, dass der Neubau der Hochgeschwindig-keitsstrecke Hamburg/Bremen-Hannover (Y-Trasse) für die notwendige Ergänzung der Verkehrs-infrastruktur in Norddeutschland von hoher Bedeutung und eine baldige Anfinanzierung durch den Bund erforderlich sei. Die Konferenz Norddeutschland begrüßt ausdrücklich die Unterstützung der norddeutschen Wirtschaftsverbände zur Realisierung dieser Pläne. Gleiches gelte für den geplanten Ausbau der Hoch-geschwindigkeitsstrecke Hamburg-Berlin über Ludwigslust.

Die Regierungen von Niedersachsen, Bremen und Hamburg beabsichtigen, in Kooperation einen Container-Tiefwasserhafen zu entwickeln. Ziel des Vorhabens sei es, den Hafenstandort Deutschland im internationalen Hafenwettbewerb für die Zukunft abzusichern. Die Entscheidung über Standort und Entwicklung eines neuen deutschen Tiefwasserhafens könne nach abschließender Bewertung der vorliegenden Bedarfs- bzw. Standortanalyse nur unter Beteiligung privater Investoren und nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen.

Die Konferenz Norddeutschland hat gegenüber dem Unternehmerkuratorium die Bedeutung der Vermittlung einer fundierten ökonomischen Bildung in der Schule unterstrichen. Positiv äußerten sich die Ministerpräsidenten über die bereits bestehende ausgedehnte Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft. Seitens der Bildungsministerien würden bestehende und neu entwickelte Beispiele für Kooperationen in den jeweiligen Landesbildungsservern verfügbar gemacht.

Die Konferenz Norddeutschland erörterte auch den aktuellen Stand hinsichtlich der Offshore-Windenergienutzung. Die Regierungschefs waren sich einig, einen regelmäßigen Informationsaustausch zu organisieren. Außerdem solle es eine „Offshore-Konferenz” unter Beteiligung des Bundes geben. Die Bundesregierung solle darüber hinaus gebeten werden, die norddeutschen Länder bei den notwendigen EU-rechtlichen Abstimmungen mit den Nachbarländern der Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen. Sichergestellt werden müsse, dass der bis 2006 angestrebte Ausbau der Windenergie im Offshore-Bereich von Nord- und Ostsee durch kalkulierbare Genehmigungs-verfahren in der Ausschließlichen Wirtschaftszone erreichbar werde. Die Untersuchungen und Behördenabstimmungen sollten in enger Zusammenarbeit mit den norddeutschen Ländern vorgenommen werden.

Schließlich vertrat die Konferenz Norddeutschland übereinstimmend die Auffassung, dass die Zusammenarbeit zwischen den norddeutschen Ländern auch institutionell vorangetrieben werden müsse. Ziel sei eine effizientere und kostensparende Erfüllung von Aufgaben. Daher sollten die Möglichkeiten von Einsparungs-, Bündelungs- und Synergieeffekten in den verschiedenen Bereichen geprüft werden, in denen sich einen Zusammenarbeit anbiete. Es wurde vereinbart, die Intensivierung der Zusammenarbeit auf institutioneller Ebene als ständigen Beratungspunkt sowohl der Konferenz Norddeutschland als auch der Fachminister-konferenzen auf norddeutscher Ebene vorzusehen.

Erfolgversprechende Ansatzpunkte werden in folgenden Bereichen gesehen:
Datenzentralen, Statistische Landesämter, Landesvermessungsämter, Katastrophen-schutz einschließlich maritime Notfallvorsorge, Eichverwaltungen, Weiterbildungs-infrastruktur, Labore - Lebensmittel- und Veterinärunter-suchungen, Agrarverwaltung, Konkretisierung des Regionalen Entwicklungs-plans 2000, Arbeits- und Gesundheits-schutz, Lehrerausbildung sowie Universitätsklinika.

Zum Abschluss der Gespräche informierte Hamburgs Erster Bürgermeister Ortwin Runde das Unternehmerkuratorium über den aktuellen Stand der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs.