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Der Senator für Kultur

Bremer Museen stellen sich ihrer historischen Verantwortung

Focke-Museum und Kunstverein in Bremen geben im Nationalsozialismus entzogene Kunstwerke zurück

17.11.2010

Der Senator für Kultur, das Focke-Museum und der Kunstverein in Bremen teilen mit:

Das Focke-Museum und der Kunstverein in Bremen als Träger der Kunsthalle haben am heutigen Mittwoch (17. November 2010) zwei Kunstwerke an die Erben der jüdischen Sammlerin Emma Ranette Budge zurückgegeben.
„Ich begrüße es sehr, dass sich die Bremer Museen ihrer historischen Verantwortung stellen und wir heute zumindest einen Teil des Unrechts wieder gutmachen können, das den Erben von Emma Ranette Budge widerfahren ist“, betonte der Senator für Kultur, Bürgermeister Jens Böhrnsen.

Lothar Fremy, Anwalt der Erben von Emma Ranette Budge, nahm heute im Focke-Museum eine Kissenplatte, datiert 1620, aus dem Bestand des Focke-Museums, sowie eine Bronzeskulptur eines anonymen Künstlers aus dem 16. Jahrhundert aus dem Bestand der Kunsthalle Bremen entgegen. „Es handelt sich vor dem geschichtlichen Hintergrund um eine verantwortungsvolle sowie nach den Grundsätzen des Washingtoner Abkommens um eine gerechte und faire Lösung des Kunstvereins und des Focke-Museums, beide Kulturgüter an die Erben von Emma Ranette Budge zurückzugeben“, so Lothar Fremy. „Die beiden Bremer Museen zählen damit zu den ersten deutschen Museen, die den berechtigten Rückgabeansprüchen der Erben in vorbildlicher Weise nachgekommen sind."

Auf Antrag der Erben hatten beide Museen die Provenienz der Kulturgüter erforscht und sich im Sinne der Washingtoner Erklärung zur Rückgabe entschlossen.
„Als Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte sehen wir es als unsere Pflicht an, Restitutionsforderungen nachzugehen und die Rückgabe enteigneter Kunstwerke zu ermöglichen. Wir freuen uns, dass das Wappenkissen nach so langer Zeit wieder in den rechtmäßigen Besitz der Erben Frau Budges gelangt“, so die Direktorin des Focke-Museums, Dr. Frauke von der Haar.

Bürgermeister Böhrnsen, (li.) Heinz Rauber (2.v.li., Vorsitzender der Emma Budge Stiftung), Frauke von der Haar (Focke Museum) und Georg Abegg (Vorsitzer Kunstverein Bremen) während der Übergabe der Kulturgüter.
Bürgermeister Böhrnsen, (li.) Heinz Rauber (2.v.li., Vorsitzender der Emma Budge Stiftung), Frauke von der Haar (Focke Museum) und Georg Abegg (Vorsitzer Kunstverein Bremen) während der Übergabe der Kulturgüter.

„Die Skulptur der Diana, etwa in der Zeit 1561 bis 1607 in Italien entstanden, wurde dem Kunstverein von dem Bremer Kaufmann Hans von Feldmann geschenkt. Wir waren sehr dankbar, lebt doch die Sammlung des Kunstvereins seit seiner Gründung 1823 bis zum heutigen Tag von den Zuwendungen seiner Mitglieder und Freunde. Auf die Anfrage von Lothar Fremy hat der Kunstverein die Provenienz mit dem Ergebnis geprüft, dass der Vorstand des Kunstvereins einstimmig die Restitution an die Erben Emma Ranette Budges beschlossen hat“, so Georg Abegg, Vorsitzer des Kunstvereins.

Henry und Emma Ranette Budge hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Hamburg eine umfangreiche Kunstsammlung mit mehr als 1000 Objekten aufgebaut. Als Emma Ranette Budge 1937 verstarb, hatte sie testamentarisch verfügt, dass ihre Hinterlassenschaft zu einem Teil an drei jüdische Organisationen sowie dem amerikanischen Volk zugute kommen sollte. Der Rest ihres Vermögens sollte, da sie keine Kinder hinterließ, an die Verwandten ihres verstorbenen Mannes Henry sowie ihre eigenen Verwandten gehen.

Emma Budges letzter Wille wurde allerdings von den Nationalsozialisten ignoriert, die 1937 im Berliner Auktionshaus Graupe die Sammlung Budge versteigern ließen. Dort erwarb das Focke-Museum auch besagte Kissenplatte. 1953 vermachte Hans von Feldmann dem Kunstverein die Bronzestatue der Diana. Über die Zeit dazwischen ist nichts bekannt.
Anwalt Lothar Fremy konnte bis heute mehr als 30 verschiedene Standorte ausfindig machen, an denen Teile der Sammlung aufbewahrt werden.

„Im Nationalsozialismus fand einer der größten Kunstraube der Menschheitsgeschichte statt. Als Freie Hansestadt Bremen sind wir grundsätzlich bemüht, legitime Ansprüche in solchen Fällen zu unterstützen und unseren Teil zur Wiedergutmachung zu leisten“, so Bürgermeister Böhrnsen abschließend.

Weitere Informationen:

Dr. Uta Bernsmeier, Bereich Angewandte Kunst, Focke-Museum, Tel.: 0421 699 60-032, FAX: 0421 699 60-066, presse@focke-museum.de

Lisa Wüste – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Kunsthalle Bremen, Tel.: 0421 329 08-192, FAX: 0421 329 08-470, wueste@kunsthalle-bremen.de

Foto: Focke-Museum