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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Mehr Schutz für Menschen in Pflegeeinrichtungen

Senatorin Stahmann legt Novelle des Wohn- und Betreuungsgesetzes vor

01.06.2017

Der Schutz von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen in Bremen soll gestärkt werden. Einen entsprechenden Entwurf des Wohn- und Betreuungsgesetzes hat Sozialsenatorin Anja Stahmann am heutigen Donnerstag (1. Juni 2017) der zuständigen Deputation für Soziales, Jugend und Integration vorgelegt. Unter anderem soll darin erstmals die Möglichkeit geschaffen werden, unter gewissen Voraussetzungen auch ambulante Pflegedienste zu kontrollieren. "Ambulante Pflegedienste haben auch in einigen Pflegeeinrichtungen die Pflege von Bewohnerinnen und Bewohnern übernommen", erläuterte Senatorin Stahmann und wies damit auf eine neue Entwicklung hin. Deshalb müssten die Rechte der Wohn- und Betreuungsaufsicht jetzt an diese Entwicklung angepasst ausgedehnt werden. "Es kann nicht sein, dass wir die Pflege in einer Einrichtung kontrollieren können, aber wenn ein ambulanter Pflegedienst in derselben Einrichtung dieselbe Pflege übernimmt, bleiben wir plötzlich außen vor. Das würde die Schutzrechte der Bewohnerinnen und Bewohner aushebeln."

Ambulante Pflegedienste, die in Pflegeeinrichtungen oder Pflege-Wohngemeinschaften als externe Dienstleister tätig werden, müssen nach diesem Gesetzentwurf künftig ihre Pflegedokumentation offenlegen und nachweisen, dass sie ausreichend qualifiziertes Personal einsetzen. Außerdem soll die Qualität der Pflege vor Ort überprüfen werden können.

Auf Grundlage der neuen Rechtslage soll die Wohn- und Betreuungsaufsicht darüber hinaus nun auch dann tätig werden können, wenn Pflegemängel oder Beschwerden über die ambulante Pflege im häuslichen Bereich bekannt werden. Sie bekommt eine Rolle als Ansprechpartnerin für Beschwerden und schaltet – je nach Sachverhalt – die zuständige Stelle ein. Das kann der medizinische Dienst der Pflegekassen sein, der Sozialpsychiatrische Dienst oder auch die Strafverfolgungsbehörden.

Zudem soll ein eigener Paragraph zum Gewaltschutz und zu Fragen des Freiheitsentzugs eingeführt werden. Darin wird unter anderem festgeschrieben, dass Pflegeeinrichtungen – zusammen mit dem Nutzerinnen- und Nutzerbeirat – ein Gewaltschutzkonzept erstellen. "Gewalt in Einrichtungen findet häufig verdeckt statt", sagte Senatorin Stahmann. Sie könne sich ausdrücken in "unbewussten Demütigungen, unabgesprochenem Duzen, verletzen des Schamgefühls, mangelnder hygienischer Versorgung, Bloßstellungen oder rohem Umgang bei der Pflege". Klar geregelt werden auch Dokumentationspflichten über zulässige Formen des Freiheitsentzugs und die Maßnahmen, die ergriffen werden, um regelmäßig zu überprüfen, ob der Freiheitsentzug noch erforderlich ist.

Weitere Regelungen betreffen einen Anspruch auf kultursensible Pflege sowie das Recht, auf persönlichen Wunsch von gleichgeschlechtlichem Unterstützungspersonal gepflegt zu werden. Zur kultursensiblen Pflege gehören unter anderem Fragen der Ernährung und Religionsausübung sowie Freizeitgestaltung.

Auf Anregung der Seniorenvertretung wurden auch die Anforderungen an eine würdevolle Begleitung sterbender Menschen in der vorgelegten Gesetzesnovelle neu betont. Dazu gehört unter anderem, dass stationäre Einrichtungen (Pflegeheime) künftig gehalten sind, im Rahmen der Selbstbestimmungsrechte eines Sterbenden auch ambulanten Hospizdiensten den Zugang zu ihren Räumlichkeiten zu ermöglichen.

Mit der Zustimmung der Deputation kann der Gesetzesentwurf jetzt zur Beratung und Beschlussfassung in die Bürgerschaft weitergeleitet werden.

Parallel zur Novelle des Wohn- und Betreuungsgesetzes wird zudem der Prozess eingeleitet, der dazu führen soll, dass mehr Nachtwachen in den Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden. "Perspektivisch – das heißt: bis zum Jahr 2020 – wird ein Präsenzschlüssel von eins zu 40 angestrebt", sagte Senatorin Stahmann. Derzeit sei eine Pflegekraft in der Nacht für maximal 50 Bewohnerinnen und Bewohner zuständig. In rund der Hälfte aller Pflegeeinrichtungen werde diese Obergrenze derzeit unterschritten und der Präsenzschlüssel von maximal eins zu 40 bereits erreicht. Dem veränderten Personalschlüssel vorausgehen werden Gespräche der Sozialleistungsträger mit den Verbänden der Einrichtungsträger, die unter anderem wegen der Pflegestärkungsgesetze (PSG II) geführt werden, und die auch die Personalschlüssel am Tag betreffen.