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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Bremen auf Bundesebene erfolgreich - Entwurf zum sogenannten Gesetz gegen Hasskommentare trägt Forderungen Bremens Rechnung

06.04.2017

Das Bundeskabinett hat gestern (Mittwoch, 5. April 2017) die Vorlage zum Netzdurchsetzungsgesetz beschlossen, das informell auch als sogenanntes "Gesetz gegen Hasskommentare" firmiert. In einer ersten Reaktion zeigt sich der Bremer Senator für Justiz und Verfassung, Martin Günthner, zufrieden über den nun vorliegenden Gesetzentwurf, mahnt zugleich aber weitere Nachbesserungen an. Zuvor hatte Bremen mit Schreiben vom 27. März 2017 erhebliche Veränderungen zum damaligen Gesetzentwurf gegenüber dem Bundesjustizministerium geltend gemacht (siehe auch Pressemitteilung vom 27. März).

"Ich begrüße ausdrücklich, dass der nun vorliegende Gesetzentwurf den sozialen Netzwerken Pflichten auferlegt, um sicherzustellen, dass das geltende Recht auch im Internet durchgesetzt wird. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, strafbare Inhalte dürfen auch dort keine Verbreitung finden", so Günthner.

In dem Gesetzentwurf finden zentrale Forderungen Bremens nun Berücksichtigung. "Besonders erfreulich ist, dass der Regierungsentwurf der ganz wesentlichen Forderung Bremens Rechnung trägt, die Straftatbestände auszuweiten, bei denen eine Pflicht zur Löschung besteht. Auch die Verunglimpfung von Verfassungsorganen, die Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat, sprich einem Terrorakt, oder Gewaltdarstellungen müssen nun aus dem Netz entfernt werden. Richtig ist auch, dass das Gesetz jetzt unabhängig davon gilt, wie viele Nutzer bei dem Netzwerk registriert sind, sondern darauf abstellt, wie viele Nutzer es hat. Für die Reichweite der diffamierenden Wirkung einer Hassstraftat kommt es vor allem auf die Zahl der Nutzer an, die Inhalte ohne Registrierung ansehen könnten, wie das Beispiel Youtube zeigt", so Günthner.

Gleichwohl sieht der Senator für Justiz und Verfassung nach wie vor die Notwendigkeit von Nachbesserungen auch beim jetzigen Gesetzentwurf. "Es ist bedauerlich und nicht nachvollziehbar, dass die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach wie vor keiner Löschungspflicht unterfällt. Hier bleibe ich ganz klar dabei, dass es für Hinterbliebene ein unerträglicher Zustand ist, wenn Hasskommentare gegen verstorbene Angehörige in den sozialen Netzwerken verbreitet werden, ohne dass sie hiergegen wirksam vorgehen können. Nicht vermittelbar ist es, wenn ein solches Vorgehen noch zu Lebzeiten möglich war, gerade im Fall des schmerzhaften Verlustes aber faktisch wieder unmöglich wird. Ein zweiter ganz wesentlicher Schwachpunkt des Gesetzentwurfes bleibt, dass die sozialen Netzwerke noch immer nicht mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten müssen, um den Urheber eines Hasskommentars strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen. Wer eine effektive Strafverfolgung gegen Hass, Fremdenfeindlichkeit, Hetze und Rassismus im Netz fordert, darf auf eine Anzeigepflicht der sozialen Netze gegenüber den Strafverfolgungsbehörden nicht verzichten. Hier greift der Gesetzentwurf des Bundesjustizministers nach wie vor zu kurz", erläutert der Justizsenator. Er ergänzt: "Sehr bedauerlich ist drittens, dass soziale Netzwerke eine Geldbuße nach dem Gesetzentwurf nicht schon dann zahlen müssen, wenn sie im Einzelfall gegen das Gesetz verstoßen. Es wird schwer zu beweisen sein, dass ein Netzwerk generell kein gesetzeskonformes Löschungsverfahren vorhält, wie es der Gesetzentwurf für eine Geldbuße fordert. Hier droht das Gesetz gegen Hasskommentare entgegen der öffentlichen Wahrnehmung zu einem zahnlosen Tiger zu werden."

Zum Schutz der Meinungsfreiheit und um Internetunternehmen keine dominierende Stellung über den öffentlichen Meinungsbildungsprozess zu geben, fordert der Justizsenator eine stärkere Stellung der Gerichte im Löschungsverfahren. "Zu einer offenen Gesellschaft gehören sicherlich auch stark überspitzende, tendenziöse und mitunter abstoßende Äußerungen. Was nicht passieren darf, ist, dass große Internetunternehmen wie Google oder Facebook das Entscheidungsmonopol darüber bekommen, welche Debattenbeiträge noch die Öffentlichkeit erreichen und welche nicht. Ich denke daher, dass beiden, dem von einem Kommentar Betroffenen aber auch dem Nutzer des Netzwerks der Weg zu den Gerichten offen stehen muss. In letzter Konsequenz müssen die Gerichte das letzte Wort darüber haben, wo der Wettstreit der Meinungen endet und der strafrechtliche Bereich beginnt. Aber um es ganz klar zu sagen: Unser derzeitiges Problem liegt woanders. Statt zu viel zu löschen bleiben große soziale Netzwerke oftmals schlicht untätig."

Abschließend kündigt Senator Günthner an, sich auf Bundesebene weiter für die angemahnten Gesetzesverschärfungen einsetzen zu wollen. "Der heutige Beschluss des Bundeskabinetts zeigt, dass Bremen seine Vorstellungen beim Kampf gegen Hasskommentare im Netz durchsetzen kann. Wir werden daher keinesfalls nachlassen weitere, aus unserer Sicht wesentliche Nachbesserungen anzumahnen."