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Senatskanzlei

„Was damals Recht war“ thematisiert NS-Militärjustiz

28.05.2009

Ausstellung in der Unteren Rathaushalle erinnert an die Verurteilten deutscher Kriegsgerichte

Luise Röhrs arbeitete während der Nazidiktatur junge Schaffnerin in Bremen. Nach dem Attentat auf Hitler 1944 äußerte sie Sympathie mit den Attentätern, ein Wehrmachtsgericht verurteilte sie als Kriegsverräterin zum Tode. Sie überlebte, weil sie später zu einer Zuchthausstrafe „begnadigt“ wurde. 30.000 Menschen wurden in Deutschland und dem besetzten Europa von Gerichten der Wehrmacht als Deserteure, Wehrkraftzersetzer oder Kriegsverräter verurteilet, 20.000 von ihnen hingerichtet. Die meisten Überlebenden mussten lange auf ihre Rehabilitierung warten. Jetzt erinnert eine bewegende Ausstellung in der Unteren Rathaushalle an ihre Schicksale. „Was damals recht war – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht“ heißt die Schau, die ein umfassendes Bild von den willkürlichen Entscheidungen der Wehrmachtsgerichte zeigt. Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas hat diese Wanderausstellung erarbeitet, die bereits in mehreren Städten zu sehen war.




Erst im Jahre 2002 hat der Deutsche Bundestag die Unrechtsurteile der deutschen Wehrmacht aufgehoben. Bis dahin galten die Betroffenen als vorbestraft. Die Mehrzahl der Deutschen begegneten den Opfern der Wehrmachtsjustiz nach 1945 mit Ablehnung und Feindschaft, vielen gelten die Verurteilten bis heute als Feiglinge oder Verräter. Eine Sicht, die den Blick auf den Unrechtscharakter der deutschen Militärjustiz verstellt. Die Ausstellung zeichnet an 14 Beispielen die Lebenswege der oft noch sehr jungen Menschen nach. Es sind Schicksale, die niemanden unberührt lassen. „Das Thema ist nicht einfach“, sagt Dr. Ulrich Baumann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas . Das Pendel schlage immer noch zwischen totaler Verachtung der Deserteure und einer Art Heldenverehrung. „Wir haben uns um eine sehr behutsame Annäherung an diese Menschen bemüht“.


Die Ausstellung wirft zugleich auch ein Schlaglicht auf das Selbstverständnis der Nazi-Richter und zeigt an fünf Portraits auf, wie die für die Urteile verantwortlichen Staatsanwälte und Richter nach 1945 unbehelligt blieben und zum Teil Karriere machten. Die Ausstellung macht zudem deutlich, dass die damals agierenden Richter durchaus Handlungsspielräume hatten, einige wussten diese auch zu nutzen. Ein Teil der Ausstellung ist auch der Geschichte der Militärjustiz gewidmet.
Ein breites Begleitprogramm mit 25 Vorträgen dient zur Vertiefung der Thematik. Die Ausstellung wird am morgigen Freitag, dem 29. Mai um 16 Uhr durch Bürgermeister Jens Böhrnsen eröffnet. Sie ist bis zum 28. Juni täglich von 10 bis 18 Uhr in der Unteren Rathaushalle kostenlos zu besichtigen.


[Foto: Jana Hobbie, Senatspressestelle]