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Schnurlose Telefone oft nicht abhörsicher

21.01.2009

Landesdatenschützer warnt vor unsensiblem oder unvorsichtigem Gebrauch

Angesichts der aktuell bekannt gewordenen Unsicherheit schnurloser Telefone rät der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Sven Holst, besonders sensible Gespräche bis auf Weiteres nicht mit derartigen Geräten, sondern mit kabelgebundenen Telefonen zu führen. „Das Abhören von Telefongesprächen ist zwar strafbar“, unterstreicht Holst nachdrücklich, „aber diese Tatsache allein bietet keinen zuverlässigen Schutz.“ Insbesondere öffentliche Stellen wie Polizei oder Sozial- und Gesundheitsämter sollten den Gebrauch schnurloser Telefone vorläufig einstellen. „Gleiches gilt selbstverständlich für Berufsgruppen, die besonderer Schweigepflicht unterliegen oder regelmäßig sensible Daten übermitteln“, mahnt der Datenschützer weiter. „Rechtsanwälte, Ärzte oder Steuerberater, Journalisten, Geistliche, Apotheker – die Liste ist lang.“


Bisher seien Besitzer moderner schnurloser Telefone davon ausgegangen, dass diese durch den so genannten DECT-Standard abhörsicher verschlüsselt seien, erläutert Holst. „Das taugt seit heute nicht einmal mehr als Beruhigungspille!“ Studenten der Technischen Hochschule Darmstadt war es gelungen, schnurlose Telefone mit einfachen technischen Mitteln abzuhören. Die Informationen darüber, wie es geht, haben sie im Internet veröffentlicht, um so Druck zu erzeugen für wirksameren Verbraucherschutz. Denn auf Grund ihrer Angaben könnte sich jeder technisch nur ein bisschen Versierte seine eigene „Abhöreinrichtung“ basteln. Das ZDF-Magazin „frontal 21“ hatte die Darmstädter Initiative in seiner gestrigen Sendung (20.01.2009) öffentlich gemacht.


Zwar solle der europäische DECT-Standard sicherstellen, dass Basisstationen nur mit den ihnen zugehörigen Telefonen kommunizieren können, erklärt der Datenschützer die Hintergründe. Die Verschlüsselung der Gespräche sei dabei durchaus vorgesehen, die dafür notwendigen Funktionen jedoch seien in älteren Geräten häufig nicht verfügbar – und in neueren seitens der Hersteller oft nicht aktiviert: „Die Verbraucher werden darüber aber in der Regel nicht informiert, wähnen sich also fälschlich sicher. Die Hersteller haben es wieder einmal versäumt, für ausreichenden technischen Datenschutz zu sorgen. Die Suppe auslöffeln darf wieder einmal der Verbraucher.“ Holst unterstreicht in diesem Zusammenhang nachdrücklich die Forderung seines Amtskollegen, dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, der eine gesetzliche Informationsverpflichtung der Hersteller verlangt hat.


Die Darmstädter Informatiker haben derart unverschlüsselte Übertragungen demonstrativ abgehört und aufgezeichnet, gehen aber dem Fernsehbericht zufolge davon aus, dass es binnen Kürze gelingen werde, auch die DECT-Verschlüsselung zu knacken. Die Funkreichweite der Geräte liege bei 300 bis 500 Metern, betont der Datenschützer, so dass Gespräche mit Leichtigkeit unbeobachtet abgehört und aufgezeichnet werden könnten. Schätzungen gingen davon aus, dass allein in Deutschland rund 30 Millionen DECT-Stationen im Einsatz seien. Holst: „Der Gesetzgeber muss handeln, sonst ist niemand mehr sicher, der schnurlos telefoniert.“


Hinweis:


Der ZDF-Bericht zum Thema steht auch im Internet:
http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/3/0,1872,7505859,00.htmlExternes Angebot