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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Schwitzen statt Sitzen! - Klarstellung des Justizressorts zu Presseberichten

02.09.2008

Justizsenator Ralf Nagel erklärt zu Presseberichten zum Thema: „Ersatzfreiheitsstrafen“ in den Ausgaben der taz (28.8.) und Bremer Anzeiger (31.8.): „Zahlungsunfähige Straftäter können eine Inhaftierung durch Arbeit vermeiden. Und so funktioniert das vom Justizressort unterstützte Konzept: 4 Stunden Arbeitseinsatz pro Tag ersetzen je einen Tag der Ersatzfreiheitsstrafe.“ Diejenigen, die von diesem Angebot keinen Gebrauch machen können oder wollen, werden in Haft genommen.

Personen, die nach § 43 StGB an Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe zu verbüßen haben, erhalten die Möglichkeit, stattdessen gemeinnützige Arbeit zu leisten. Bereits mit der Aufforderung zum Haftantritt erhalten sie die Adresse einer Fachvermittlungsstelle.

Auch noch während des Haftvollzuges ist eine Mitarbeiterin der Vermittlungsstelle in der Justizvollzugsanstalt speziell damit beschäftigt, Gefangene für eine Arbeitsaufnahme zu motivieren und an Beschäftigungsträger außerhalb der Anstalt zu vermitteln. Durch Annahme einer solchen Tätigkeit haben die Gefangenen jederzeit die Möglichkeit, an Stelle der weiteren Haftverbüßung zu arbeiten. Alternativ können sie ihre Haftdauer in den Betrieben der Vollzugsanstalt durch jeweils vier Stunden Arbeit um je einen Tag reduzieren.
Insgesamt werden durch das Angebot dieser Alternativen in erheblichem Umfang Hafttage ersetzt. Im Jahr 2006 hätten ansonsten etwa 170 zusätzliche Haftplätze belegt werden müssen.
Ganz vermeiden wird man die gesetzlich vorgesehenen Freiheitsstrafen nicht. Einige Gefangene sind, obwohl nach ihrem Gesundheitszustand haftfähig, aufgrund ihrer physischen oder psychischen Konstitution für Arbeitsangebote nicht zu gewinnen.

Die Zahl der Haftplätze, die durch Ersatzfreiheitsstrafen belegt sind, ist stabil:

Übersicht Ersatzfreiheitsstrafen
Im Juli 2008 verbüßten im Schnitt 68 Personen eine Ersatzfreiheitsstrafe.

Diese Inhaftierungen können auch durch eine verstärkte Schuldnerberatung nicht vermieden werden. Darum weist das Justizressort die von dem Verein Bremische Straffälligenbetreuung geäußerte Forderung, an Stelle der Haftkosten besser in ein Sozialticket und mehr Schuldnerberatung der Betroffenen zu investieren, zurück.

Verschuldete Personen können sich in Bremen an eine Vielzahl von Institutionen wenden, die Schuldnerberatungen anbieten. Diese Angebote stehen auch Straffälligen offen. Einzig während der Zeit einer Haft besteht wegen der besonderen Zugangshemmnisse Anlass zu speziellen unterstützenden Maßnahmen des Staates. Deshalb finanziert das Justizressort sowohl die Schuldnerberatung des Vereins Bremische Straffälligenbetreuung mit jährlich 35.000,- € als auch einen von diesem Verein verwalteten Resozialisierungsfonds, der aktuell ein Volumen von etwa 200.000,- € umfasst. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Ausweitung dieser Aktivitäten während der Haft geeignet wäre, Haft zu vermeiden. Nach der Entlassung müssen ehemalige Gefangene ebenso wie andere Schuldner die Leistungen der allgemeinen Schuldnerberatung in Anspruch nehmen.

Zur Einführung eines allgemeinen Sozialtickets für finanzschwache Personen laufen derzeit Verhandlungen zwischen dem Senat der Freien Hansestadt Bremen und der BSAG. Eine Sonderregelung allein für Straffällige zu treffen und sie damit gegenüber anderen einkommensschwachen Personen zu bevorzugen, wäre nicht angemessen.