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Sonstige

Drei weitere Stolpersteine – Verlegung am 2. Februar 2017

27.01.2017

Im Rahmen des Projektes Stolpersteine Bremen werden am Donnerstag, 2. Februar 2017, drei Gedenksteine zur Erinnerung an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verlegt. Der erste Stein zur Erinnerung an den Finanzbeamten Dr. Friedrich Dreyer wird um 12:30 Uhr vor dem Finanzamt Bremen, Rudolf-Hilferding-Platz 1, in Anwesenheit von Angehörigen des Opfers verlegt. Finanzsenatorin Karoline Linnert nimmt daran teil und wird eine Ansprache halten.

Es folgt eine weitere Verlegung um 13 Uhr vor dem Haus Wulwesstraße 15 zur Erinnerung an den Künstler Robert Stampa (Künstlername Dorsay). Angehörige des Opfers werden dabei sein.

Um 13:30 Uhr wird vor dem Haus Diemelweg 6 ein Stein zur Erinnerung an Hermann Matthäi verlegt. Mitglieder aus dem Landesvorstand von VVN/ BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) werden an der Zeremonie teilnehmen.

Biographien der Opfer:

Dr. Friedrich Dreyer, geb. 7.4.1883 in Wiesbaden, nahm sich am 23.12.1938 in Bremen das Leben. Er wuchs in Wiesbaden zusammen mit vier Geschwistern auf. Friedrich Dreyer wurde evangelisch getauft. (Sein Vater Ludwig Dreyer, gest. 1924 in Wiesbaden, hatte sein Judentum abgelegt und war Christ geworden). Nach der Schulzeit absolvierte er eine juristische Ausbildung und verfasste eine Dissertation zum Thema: „Die rechtliche Stellung des Gemeindewaisenrats in Preussen“ (1906). Die berufliche Laufbahn Friedrich Dreyers war die eines Verwaltungsbeamten in verschiedenen Funktionen der Steuer- und Finanzverwaltung. Diese Laufbahn wurde unterbrochen durch den Einsatz im 1. Weltkrieg. Im November 1918 kehrte er wegen einer Lungenerkrankung aus Russland nach Deutschland zurück. Für seine außerordentlichen Leistungen in der Versorgung der 8. Armee wurde er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. 1917 hatte er Charlotte Sophie Lisette Schmidt, geb. am 17.4.1894, geheiratet. Das Ehepaar lebte von 1923-1933 in Schwerin, ab 1934 in Bremen in der Loignystraße 29. Die Ehe blieb kinderlos.

Dr. Friedrich Dreyer wurde ab 1923 beim Landesfinanzamt Mecklenburg-Lübeck eingesetzt. Obwohl er evangelisch getauft war, galt er nach den Nürnberger Gesetzen als Jude. Da er im 1. Weltkrieg gedient hatte, wurde er 1933 nicht aus dem Dienst der Finanzverwaltung entlassen und konnte weiterhin beruflich tätig sein. Zum 1. 4. 1934 wurde er von Schwerin als Oberregierungsrat an das Landesfinanzamt Weser-Ems in Bremen versetzt, ein Jahr später aber vom Dienst beurlaubt und mit Ablauf des Jahres 1935 in den Ruhestand versetzt. Aus gesundheitlichen Gründen wäre Friedrich Dreyer gern in die Schweiz gezogen. Dem hätte seitens der Behörden wohl nichts im Wege gestanden, allerdings lehnte man es ab, ihm das Ruhegehalt ins Ausland zu transferieren. Im Gefolge der November-Pogromnacht musste er zur „Wiedergutmachung“ eine „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 3.500 RM leisten. Es ergab sich alles in allem eine ausweglose Situation mit der persönlichen Konsequenz, dass er sich während einer vorübergehenden Abwesenheit seiner Frau am 23.12.1938 das Leben nahm. Zu den näheren Umständen des Todes ist wohl zu zählen, dass er unter dem erschütternden Eindruck stand, dass sein Bruder Wilhelm, mit dem ihn eine innige Freundschaft verband, wenige Wochen zuvor im Zuge der Pogromnacht in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert und dort am 24.11.1938 umgekommen war. Ein solches Geschehen wollte er seiner Frau und auch sich ersparen.

Robert Stampa (Künstlername: Robert Dorsay) wurde am 19.8.1904 in Bremen geboren, am 29.10.1943 in Plötzensee ermordet.
Er war der Sohn des Künstlerehepaares Paul und Dora Stampa, die am Tivoli-Theater am Bremer Hauptbahnhof gastierten. Unter dem Künstlernamen Dorsay erwarb sich Robert Stampa als Sänger, Tänzer, Schauspieler und Conférencier in den 30er Jahren vor allem in Berlin viel Anerkennung im Film und auf der Bühne. Ab 1934 gehörte er zum Ensemble des berühmten Berliner „Kabaretts der Komiker“. Seine Karriere endete abrupt, als er 1941 zur Wehrmacht eingezogen wurde. Anfang 1943 wurde Dorsay ein abgefangener ironischer Brief an einen Freund zum Verhängnis, in dem er sich über Hitler und das Regime in kabarettistischer Manier lustig machte. Dorsay wurde wegen des Verdachts auf „Wehrkraftzersetzung“ verhaftet, zum Tode verurteilt und im Herbst 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Hinweis: Volkrat Stampa, ein Vetter von Robert Stampa, hat das Leben des Künstlers recherchiert und 2016 das Buch Robert Dorsay, Es ging um sein Leben veröffentlicht. Diese Publikation wird am 2. Februar um 19 Uhr in der Landeszentrale für politische Bildung Bremen, Birkenstraße 20/21 im Rahmen einer musikalischen Lesung vorgestellt.

Hermann Matthäi wurde am 11.3.1907 in Wulmstorf (Kr. Verden) als Sohn von Heinrich Matthäi und Waltraud Feuße geboren. Am 8.7.1935 nahm er sich das Leben.

Nach der Schulzeit war er als Bahnarbeiter und Landwirtschaftsgehilfe tätig. Er war evangelisch und blieb unverheiratet. Vom 12.11.27 bis zum 15.7.30 war Hermann Matthäi im Diemelweg 6 gemeldet. Nachdem er zwischenzeitlich in Marsch-Holtum (bei Verden) gelebt hatte, zog er am 29.3.1932 wieder zu seiner Mutter. Hermann Matthäi stand der KPD nahe und war aktiv im Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime. Im Juni 1935 wurde er verhaftet und im Gefangenenhaus Ostertorwache festgesetzt. Die Gründe dafür sind nicht dokumentiert. Die wenigen Wochen, die er dort verbrachte, müssen so schrecklich gewesen sein, dass er sich in seiner Zelle erhängte.