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Sonstige

„ALBATROS“-Preisträger sind Bora Ćosić und Katharina Wolf-Grießhaber

10.12.2007

Preisübergabe im Rahmen eines Festaktes am 25. April 2008 in Bremen

Am Wochenende hat die Medienarchiv Günter Grass-Stiftung Bremen die Preisträger des „ALBATROS“ ernannt. Der Literaturpreis ist mit 40.000 Euro dotiert und wird mit 25.000 Euro an einen fremdsprachigen Autor und mit 15.000 Euro an den Übersetzer des Autors vergeben. Heute (Mo. 10.12.2007) wurden in Berlin die beiden Preisträger bekannt gegeben. Es sind der serbische Schriftsteller Bora Ćosić und die Übersetzerin Katharina Wolf-Grießhaber.


In der Begründung der Jury heißt es:
„Dass Politik das Schicksal ist, trifft auf Bora Ćosić in hohem Maße zu. 1932 in Zagreb geboren, in Belgrad aufgewachsen, hat er 1992 aus Protest gegen das Milošević-Regime seine Heimat Serbien verlassen. Dennoch schreibt er Serbisch und ist einer der wichtigsten serbischen Autoren unserer Zeit und wie kein anderer schildert er die Existenz zwischen den Welten.


So in seinem jüngsten Buch ‚Die Reise nach Alaska’, das keineswegs eine Reise in diese Gegend, sondern in seine alte Heimat zum Gegenstand hat. Ćosić spürt die Spuren des Hasses, des Krieges und der Vernichtung auf, er stellt aber auch die Vielgestaltigkeit dar und die Schönheit einer Stadt wie Sarajewo. Wer dieses Buch, das trotz aller Traurigkeit ein schönes ist, gelesen hat, weiß, wie sehr das Schicksal Südosteuropas unser aller Leben bestimmt hat und bestimmen wird und dass wir auf eine friedliche Lösung der Konflikte dieser Region hoffen müssen.


Die Übersetzung von Katharina Wolf-Grießhaber trifft in herausragender Weise den Ton des literarischen Originals.“


Der 1932 in Zagreb geborene und in Belgrad aufgewachsene Bora Ćosić lebt seit 1992 in Berlin und Rovinij. 1969 erschien der Roman "Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution". Weitere Werke sind: „Wie unsere Klaviere repariert wurden" (1968), „Tutori" (1978), „Bel tempo" (1982), „Tagebuch eines Heimatlosen" (1993). In Deutsch zuletzt erschien der Band „Die Reise nach Alaska“ (2007).


Katharina Wolf-Grießhaber hat „Die Zollerklärung“ (2001), „Das Land Null“ (2004) und „Die Reise nach Alaska“(2007) ins Deutsche übersetzt. Zu den von ihr übersetzten Autoren aus dem osteuropäischen Sprachraum zählen u.a. Danilo Kiš, Bogdan Bogdanović, Salvenka Drakulić und Dževad Karahasan.


Bora Ćosić


Bora Ćosić wurde 1932 in Zagreb geboren. Aufgewachsen ist er in Belgrad, hat dort auch Philosophie studiert. Ćosić verließ Serbien 1992 und siedelte, mit Zwischenstation Istrien, nach Berlin über. Heute lebt er in Berlin und in Rovinij (Kroatien).


Er habe seine Heimat „aus Gründen der Nervosität“ verlassen: „Ich war zu nervös, um in diesem Land unter einem solchen Regime (Milošević-Regime) weiter zu leben.“ Er wollte in diesem Land aus einer Haltung des Protestes und des Ekels heraus kein Wort mehr veröffentlichen.


Anfang der 50er Jahre hatte er sich der serbischen Avantgarde angeschlossen. In den 60er Jahren publizierte er Collagenbücher mit Essays über Kunst, Kitsch und die Mythen des Alltags. Seit Anfang der sechziger Jahre schreibt er Essays und Romane. Seinen größten Erfolg hatte er mit dem Roman (1969) „Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution“ ( deutsch 1994 ). Für sein Buch „Die Zollerklärung“ erhielt er 2002 den „Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung“.


In „Die Reise nach Alaska“, Ćosićs jüngstem Buch, bricht er auf zu einer Reise durch das frühere Jugoslawien. Dynamisch zwischen Heute und Damals wechselnd, verbindet er sinnliche Anschauung mit politischer Kritik, scharfsinnig historische Reflexion mit überraschenden Reisebildern und Erinnerungen an eine einst avantgardistische Kulturszene, getrieben von der Frage, wie es zur Katastrophe hatte kommen können. Obwohl Ćosić immer politische Position in seinen Büchern bezieht, sieht er sich keineswegs als politischen Autor. Er sieht sich als Schriftsteller, der auf Probleme antworte, die ein Mensch unter schlechten Lebensbedingungen habe. „Und wenn der Mensch in die Politik involviert ist, dann hat er schlechte Bedingungen“. In den osteuropäischen Ländern gilt er als „Bruder“ von Bohumil Hrabal und Josef Škvorecký.


Für Bora Ćosić ist das Subjekt im 20./21. Jahrhundert ein Mensch am Bahnsteig mit Koffer in der Hand. „Doch das Gepäck ist leer. Was bleibt, ist alleine eine Erinnerung, die nichts mehr ist als reine Fiktion“.


Katharina Wolf-Grießhaber


wurde 1955 in Stuttgart geboren. Sie studierte Slavistik und Osteuropäische Geschichte in Heidelberg und Bochum; Promotion in Bielefeld. Sie veröffentlichte Publikationen zu Danilo Kiš, Ivo Andrić, Bora Ćosić und Vladimir Nabokov. 2001 erschien „Des Iltisses Kern. Zur Sinnproduktion in Danilo Kišs Ein Grabmal für Boris Davidovič“ (Helmut Lang Verlag Münster).
Katharina Wolf-Grießhaber lebt und arbeitet als freie Übersetzerin in Münster.


Von Bora Ćosić hat Katharina Wolf - Grießhaber „Die Zollerklärung“ (2001), „Das Land Null“ (2004) und „Die Reise nach Alaska“ ins Deutsche übersetzt. Weitere Autoren sind u.a. Danilo Kiš, Bogdan Bogdanović, Salvenka Drakulić und Dževad Karahasan.


Internationaler Literaturpreis „ALBATROS“


Der internationale Literaturpreis ALBATROS ist mit 40.000 Euro dotiert und wird mit 25.000 Euro an einen Autor und mit 15.000 Euro an den Übersetzer des Autors verliehen. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben. Die Preisträgerinnen 2006 waren die portugiesische Autorin Lìdia Jorge und die Übersetzerin Karin von Schweder-Schreiner.


Die Medienarchiv Günter Grass Stiftung Bremen vergibt den ALBATROS für zeitgenössische erzählerische Prosa, Lyrik oder Essayistik. Er geht an Autoren aus aller Welt, deren Werk sich durch hohe literarische Qualität und kulturelle und gesellschaftspolitische Relevanz auszeichnet. Das ausgezeichnete Werk soll offenes Denken und die freie Auseinandersetzung mit allen Bereichen unseres Lebens, mit unserer Welt und unserer Zeit befördern.


Ebenfalls ausgezeichnet wird die herausragende, der literarischen Eigenart des Originals gerecht werdende Übersetzung ins Deutsche.


Der Name des Preises, „ALBATROS“, steht sinnfällig für die Verbindung Bremen – Übersee.