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Der Landesbeauftragte für Datenschutz teilt mit: Keine Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung (BT-Drs. 16/5846)

08.11.2007

Der Bundestag soll voraussichtlich am Freitag dieser Woche über den o. a. Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung abstimmen. Geplant ist ein Bundesgesetz, dass die Anbieter von Telekommunikations- und Internetdiensten verpflichtet, jeweils über sechs Monate umfangreiche Verkehrsdaten der Telefon- und Internetnutzung (zum Beispiel Rufnummern oder sonstige Kennungen des anrufenden oder angerufenen Anschlusses, elektronisches Postfach, IP-Adressen, Beginn und Ende der Verbindung, Standorte wie genaue Bezeichnung der genutzten Funkzellen) auf Vorrat zu speichern. Hiermit will die Bundesregierung die europäische Richtlinie zur Vorratsspeicherung umsetzen, welcher sie zugestimmt hat.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Sven Holst, hat sich in einem persönlichen Brief an die Bundestagsabgeordneten des Landes Bremen gewandt und sie auf folgendes hingewiesen:

„Die geplante gesetzliche Regelung würde einen erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht aller Bundesbürger darstellen. Betroffen sind unterschiedslos auch Journalisten, Heilberufler wie Ärzte und Psychiater, Rechtsanwälte, Sozialarbeiter und Seelsorger. Ich habe zusammen mit der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder wiederholt verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetzgebungsverfahren geäußert. Die Bürger müssen sich weiterhin frei und unbeobachtet in ihrer Kommunikation fühlen können!

Mit dem Gesetzesentwurf würden Datensammlungen ungeheueren Ausmaßes entstehen. Es werden zunehmend präventive Instrumente mit großer Streubreite für die Terrorabwehr eingesetzt, die sich im Vorfeld einer konkreten Gefahr oder gar nur eines Gefahrenverdachts bewegen. Damit werden harmlose Verhaltensweisen völlig Unbeteiligter staatlichen Maßnahmen ausgesetzt. Die Speicherung von Daten auf Vorrat ist aus Sicht des Datenschutzes nicht erforderlich und stets unverhältnismäßig.

Die vielen Proteste gegen die Vorratsdatenspeicherung zeigen im Übrigen, dass diese Maßnahmen von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt werden.

Irland hat eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Vom EuGH wird in Kürze eine Entscheidung dazu erwartet. Der Bundestag hat in der vergangenen Legislaturperiode eine bundesdeutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung mehrheitlich noch abgelehnt. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat in einer gutachterlichen Stellungnahme erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Nun soll die Vorratsdatenspeicherung trotz weitreichender verfassungsrechtlicher Bedenken über eine Richtlinie der EU auch in Deutschland eingeführt werden. Bedenklich ist auch, dass nach meinem bisherigen Kenntnisstand – die Ergebnisse der gestrigen Beratungen im Rechtsauschuss des Bundestages sind mir noch nicht bekannt – in Zukunft weitergehende Nutzungen der Daten vorgesehen sind als die EU-Richtlinie verlangt (z. B. für urheberrechtliche Verfahren)“.

Holst hat daher in seinem Brief an die Abgeordneten appelliert, der Gesetzgeber solle sich nicht zu einer Entscheidung drängen lassen, da EU-rechtliche und verfassungsrechtliche Fragen noch nicht abschließend geklärt seien. Er bittet die Abgeordneten, der Gesetzesvorlage nicht zuzustimmen, wenigstens aber die Entscheidung des EuGH abzuwarten.

Diese Pressemitteilung ist auf der Homepage des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unter www.datenschutz.bremen.deExternes Angebot abrufbar.