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Sonstige

Pressemitteilung mit Foto Projekt Stolpersteine – Eine bewegte und bewegende Familiengeschichte

10.04.2007

Einladung zu Gedenkfeierlichkeiten

Die Landeszentrale für politische Bildung teilt mit:

In Anwesenheit von Familienangehörigen aus dem In- und Ausland wird am Mittwoch, dem 11. April 2007 um 18.00h mit einer Gedenkfeier bei den „Stolpersteinen“ vor dem Haus Admiralstraße 23 an zwölf Menschen aus den Familien Rennberg, Neublum und de Haas erinnert, deren Lebensweg in Auschwitz und Minsk endete. Im Anschluss daran bieten ab 18.45 Uhr eine Erinnerungsstunde im Martin-Luther-Gemeinde-Zentrum und ab 20.00h die Vorführung des Films „Jetzt steht ein Mensch vor Augen. Stolpersteine erinnern an Nazi-Opfer“ Gelegenheit, sich über die Geschichte dieser Familien ausführlicher zu informieren. Die Angehörigen werden auch hier zugegen sein und sind bereit, über die Familienschicksale zu sprechen, soweit ihnen dies angesichts der Tragik möglich ist.

Für die musikalische Umrahmung sorgen ehrenamtlich der Amerikaner und Multiinstrumentalist Willy Schwarz vom Bremer Immigrantenorchester sowie die Bremer Chorwerkstatt. Den Blumenschmuck stiftet wie immer Blumen-Lauprecht. Die Filmvorführung ist eintrittsfrei.

Schicksal einer Großfamilie

Seit Ostern 2006 liegen vor dem Haus Admiralstraße 23 Gedenksteine zur Erinnerung an Siegfried Rennberg (amtlich Renberg), seine Angehörigen und Verwandten:

Siegfried Ren(n)berg, Jg. 1879
Bertha Neublum, geb. Ren(n)berg, Jg. 1906
Kurt Neublum, Jg. 1925
Ruth Neublum, Jg. 1928
Siegfried Neublum, Jg. 1935
Albert Neublum, Jg. 1937
Bernhard de Haas, Jg. 1882
Helene de Haas, geb. Gimnicher, Jg. 1883
Fritz de Haas, Jg. 1925
Ruth de Haas, Jg. 1927
Moritz de Haas,Jg. 1884
Sophie de Haas, geb. von der Zyl, Jg. 1883

Anfang der 1920er Jahre war Siegfried Rennberg, aktiv im Viehhandel und Viehversand, mit seiner Frau Minna, geb. de Haas, dem Sohn Hermann und den Töchtern Elly und Bertha von Wildeshausen nach Bremen umgezogen. Hier handelte er erfolgreich mit Pferden, zeitweise betrieb er außerdem ein Fuhrgeschäft. Im Jahr 1938 mehrfach verhaftet und im Konzentrationslager, flüchtete er 1939 nach Brüssel. Ein Jahr später folgte ihm seine Frau Minna in das Exil. In Brüssel geriet er dann in eine Razzia, wurde deportiert und in Auschwitz ermordet. Seine Frau konnte dank einer belgischen Untergrundbewegung in Belgien – versteckt in einer Kartoffelgrube - überleben.

Siegfried Ren(n)bergs Sohn Hermann emigrierte 1938 nach Paraguay wie kurz danach auch der Schwiegersohn Erich Neublum, verheiratet mit der Tochter Bertha. Alle Pläne Erich Neublums, seine Frau Bertha und die Kinder Siegfried, Albert und Ruth nachzuholen, scheiterten. Sie wurden 1941 in das Ghetto Minsk deportiert, wo sie im Winter 1941/42 an Hunger, Kälte und Krankheit zugrunde gingen oder im Sommer 1942 Opfer einer Massenerschießung wurden. Sein ältester Sohn Kurt war mit der Großmutter Minna Ren(n)berg nach Brüssel gegangen. Auch sein Lebensweg – wie der des Großvaters - endete in Auschwitz.

Siegfried Ren(n)bergs Tochter Elly war verheiratet mit Wilhelm Meyer, der 1944 zur Zwangsarbeit in das Lager Lenne bei Holzminden eingezogen wurde, da er sich einer Scheidung von seiner jüdischen Frau verweigert hatte. Diese blieb mit den Töchtern Ingrid und Lieselotte in Bremen zurück, die Söhne Ludwig und Rolf waren bei Verwandten in Oldenburg untergekommen. Anfang 1945 wurde Elly Meyer zur Deportation nach Theresienstadt aufgerufen, von der sie nur zurückgestellt wurde, weil es gelang, bei der Gestapo ein Attest vorzulegen, das behauptete, sie sei schwanger. Besorgt um seine Familie, riskierte Wilhelm Meyer die Flucht aus dem Lager Lenne, eine junge Kriegerwitwe in Seehausen bei Wörpedorf versteckte schließlich Wilhelm und Elly Meyer mit ihren Töchtern bis Kriegsende.

Vertrieben aus Wildeshausen wohnten im Haus Admiralstraße 23 ab 1940 die Brüder von Siegfried Ren(n)bergs Frau Minna, geb. de Haas, mit ihren Angehörigen: Bernhard und Helene de Haas mit dem Sohn Fritz und der Tochter Ruth sowie Moritz de Haas mit seiner Frau Sophie. Sie alle teilten das Schicksal von Bertha Neublum und ihren Kindern. Sie mussten 1941 auf den Transport nach Minsk, der in den Tod führte.


Siegfried Rennberg und Familie - vermutlich 1939 - von links nach rechts:
Minna Rennberg, Siegfried Rennberg, Wilhelm Meyer, Ludwig Meyer, Ingrid Meyer, Elly Meyer, Ruth Neublum, Siegfried Neublum, Klara Seligmann, Kurt Neublum, Bertha Neublum, Albert Neublum



Zu Gast in Bremen:
Ingrid Bayne, geb. Meyer (Jg. 1931) aus Cupertino, CA. (USA)
Ludwig Meyer (Jg. 1935) aus San Jose, CA. (USA)
Rolf Meyer (Jg. 1941) aus Cupertino, CA. (USA)
Lieselotte Rosenkranz, geb. Meyer (Jg. 1943) aus Hamburg (BRD)

Weitere Informationen:
Dr. Barbara Johr, Projektleitung Stolpersteine, c/o Landeszentrale für politische Bildung, Tel.: 0421/ 361- 2626, mobil 0173-6253603, E-Mail: lzpb-projekte@lzpb.bremen.de und Dr. Peter F. Zimmermann, „Geschichtswerkstatt Findorff“ der Martin-Luther-Gemeinde, Tel. 0421/355849.