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Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

Kaiserschnittrate sinkt: "Bremer Bündnis zur Unterstützung der natürlichen Geburt" vermeldet ersten Erfolg

17.06.2016

Die Kaiserschnittrate in Bremen ist in den vergangenen drei Jahren um 2,7 Prozent gesunken. Diesen Erfolg vermeldet das Bremer Bündnis zur Unterstützung der natürlichen Geburt und rechnet auch in Zukunft mit weniger Kaiserschnitten. Laut Statistischem Landesamt lag die Rate der per Kaiserschnitt zur Welt gekommenen Kinder im Land Bremen, 2012 bei 33,2 Prozent und ist seither rückläufig; 2015 lag sie bei 30,5 Prozent. Das Bremer Bündnis, ein vom Gesundheitsressort und der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) initiierter Zusammenschluss von Gynäkologinnen und Gynäkologen, Hebammen, Kinderärztinnen und Kinderärzten sowie Krankenkassen hatte seit Anfang 2013 daran gearbeitet, die Ursachen für die hohe Rate von Kaiserschnittgeburten zu analysieren und anzugehen. Das engagierte und interdisziplinäre Miteinander aller in der Geburtshilfe Beteiligten hat offenkundig von Beginn an für eine erhöhte Sensibilität gegenüber eingefahrenen Abläufen gesorgt und so dazu beigetragen, dass der ein oder andere Kaiserschnitt doch nicht gemacht wurde und die natürliche Geburt noch eine Chance bekam – zum Wohl von Mutter und Kind.

Bei ihrer Auswertung der Zahlen haben die Bündnis-Beteiligten festgestellt, dass viele Frauen nach einem ersten Kaiserschnitt beim nächsten Kind wieder per Kaiserschnitt ihr Kind bekommen, obwohl es dafür häufig keinen medizinischen Grund gibt. Das Bündnis appelliert daher an die niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen, schwangere Frauen, die schon einen Kaiserschnitt hatten, aktiv zu einer natürlichen Geburt zu ermutigen. Damit kann die Kaiserschnittrate weiter gesenkt werden.

Jedes dritte Kind per Kaiserschnitt geboren – höchste Zeit zu handeln
Die Idee für das Bündnis war vor dem Hintergrund stetig steigender Kaiserschnittzahlen entstanden. Im Jahr 2010 war jedes dritte Kind im Land Bremen durch einen Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Damit lag Bremen im Bundesdurchschnitt, der sich seither kaum geändert hat (Kaiserschnittrate 2010 bundesweit: 31,9 Prozent, 2014: 31,8 Prozent). Betrachtet man die Entwicklung der Kaiserschnittrate in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland insgesamt, so hat sich die Rate mehr als verdoppelt (1991: 15,3 % Kaiserschnitte).

Konsens und Ziel des Bündnisses ist, Schwangerschaft und Geburt als natürliche Lebensprozesse zu sehen und Frauen in ihrer Fähigkeit zu gebären besser zu unterstützen. Natürlich können Kaiserschnitte bei Risiken und ungünstigen Geburtsverläufen lebensrettend sein, gleichwohl können sie ein Krankheitsrisiko sowohl für die Gebärende als auch für das Neugeborene bergen. Dieses Risiko sollte nur dann eingegangen werden, wenn der Nutzen absehbar überwiegt.

Gemeinsam hatte das Bündnis für den Bereich der Betreuung in der Schwangerschaft und Geburt zentrale Empfehlungen herausgegeben, die den Schwerpunkt auf die Stärkung normaler Prozesse setzen. Diese Empfehlungen fokussieren auf die bessere Zusammenarbeit und gemeinsame Fortbildungen aller beteiligten Berufsgruppen, auf eine gute ergebnisoffene Information der Frauen und Paare zu Geburtsort und Geburtsart sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Bremer Geburtshilfe.

Weitere Informationen zum Bremer Bündnis: www.natuerlichegeburt.net/

Statements der Sprecherinnen und Sprecher des Bündnisses für natürliche Geburt:

Dr. Torsten Frambach, Chefarzt der Frauenklinik des St. Joseph-Stift: "Die bereits gute Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Berufsgruppen wurde durch das Bündnis weiter gestärkt. Eine intensive Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung hat zur Senkung der Kaiserschnittrate beigetragen. Für den weiteren Erfolg ist eine 1:1 Betreuung durch Hebammen unter der Geburt dringend erforderlich. Für die Umsetzung braucht das Bündnis auch weiterhin politische Unterstützung auf allen Ebenen."

Heike Schiffling, 1. Vorsitzende Hebammenlandesverband Bremen e.V.: "Die gemeinsame Arbeit zeigt erste Erfolge. Der Trend der immer steigenden Kaiserschnittraten ist im Bundesland Bremen gestoppt. Um nachhaltig natürliche Geburten zu fördern, benötigen wir ergänzende Betreuungskonzepte und mehr Zeit für die Gebärenden."

Dr. Elisabeth Holthaus-Hesse, niedergelassene Frauenärztin: "Gerade wir niedergelassenen Frauenärztinnen und -ärzte sollten Frauen, die beim ersten Kind einen Kaiserschnitt hatten, ermutigen, eine natürliche Geburt in einer Folgeschwangerschaft anzustreben. Medizinisch vertretbar ist das sicherlich in der Mehrzahl der Fälle."

Imke Helmke, leitende Hebamme im Klinikum Bremen-Nord: "Wenn wir Frauen in ihrer Fähigkeit zu gebären stärken wollen, müssen wir (Ärztinnen, Ärzte und Hebammen) auch Sorge dafür tragen, unser Wissen und unsere Fähigkeiten zu erhalten und zu verbessern. In diesem Sinne soll die Zusammenarbeit zwischen den Häusern durch Bildung von Beckenendlagen- Teams intensiviert werden. Unser Ziel ist es, eine klinikübergreifende Betreuung von Frauen, die ihr Kind aus Beckenendlage gebären wollen, zu gewährleisten."

Statements der Gesundheitssenatorin und der Landesfrauenbeauftragten:

Gesundheitssenatorin Prof. Dr. Eva Quante-Brandt: "Schon seit dem Start des Bündnisses und seiner Arbeitsaufnahme in den Kliniken wurden weniger Kaiserschnitte durchgeführt. Das werte ich als unmittelbaren Erfolg unserer Initiative. Ich gehe fest davon aus, dass die Rate weiter zurückgeht. Das Bremer Bündnis für die natürliche Geburt war bundesweit das erste seiner Art, inzwischen gibt es ähnliche Initiativen in vielen Ländern und Kommunen. Wenn dieses interdisziplinäre und gemeinsame Engagement nun Wirkung zeigt, die bislang hohen Schnittraten zu senken, können die Bündnis-Beteiligten sehr stolz auf ihre Arbeit sein."

Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe: "In der Geburtshilfe in Deutschland gibt es viele Baustellen und es ist lang noch nicht alles gut, insbesondere die durch die Haftpflichtfrage finanziell existenzielle Situation der freiberuflichen Hebammen und damit auch die zunehmende Überlastung der Klinik-Hebammen erfordern unverändert politische Regelungen – aber dass es uns hier in Bremen gelungen ist, eine weitere Großbaustelle, die hohen Kaiserschnittraten, erfolgreich anzugehen, macht mich sehr froh. Die natürliche Geburt muss erste Wahl sein, wenn wir das Wohl von Mutter und Kind im Auge haben, und wir sollten unverändert alles dafür tun, Frauen in ihrer Fähigkeit zu unterstützen, ihr Kind natürlich zur Welt zu bringen. Dass hier die Vertreterinnen und Vertreter der verschiedensten Professionen alle Dissense überwunden haben und gemeinsam für dieses eine Ziel eintreten, ist über die bloßen Zahlen hinweg ein wirklich großer Erfolg."