Sie sind hier:

Sonstige

Hochschule Bremen erstmals an Sonderforschungsbereich der DFG beteiligt

17.12.2002

Die Hochschule Bremen teilt mit:

Rektor Schreiber spricht von einem "Ritterschlag"


Für den Rektor der Hochschule Bremen, Dr. habil. Elmar Schreiber, ist der Fall klar: "Dies ist für uns als Fachhochschule ein regelrechter Ritterschlag. Die Hochschule Bremen erhielt eine Würdigung ihrer wissenschaftlichen Qualität und Leistungsfähigkeit von höchster Stelle." Was den Rektor so erfreut: Erstmalig ist die Hochschule Bremen mit einem Teilprojekt in einem Sonderforschungsbereich (Sfb) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beteiligt. Der Sfb ist in seiner ersten Phase auf vier Jahre angelegt (2003 bis 2006), eine Verlängerung auf bis zu 12 Jahren ist möglich. Mit den Sonderforschungsbereichen fördert die DFG üblicherweise wissenschaftliche Schwerpunktbildungen an Universitäten. Die Vorhaben durchlaufen ein strenges Auswahlverfahren mit meist großer Konkurrenz.


"Transnationale Soziale Räume und demokratische Legitimität" lautet der genaue Titel des Projekts von Prof. Dr. Thomas Faist, Fachbereich Allgemeinwissenschaftliche Grundlagenfächer der Hochschule Bremen. Der Sfb 597 ("Staatlichkeit im Wandel") gliedert sich in vier Teilbereiche, diese wiederum in 15 Projekte, von denen die Hochschule Bremen eins bearbeitet (12 die Universität Bremen, zwei die International University Bremen). In seinem Projekt geht Prof. Dr. Faist insbesondere der Frage nach, "wie sich Staatlichkeit in ihrer Legitimationsdimension durch transnationale soziale Räume verändert.". Und: "Diese Räume beruhen auf den Bindungen internationaler Migranten über mehrere nationale Staaten hinweg", so Faist weiter.

Das außerordentlich erfreuliche Ergebnis wird noch durch die Finanzierungszusage der DFG abgerundet. "Diese Zusage ist trotz der von DFG-Präsident Professor Ernst-Ludwig Winnacker angekündigten pauschalen Kürzung der SfB um 4,5 Prozent erfolgt", unterstreicht Dr. Schreiber. "Angesichts des begrenzten Budgets und der Konkurrenzsituation ist davon auszugehen, dass die DFG n unserem Fall besonders genau hingeguckt hat," ist sich der Hochschul-Rektor sicher.

Auch einen positiven bremischen Aspekt macht Dr. Schreiber aus: "Es gibt derzeit vielfältige Bemühungen auf unterschiedlichsten Ebenen, die Leistungen der Wissenschafts-Einrichtungen im Lande Bremen unter dem gemeinsamen Etikett ,City of Science - Bremen, Bremerhaven' zu vermarkten. Mit dem Sonderforschungsbereich 597 wird der gemeinsame Marketing-Auftritt ganz praktisch umgesetzt und mit Leben gefüllt."


Informationen zum Teilprojekt B2 im Bereich "Die Zukunft des demokratischen Nationalstaats":
- Projekt: "Transnationale Soziale Räume und demokratische Legitimität"

Menschenrechtsaktivisten in Deutschland, darunter viele türkische Immigranten, fordern seit Jahren die türkische Regierung dazu auf, ihre Bemühungen zur Vermeidung von Folter zu verstärken. Dazu nutzen sie Kanäle wie das Europäische Parlament oder engagieren sich in bekannte Organisationen wie Amnesty International. In Frankreich versuchen religiöse Organisationen marokkanischer Immigranten zusammen mit der marokkanischen Regierung, die Ausbildung von geistlichen Lehrern voranzutreiben. In den Niederlanden kooperieren Unternehmer mit Wurzeln in der Türkei, Marokko oder Indonesien, um Investitionen in ihren Herkunftsländern zu fördern. In Schweden haben kurdische Gruppen Kulturzentren und politische Organisationen aufgebaut, um politische Autonomie für Kurden im Mittleren Osten zu unterstützen. In ganz Westeuropa haben in den letzten Jahren Mitglieder der polnischen Diaspora - der sog. Polonia - den Beitritt Polens zur Europäischen Union mit Lobbyarbeit begleitet. Insgesamt sind die politische Integration von Immigranten und ethnischen Minoritäten, aber auch der Konfliktimport in die Immigrationsländer und der Demokratieexport in die Emigrationsländer nicht mehr ohne das Wirken grenzübergreifend tätiger politischer Aktivisten vorstellbar.

Welche Konsequenzen haben solche durch internationale Migrationsprozesse entstehenden transnationalen sozialen Bindungen für demokratische Immigrationsstaaten? In diesem Projekt wird untersucht, wie sich Staatlichkeit in ihrer Legitimationsdimension durch transnationale soziale Räume verändert. Diese Räume beruhen auf den Bindungen internationaler Migranten über mehrere nationale Staaten hinweg. In ihnen existieren kollektive Identitäten, die nationale Staaten überlappen, politische Partizipation in mehreren nationalen Staaten begünstigen und die eine soziale und politische Mitgliedschaft in mehreren nationalen Staatsverbänden begründen. Damit greifen transnationale Räume unmittelbar die für die Legitimität des demokratischen Rechts- und Interventionsstaats bedeutsame Kongruenz von Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt an.

In diesem Projekt wird geprüft, ob transnationale soziale Räume dazu führen, dass sich Staatlichkeit zugleich transnationalisiert und internationalisiert. Insoweit soll erstens analysiert werden, ob sich die soziokulturellen Ressourcen zur demokratischen Legitimation von Staatlichkeit - aufgrund der zunehmenden binationalen Loyalitäten und der abnehmenden Bindung von internationalen Migranten an ihr Niederlassungsland wie an ihr Herkunftsland - transnationalisiert haben. Dabei wird beispielsweise den Auswirkungen mehrfacher Staatsangehörigkeit nachgegangen Zweitens wird untersucht, inwieweit dies in den betreffenden Staaten und in supra- bzw. internationalen Organisationen wie der Europäischen Union und den Vereinten Nationen zu neuen Legitimierungsstrategien führt, durch die beispielsweise die Bedeutung internationaler Organisationen gestärkt wird.