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Sonstige

Expertentreffen im Vorfeld des Weltgipfels über nachhaltige Entwicklung

05.06.2002

Das Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) teilt mit:

Vom 10. bis 13. Juni treffen sich in Bremen etwa 80 Meeresökologen, Verwaltungsfachleute, Fischereibiologen und Ökonomen im Rahmen einer „Future Search Conference“. Das Expertentreffen findet im Vorfeld des Weltgipfels über nachhaltige Entwicklung (Rio + 10) statt, den die Vereinten Nationen im kommenden August in Johannesburg, Südafrika, durchführen. Es wird von der Carl Duisberg Gesellschaft (CDG), dem Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) sowie dem World Wide Fund for Nature (WWF) veranstaltet.


Die in Bremen tagenden Fachleute kommen aus Lateinamerika (Brasilien, Chile, Peru, Ecuador, Kolumbien), der Karibik (Mexiko, Jamaika, Dominikanische Republik) und aus England, Holland und Deutschland. Sie vertreten Regierungsorganisationen und Umweltverbände ebenso wie Fischerei- und Küstenforschungseinrichtungen. Die Teilnehmer werden Erfahrungen und Ideen austauschen und über Maßnahmen und Strategien beraten, wie Küstenzonen umweltfreundlicher genutzt und weiter entwickelt werden können. Dabei geht es insbesondere um die Rolle der Forschung, um Ausbildung und Küstenmanagement.


Nach wie vor stellen Küstenregionen ökologische Brennpunkte erster Ordnung dar: so siedeln zwei Drittel der Menschheit in einem nur wenige Zehnerkilometer schmalen Küstenstreifen. Tendenz steigend. Hafen- und Städtebau sowie touristische Infrastrukturmaßnahmen führen dazu, dass die Küstenzonen von Land her zunehmend in Bedrängnis geraten. In den flachen und sehr produktiven Küstenmeeren wiederum werden 95 Prozent des Weltfischfangs getätigt, obwohl sie nur etwa 15 Prozent der weltweiten Ozeanfläche einnehmen. Mehr als die Hälfte dieser Bestände sind überfischt! Zudem werden hier intensiv Erdöl und andere Rohstoffe gefördert. Die vom Menschen verursachten Eingriffe in den Küstengebieten blieben nicht folgenlos: Wertvolle Ökosysteme wie Mangroven, Wattenbereiche oder Korallenriffe wurden in den letzten Jahren zerstört. Auf diese Weise gingen nicht nur Aufwuchsgebiete für Jungfische verloren; Wind und Wellen finden z.T. weniger natürliche Bollwerke. Kein Wunder also, dass die Erosion in manchen Küstenregionen zugenommen hat.


Die in Bremen versammelten Experten treffen sich vor dem Hintergrund des für August geplanten Weltgipfels über nachhaltige Entwicklung, der zehn Jahre nach der Rio-Konferenz im August in Johannesburg stattfinden wird. Im Kapitel 17 der in Rio verabschiedeten Agenda 21 geht es nämlich um die Nutzung und Entwicklung von Küstenzonen. Die Konferenzteilnehmer sind gefordert, neue Ziele und Strategien zu definieren, wie die Ressourcen sinnvoll bewirtschaftet und die vielfältigen Funktionen der Küstenzonen erhalten werden können.


Schließlich geht es den Veranstaltern darum, Erfolge – z.B. die Einrichtung von Schutzzonen - sowie Misserfolge – z.B. die anhaltende Abholzung von Mangrovenwäldern - bei der Umsetzung der Agenda 21 vor allem auch auf regionalem und lokalem Maßstab zu analysieren. Hier konzentrieren sie sich auf die Nordsee sowie auf die Atlantik- und Pazifikküste Lateinamerikas. Beispiele sollen diskutiert und Lehren für Maßnahmen vor Ort vorgeschlagen bzw. erarbeitet werden. Die Konferenz soll und kann daher dazu beitragen, diese auf praktischer Erfahrung beruhenden Lösungsansätze wieder in die betroffenen Länder zurückzutragen.


Diskussion zum Thema „Überfischte Meere“

Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung, die am 11. Juni um 20 Uhr in der Bürgerschaft (Saal 2) stattfindet, werden Fischereiexperten aus Deutschland und Lateinamerika in einer Podiumsdiskussion der Frage nachgehen: "Überfischte Meere: Wie lange essen wir noch Fisch?"


Kurzporträt der Bremer Veranstalter:

CDG

Die Carl Duisberg Gesellschaft (Landesstelle Bremen) befasst sich seit ca. 8 Jahren mit der Qualifizierung von Nachwuchsführungskräften für Integriertes Küstenzonenmanagement. Verschiedene maßgeschneiderte Trainingsprogramme werden seit 1995 angeboten und durchgeführt. Mitarbeiter aus staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen sowie aus wissenschaftlichen Organisationen oder Privatunternehmen können sich Wissen und Fähigkeiten aneignen, die für eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen der Küsten und Meere erforderlich sind. Besonderer Wert wird bei der Arbeit der CDG auf den internationalen Austausch gelegt: Der Aufbau eines Internationalen Netzwerkes für Training für integriertes Küstenzonenmanagement mit Partnerorganisationen in Chile, Peru, Ekuador, Kolumbien, Südafrika, Indonesien, Philippinen und Vietnam ist gegenwärtig die zentrale Aufgabenstellung. Wichtige Elemente des Trainings sind Kommunikationsfähigkeit, Präsentationstechniken, Planungs- und Entscheidungstechniken, Konfliktvermeidungs- und –lösungskonzepte etc., durch die die wissenschaftlich-technische Kompetenz der „Küstenzonenmanager" wirkungsvoll ergänzt wird. Wichtig ist die größtmögliche Beteiligung (Partizipation) der Nutzergruppen an Planungs- und Entscheidungsprozessen – entsprechende Kenntnisse werden trainiert. Die Trainingsmaßnahmen finden teilweise in Bremen, teilweise als regionale oder nationale Workshops in den Partnerländern statt.

Die Aktivitäten der CDG im Küstenzonenmanagement werden in enger Zusammenarbeit mit dem Bremer Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit konzipiert und von diesem maßgeblich finanziell unterstützt


ZMT

Das ZMT ist eine Einrichtung des Landes Bremen, das seit seiner Gründung 1991 in Forschung und Ausbildung mit tropischen Ländern zusammenarbeitet. Die umweltgerechte Entwicklung der tropischen Küstenregionen, besonders der Erhalt der Artenvielfalt, der Schutz der Ressourcen und die Lebensqualität für die Bewohner stehen im Zentrum der Aktivitäten.

  • Wie funktionieren Ökosysteme?
  • Welche Rolle spielt die Artenvielfalt für die Stabilität solcher Systeme?
  • Inwieweit können die Ressourcen (Fische, Krebse) genutzt werden?
  • Wie abhängig ist der Mensch von den Ökosystemen und wie stark beeinflusst er sie?

Das sind Fragen, die das ZMT bearbeitet. Mit seinem jeweiligen tropischen Partner untersucht es Mangrovenwälder (Brasilien, Indonesien, Vietnam), Korallenriffe (Rotes Meer, Indonesien), Auftriebsgebiete (Peru, Südafrika) oder Küstenlagunen (Ghana).

Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die breite Information der Öffentlichkeit vor Ort und in Deutschland (public awareness), um das Verständnis für marine Ökosysteme zu fördern. Nur so wird eine Akzeptanz von Managementmaßnahmen erreicht, die dem Schutz bei gleichzeitiger Nutzung von Meeresressourcen dient.

Parallel dazu engagiert sich das ZMT in der Aus- und Fortbildung von deutschen und ausländischen Studenten (ISATEC) und Doktoranden. In die Tropen zurückkehrende Nachwuchswissenschaftler sind dann entsprechend gerüstet, zur Problemlösung in ihren Heimatländern beizutragen. Damit fördert das ZMT entsprechend den Rio-Forderungen den Kapazitätenaufbau in den Tropen.


WWF

Der WWF engagiert sich weltweit für den Schutz der Meere. Die Themenpalette reicht von Gefährdungen durch die internationale Schifffahrt über die europäische Chemikalienpolitik bis hin zum Naturerlebnis im Wattenmeer. Ein wichtiges Arbeitsfeld des Fachbereichs Meere & Küsten des WWF Deutschland ist die Fischerei. Die bisherige Fischereipolitik hat weitgehend versagt und die Überfischung vieler Bestände nicht verhindern können. Der WWF setzt sich weltweit für ein Ende der Überfischung ein und versucht durch politische und marktorientierte Initiativen und Kampagnen eine verantwortungsvolle Fischerei durchzusetzen. Der Arbeitsschwerpunkt ist zur Zeit die EU-Fischereipolitik, die in diesem Jahr reformiert wird. Ziel der WWF-Kampagne ist es, hier die Weichen für eine nachhaltige Fischerei zu stellen. Darüber hinaus ist der WWF aber auch in konkreten Projekten aktiv, so ist er z.B. bei der Förderung von umweltfreundlich gefangenen Fischprodukten mit Hilfe von Umweltsiegeln wie der "Marine Stewardship Council" (MSC) beteiligt.

Ein weiteres bedeutendes Arbeitsgebiet ist das Wattenmeer. Ein wesentlicher Erfolg war hier die Einrichtung der Wattenmeer-Nationalparke. Die hohe Akzeptanz der Besucher für diese Nationalparks beruht nicht zuletzt auf einer guten Informations- und Bildungsarbeit. Nutzungskonflikte im Wattenmeer und der Nordsee bestehen jedoch weiterhin, deshalb engagiert sich der WWF auf verschiedenen Ebenen. Zum einen versucht er durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessensgruppen z.B. im Bereich Wassersport, Küstenschutz und Tourismus tragfähige Kompromisse zu erarbeiten, die im Sinne des Naturschutzes liegen. Zum anderen arbeitet der WWF daran, umweltverträgliche Alternativen aufzuzeigen, um konstruktiv für eine nachhaltige Nutzung zu kämpfen.


Ansprechpartner:

beim ZMT: Dr. Andreas Kunzmann, Telefon 23 80 026
bei der CDG: Martin Foth, Telefon 16 29 740
beim WWF: Siecke Martin, Telefon 65 84 630