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Sonstige

Am ZKH Sankt-Jürgen-Strasse ist ein Kompetenzzentrum in Sachen Hygiene entstanden

18.02.2002

Neues Institut will die Rate der in den Kliniken erworbenen Infektionen senken

„Kann es wohl einen größeren Widerspruch geben als eine Spitalinfektion? Ein Übel, welches man da erst bekommt, wo man sein eigenes loszuwerden gedenkt.“ Dieser Satz von Professor Johann Peter Frank (1745 – 1821), der als erster ein zusammenhängendes Werk über Fragen der Hygiene geschrieben hat, spricht allen PatientInnen aus dem Herzen, die sich im Krankenhaus eine Infektion zugezogen haben. Die sogenannten nosokomialen Infektionen verursachen nicht nur bei den PatientInnen zusätzliches Leid, sie verlängern auch die Krankenhausaufenthalte und erhöhen damit die Behandlungskosten. Rund 500 000 Menschen sind in deutschen Krankenhäusern jährlich von den nosokomialen Infektionen betroffen und müssen infolgedessen nicht nur ihre Erkrankung, deretwegen sie ins Krankenhaus gekommen sind, sondern zusätzlich auch ihre dort erworbene Infektion behandeln lassen.

Am Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Strasse gibt es seit wenigen Wochen ein Institut, das sich mit dieser Problematik auseinandersetzt und Krankenhäusern in Hygienefragen berät. Das „Institut für Allgemeine-, Krankenhaus- und Umwelthygiene“ ist aus dem ehemaligen Landesuntersuchungsamt hervorgegangen, das im vergangenen Jahr aufgelöst worden ist. Der Leiter des Instituts, Priv.-Doz. Dr. Reinhard Holländer, unterstrich anlässlich der Vorstellung der neuen Einrichtung vor Journalisten am Montag, 18. Februar, dass etwa 60 % der Infektionen vermeidbar wären, wenn Hygienevorschriften beachtet werden würden. Allein für Bremen sei von einer Infektionsrate von 3 – 5 % auszugehen. Das bedeute 2700 bis 4500 krankenhauserworbene Infektionen pro Jahr mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsverlängerung von fünf Tagen.

Nach Angaben von Dr. Matthias Gruhl, Abteilungsleiter beim Senator für Gesundheit, schneidet Bremen im Bundesdurchschnitt in Bezug auf nosokomiale Infektionen sehr gut ab. Dies werde unter anderem daran deutlich, dass die befürchteten Staphylokokken, die antibiotikaresistent und damit besonders gefährlich sind, in Bremen weit weniger vorkommen als anderswo. In Deutschland werde die Infektionsrate mit 15 % angegeben. Der Durchschnitt in den Bremer Kliniken betrage indes 3 – 6 %.“ Nach Angaben von Gruhl ist das gute Bremer Ergebnis vor dem Hintergrund der 1990 in Kraft getretenen Krankenhaushygieneverordnung zu sehen. Diese verpflichtet die bremischen Krankenhäuser, fortlaufend Aufzeichnungen über nosokomiale Infektionen zu führen. Zudem wird darin festgehalten, welche personellen und organisatorichen Maßnahmen die einzelnen Krankenhäuser zu treffen haben, um einen Hygienestandard zu etablieren.

In der Krankenhaushygieneverordnung, die sonst nur noch in Nordrhein-Westfalen und Berlin zu finden ist, wird genau festgeschrieben, wieviele Fachkräfte mit der Krankenhaushygiene befasst sind. Je nach Größe der Häuser variiert diese Zahl. Nach der Verordnung muss es sowohl Hygienefachkräfte, die in der Regel weitergebildete Krankenschwestern bzw. Krankenpfleger sind, hygienebeauftragte Ärzte und Ärztinnen sowie einen Krankenhaushygieniker geben. Die hygienebeauftragten ÄrztInnen sowie die Hygienefachkräfte sind im Krankenhaus angestellt, während der Krankenhaushygieniker extern als Berater fungiert. „Auch hier ist Bremen führend. Während im Bundesdurchschnitt nur 35 % der Kliniken einen beauftragten Krankenhaushygieniker haben, erfüllen wir diese Anforderung zu 100 Prozent. In allen Fällen ist Dr. Holländer mit dieser Aufgabe in den bremischen Krankenhäusern betraut,“ führte Dr. Gruhl aus.

Nach Angaben von Verwaltungsdirektor Walter Bremermann soll mit dem neuen Institut am Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Strasse ein Kompetenzzentrum in Sachen Hygiene etabliert werden. Bremermann: „Krankenhaushygieniker gibt es in der Bundesrepublik nur wenige. Insgesamt dürften es nicht mehr als 40 sein.“ Priv. Doz. Dr. Holländer sei bereits jetzt für Krankenhäuser in Wilhelmshaven, Oldenburg und Osnabrück als Berater tätig. Da die Nachfrage nach Beratung durch Krankenhaushygieniker groß sei, dürfte sich schon bald die Auftragslage verbreitern. Für Priv. Doz. Dr. Holländer steht fest, dass auch diejenigen Bundesländer, die noch keine eigenen Krankenhaushygieneverordnungen erlassen haben, sondern auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes und nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes handelten, nachziehen würden: „Ganz abgesehen davon, dass Patienten neben ihrer Grunderkrankung keine im Krankenhaus erworbene Infektion zusätzlich zugemutet werden sollte, ist es einfach aus Kostengesichtspunkten heraus unklug, die Krankenhaushygiene zu vernachlässigen. Hier liegt ein großes Einsparpotential für deutsche Krankenhäuser.“