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Sonstige

Die Bremische Hafenvertretung e.V. (BHV) teilt mit: Brémai Kikötoképviselet, Budapest

11.10.2001

Ein Jahrzehnt im Dienst der Bremischen Häfen und der ungarischen Außenwirtschaft

„Großer Bahnhof“ anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Bremischen Hafenvertretung in Budapest. Etwa hundertfünfzig ungarische Geschäftspartner und potentielle Kunden konnte die Bremen Delegation, angeführt vom Senator für Wirtschaft und Häfen der Freien Hansestadt Bremen, Josef Hattig, und Helmut H. Detken, Geschäftsführer der Bremischen Hafenvertretung e. V. (BHV), Bremen, am 11. Oktober 2001 anlässlich des 10. Geburtstages der Budapester Niederlassung im Magyr Tudományos Akadémia (Akademiker Club), Budapest, begrüßen. Von offizieller Seite waren ferner der deutsche Botschafter in Ungarn, S.E. Wilfried Gruber, sowie das Geschäftsführende Vorstandsmitglied der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer, Jürgen Illing, der Einladung der Bremische Hafenvertretung Bremen/Budapest gefolgt.

Der Chef der BHV, Helmut H. Detken, bedankte sich in seiner Begrüßung bei den ungarischen Partnern für die gute Zusammenarbeit. Er betonte, dass Ungarn für die Bremischen Häfen eine immer größere Rolle spiele, seitdem die Bremischen Häfen die Möglichkeit hätten, mit anderen Seehäfen nach marktwirtschaftlichen Spielregeln zu akquirieren und die ungarischen Partner frei über Verkehrsträger und Häfen entscheiden könnten. Inzwischen sei Ungarn nach Österreich und nur noch ganz knapp hinter der Tschechischen Republik Transitpartner Nr. 3 für die Hafengruppe Bremen/Bremerhaven. Detken betonte, dass Ungarn seit der sogenannten Wende zu einer festen Größe in den Bremischen Häfen geworden sei, was sicherlich auf die Tatsache zurückzuführen sei, dass die BHV-Mannschaft in Ungarn, Anna Ordasi und Ilona Taltos, sehr gute und erfolgsversprechende Aquisitionsergebnisse vorweisen könnten.

Enge Beziehungen hätten die ungarischen Kollegen im Laufe des Jahrzehnts auch zu den Autoherstellern in Ungarn aufbauen können, stellte Helmut H. Detken fest. Als 1992 der Audi-Vorstand die Entscheidung zur Errichtung eines neuen Montagewerkes an der ungarischen-österreichischen Grenze am Standort Györ getroffen habe, hätten die Häfen sofort ihre Chance erkannt, sich als Logistik-Provider für die Bereiche Transport, Lagerung und Distribution einzubringen. An diesem Beispiel werde sehr deutlich, dass der Seehafen von heute nicht mehr nur reiner standortgebundener Umschlagsplatz nach dem Motto: „Kiste rein, Kiste raus, oder Container rein, Container raus“ sei, sondern dass er sich zum Spezialanbieter oder auch Logistik-Provider für ganzheitliche logistische Abläufe entwickelt habe. Auf Audi in Ungarn bezogen bedeute dieses erweiterte Dienstleistungsspektrum, dass die BLG International Logistics, Bremen, über das Joint-Venture DIALOG die gesamte Versorgung des Audi-Werkes in Györ koordiniere. Zum logistischen Leistungspaket gehörten dabei unter anderem die Warenannahme, Kontrolle, Lagerung, Kommissionierung, Zollabwicklung, der Versand der ausgehenden Fahrzeuge und die gesamte Dokumentation. Dabei gelte diese Logistik-Realisierung in Györ durch das BLG-Joint-Venture DIALOG auch in Fachkreisen als besonders anspruchsvoll und mache deutlich, zu welchen Leistungen die Bremischen Häfen fähig seien.

Der Senator für Wirtschaft und Häfen der Freien Hansestadt Bremen, Josef Hattig, ging unter anderem auf die ökonomische Entwicklung in Ungarn ein. Das Land habe auf seinem Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft große Erfolge erzielt. Dieser Prozess verdiene uneingeschränkte Anerkennung, sagte der Senator.

Dass Ungarn jetzt zur ersten Reihe der EU-Beitrittskandidaten gehöre, bezeichnete Hattig als logische Konsequenz der Reformanstrengungen. Er erinnerte unter anderem an die Tatsache, dass die Zahl der Unternehmer pro 1000 Einwohner im Lande heute bereits höher liege als im EU-Durchschnitt.

In der globalisierten Welt nehme Ungarn bei Produktion und Konsum eine immer wichtigere Funktion wahr, ergänzte der Senator. Dass das Land an der Donau - neben Estland, Polen und Slowenien - zu jenen Volkswirtschaften Mittelosteuropas gehöre, die schneller wachsen als die Volkswirtschaften im Zentrum des Kontinents, sei auch für das Hafen- und Logistikzentrum Bremen/Bremerhaven von Bedeutung. Hattig: „Im vergangenen Jahr wurden bereits rund 274.000 Tonnen Ladung aus bzw. Ungarn über Bremen/Bremerhaven umgeschlagen.“

Der Senator gab auch einen Überblick über die aktuelle Lage der Bremischen Häfen. Der Markt habe die investiven und organisatorischen Anstrengungen der Häfengruppe Bremen/Bremerhaven im Jahre 2000 mit starken Umschlagzuwächsen belohnt. Die Zugewinne lagen in allen Sparten (Stückgut, Massengut, Container, konventionelle Ladung) oberhalb der 20-Prozent-Marke. „Damit“, so Hattig“, „waren in der Hamburg-Antwerpen-Range deutliche Marktanteilsgewinne für Bremen/Bremerhaven verbunden.“

Noch deutlicher werde die Stärke der Bremischen Häfen im Zwei-Jahres-Vergleich. Hattig: „Von 1998 bis 2000 stieg der Containerumschlag an der Wesermündung um etwa 50 Prozent und damit stärker als in jedem anderen europäischen Hafen.“ Insgesamt nahm der Umschlag in Bremen/Bremerhaven im Jahre 2000 um 25 Prozent auf 45 Millionen Tonnen zu – für Senator Hattig ein eindeutiger Vertrauensbeweis der Reeder und Verlader für den Standort.

„Die jüngsten Erfolge und Marktanteilsgewinne werden Bremen nicht dazu verleiten, in seinen Investitionen in die Hafeninfrastruktur nachzulassen“, versprach der Senator. Auch in Zukunft würden die Bremischen Häfen berechenbare und kompetente Partner der ungarischen Außenwirtschaft bleiben. Der Senat stehe zur Verpflichtung, angemessen und zügig in den Ausbau neuer Hafenanlagen - speziell für den massiv wachsenden Umschlag von Containern - zu investieren: „ Bis 2006 werden die Projekte Containerterminal IIIa und IV fertiggestellt. Damit ist der Bau von insgesamt drei neuen Liegeplätzen für die Großschiffe der Containerschifffahrt verbunden.“

Die Zukunft des hafengebundenen Güterverkehrs in Europa liege nicht in einem niederländischen Main-Port-Modell, sagte der Senator. Der Kontinent brauche statt dessen viele leistungsfähige Seehäfen, um die Verkehre ökonomisch und ökologisch sinnvoll in der Fläche des Hafenhinterlandes zu verteilen.

Bremen unterstütze deshalb den geplanten Bau eines deutschen Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven. Hattig: „Bis Ende dieses Jahrzehnts müssen sich die großen nordwesteuropäischen Seehäfen auf eine erneute Verdoppelung des Containerumschlags einstellen. Im kommenden Jahrzehnt werden die Kapazitäten des Umschlags in den beiden deutschen Großhäfen Hamburg und Bremerhaven an natürliche Grenzen stoßen. Dann wird der neue Tiefwasserhafen Wilhelmshaven eine sinnvolle Ergänzung des deutschen Hafenangebots darstellen – auch zum Vorteil der Republik Ungarn und ihrer im- und exportierenden Wirtschaft.“

Botschafter Wilfried Gruber, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ungarn, ging in seiner Ansprache neben den deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen im allgemeinen auch auf die Bedeutung der Transeuropäischen Netze ein. Der Botschafter führte aus, dass die zentrale Lage der ungarischen Hauptstadt auch dadurch unterstrichen werde, dass sich in Budapest die Transeuropäischen Korridore 4, 5 und 7 kreutzten. Über die dazugehörenden Eisenbahnverbindungen seien auch insbesondere die Häfen in Bremen und Bremerhaven an die südlichen Teile von Mittel- und Osteuropa angebunden. Die jahrhundertealten Traditionen des überregionalen Handelns an der Donau und der Hanse bildeten eine wichtige Erfahrungsgrundlage für die Zukunft des wieder zusammenwachsenden Europas, so Gruber.

Jürgen Illing, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer, stellte in seinem Vortrag vor allem die ISPA-Projekte (Instrumentpolicies for Structural Pre-Accession ), aus denen sich die Perspektiven für die Bremischen Häfen in Ungarn ergeben, in den Vordergrund. Die ungarischen Investitionen im Verkehrsbereich hätten in den 90iger Jahren im Jahresmittel bei über 900 Millionen DM. Davon entfielen auf die Binnengewässer knapp 4 Millionen DM im Jahresdurchschnitt. Illing betonte, dass zu erwarten sei, dass sich dieser Betrag zukünftig vervielfachen werde, da nunmehr europäische Mittel zu Verfügung stünden, die durch Ungarn co-finanziert würden. Dadurch könne eine moderne Infrastruktur aufgebaut werden, die eine deutliche effizientere und für Unternehmen attraktivere Nutzung der Binnengewässer und damit auch neue Perspektiven für die Bremischen Häfen ermögliche.