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Sonstige

Kein Zeitdruck bei Beanstandung von Vorfälligkeitsentschädigungen

25.04.2000

Die Verbraucherzentrale des Landes Bremen teilt mit:

Überhöhte Beträge können zurückgefordert werden.

Rechtliche Unsicherheiten bestehen bei Umschuldungen.


Zur Finanzierung einer Wohnung oder eines Hauses werden überwiegend Darlehen aufgenommen, deren Zinssatz für eine bestimmte Zeit festgeschrieben ist. Für die Kreditnehmer hat dies den Vorteil, dass sie für eine bestimmte Zeit vor Zinserhöhungen geschützt sind. Andererseits binden sie sich damit aber auch selbst, weil nach den gesetzlichen Bestimmungen für die Dauer der Zinsfestschreibung kein Recht zur Kündigung und vorzeitigen Rückzahlung des Kredites besteht.


Zu einem Problem wird das fehlende Kündigungsrecht insbesondere dann, wenn die Immobilie verkauft werden soll. Nach der neueren Rechtsprechung ist das Kreditinstitut in solchen Fällen zwar gehalten, in eine vorzeitige Vertragsbeendigung einzuwilligen. Es kann aber einen Schadensersatz verlangen, wenn die zurückfließenden Gelder bis zum planmäßigen Zinsbindungsende nur zu einem geringeren Zinssatz anderweitig wieder angelegt werden können. In der Praxis hat das zur Folge, dass sich Kreditnehmer vielfach mit zusätzlichen Forderungen von mehreren Tausend oder sogar Zehntausend Mark konfrontiert sehen.


Für die Betroffenen sind diese sogenannten Vorfälligkeitsentschädigungen in der Regel eine böse Überraschung. Vielen war gar nicht bewusst, dass eine vorzeitige Kreditrückzahlung einen Schadensersatzanspruch auslösen kann. Die


meisten anderen haben zumindest nicht mit so hohen Beträgen gerechnet. Wegen der komplizierten Berechnungsmethoden kann zudem kaum ein Darlehensnehmer selbst nachprüfen, ob die Vorfälligkeitsentschädigung in zulässiger und richtiger Weise ermittelt worden ist. Verständliche Zweifel daran werden häufig noch dadurch genährt, dass das Geldinstitut nicht nur seine Forderungen mitteilt, sondern obendrein noch eine ausdrückliche und vorbehaltlose Einverständniserklärung des Kunden verlangt und andernfalls mit der Blockade des Immobilienverkaufes droht. Bei den Betroffenen löst das vielfach die Befürchtung aus, dass ihnen dadurch jegliche Möglichkeit genommen wird, etwaig zuviel gezahlte Beträge später wieder zurückzufordern.


Diese Befürchtung ist jedoch unbegründet, beruhigt Arno Gottschalk von der Verbraucher-Zentrale Bremen. Dem Ansinnen mancher Kreditinstitute, sich durch eine vertragliche Vereinbarung eine überhöhte Vorfälligkeitsentschädigung zu sichern, hat der Bundesgerichtshof bereits in seinen einschlägigen Grundsatzurteilen aus dem Jahre 1997 eine Abfuhr erteilt. Von daher ist es auch unerheblich, ob der Kreditnehmer unter Vorbehalt zahlt oder nicht. Wenn das Kreditinstitut zuviel verlangt hat, kann dieser Betrag auf jeden Fall zurückverlangt werden. Die Verjährungsfrist beträgt 30 Jahre.


Verkäufern einer Immobilie rät die Verbraucher-Zentrale deshalb, zunächst die geforderte Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen und etwaige Rückforderungen später – ohne den Zeitdruck der Verkaufsabwicklung – geltend zu machen.


Anders sieht die Empfehlung aber aus, wenn eine vorzeitige Darlehensrückzahlung wegen einer Umschuldung beabsichtigt wird oder dem Kreditnehmer unverhofft eine größere Geldsumme zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird von einigen Banken und Sparkassen die Auffassung vertreten, die Vorfälligkeitsentschädigung sei reine Verhandlungs- und Vertragssache. Insofern könne auch mehr als ein bloßer Schadensersatz verlangt werden. Nach Ansicht der Verbraucher-Zentrale ist das zwar nicht richtig. Eindeutig geklärt ist die Frage in der Rechtsprechung aber noch nicht. In solchen Fällen sollten die Entschädigungsforderungen deshalb vorab überprüft werden. Sind die Forderungen überhöht, lohnen sich Sondertilgungen oder Umschuldungen in der Regel nicht. Statt


das Risiko eines späteren Prozesses einzugehen, ist es dann zumeist besser, von den Plänen einer vorzeitigen Darlehensablösung Abstand zu nehmen.


Die Verbraucher-Zentrale Bremen bietet eine Überprüfung von Vorfälligkeitsentschädigungen an. Informationen dazu sind dienstags von 10 bis 13 Uhr unter der Rufnummer 0421-160 77 51 erhältlich.