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Sonstige

Nackte Damen in der Glocke
Die Schaufensterpuppen für die "Klangtranstase“ sind da

31.05.2000

40 nackte Damen entsteigen dem Lastwagen vor der Glocke. Kräftige Männer schleppen sie in das ehrwürdige Konzerthaus. Der Arbeitsplatz der Damen: der Große Saal der Glocke. Vom 1. Juli bis 19. August werden die Schaufensterpuppen im Konzerthaus Musikerinnen und Publikum darstellen. Sie bringen den Großen Saal zum Klingen, bei der „Klangtranstase“.

Display Mannequins heißen die Schaufensterpuppen im Fachjargon, und als solche verlegen sie ihr Zuhause von Oberhausen aus der Firma DMV (Display Mannequin Vertriebs GmbH) nach Bremen in die Glocke, weitere 160 Damen- und Herren-Puppen werden folgen. Dort sitzen sie während der Musikfest-Produktion „Klangtranstase“ auf den Zuschauerplätzen. Und sie dürfen, was sonst im Konzert nicht gern gehört wird: Räuspern, Husten, Niesen, Schnupfen, Reden. Da bedanken sie sich bei den musikalischen Puppen auf der Bühne, die geben den Dank höflich in den Saal zurück. Und dann hört man, was man auch sonst so in Konzerten hört: Die Zuschauer-Puppen flüstern sich Lapidares und Tiefgreifendes zu. Darüber hinaus sind die Puppen die Lautsprecher der Besucher der „Klangtranstase“. Was das „wirkliche“ Publikum im Großen Saal von sich gibt, wird elektro-akustisch verfremdet und von den Mannequins zurückgegeben.

Die nächsten zwei Wochen werden die 40 Display Mannequins ihr Zwischenlager in einem Raum in der Glocke aufschlagen, unbeachtet von der Öffentlichkeit. Nachdem der Berliner Künstler Götz Lemberg die Puppen in die Installation „Auto-Konzertant“ gesetzt und gestellt hat, werden sie dort die Besucher der Klang-, Licht- und Raum-Installation überraschen und zu neuen Hörerfahrungen bringen.

Am Dienstag, 30. Mai, bot sich ein spannendes Bild vor der Glocke: Der Lastwagen öffnete die Türen und 16 Damenoberkörper, 20 stehende Figuren und vier sitzende Puppen wurden herausgehoben. So lernten die Mannequins im Arm von starken Männern ihr neues Zuhause kennen. Ein kurzer Blick in den Großen Saal war noch drin, dann verschwanden sie im dunklen Lagerraum. In zwei Wochen wird der Künstler sie ans Licht holen und ihnen Leben einhauchen. Warum die Mannequins gerade in einer Klang-, Licht- und Rauminstallation ausgestellt werden? Der Geschäftsführer der DMV, Heinrich Jakobs, erklärt’s: „Wir versuchen immer zu zeigen, was man mit den Figuren alles so machen kann. Wir haben sie auch vor Jahren schon einmal für ein Wochenende in Dortmund auf die Straße gestellt.“